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"Zarah - Wilde Jahre"
Feminismus als klischeehafte Unterhaltungsserie

Eine Feministin mischt eine Zeitschriftenredaktion auf, die Männer reagieren schroff, die Frauen verwundert, die Branche irritiert. Die Journalistenserie "Zarah" im ZDF erzählt von der goldenen Zeit des Printjournalismus und will an die Anfänge der feministischen Bewegung in den 70er-Jahren erinnern.

Von Susanne Luerweg |
    Die Schauspieler Claudia Eisinger (als Zarah Wolf) und Torben Liebrecht (Hans-Peter Kerkow) blicken am 21.04.2017 während eines Fototermins am Set der sechsteiligen ZDF-Serie "Zarah" in Hamburg in die Kamera.
    Für "Zarah - Wilde Jahre" begibt sich die Besetzung zurück in die 70er-Jahre (dpa / Daniel Reinhardt)
    Eine junge Journalistin betritt hocherhobenen Hauptes ein Großraumbüro, wo lauter Männer hektisch in Telefone brüllen - jeder wichtiger als sein Nachbar zu sein scheint, Frauen in Miniröcken ihnen Kaffee servieren und sich nebenbei noch kurz auf den Hintern klopfen lassen. Wir schreiben die 70er-Jahre und diese Bilder illustrieren die ersten Szenen der ZDF-Serie Zarah. Zarah Wolf ist Autorin feministischer Bestseller und hat ihren ersten Arbeitstag als stellvertretende Chefredakteurin beim Magazin "Relevant".
    "Mich wundert ehrlich gesagt ein wenig, dass Sie bei uns arbeiten möchten." - "Warum?" - "Ich habe Sie bisher eher als Aktivistin wahrgenommen, nicht so sehr als Journalistin. Und ob sich Ihr Erfolg auf eine Illustrierte wie 'Relevant' übertragen lässt, das wird sich zeigen." - "Das wird es."
    Aus der Klischeeschublade
    Zarah Wolf ist zäh, sieht super aus und lässt sich nichts bieten. Eine emanzipierte Frau wie aus dem Bilderbuch, oder besser: aus der Klischeeschublade. Wie heißt es im Presseheft zur Serie so schön: Sie kleidet sich geschmackvoll und "up-to-date". Und sie will das männerdominierte Wochenmagazin "Relevant" im Alleingang aufmischen. Denn, ach, keine ist so toll, tough und talentiert wie Zarah selbst.
    "Warum machen wir kein eigenes Magazin von Frauen für Frauen?" - "Und mit wem soll ich das machen? Kannst du mir eine Frau in Deutschland nennen - außer mir - die schreiben kann?"
    Da muss sie schon alleine die Probleme der Frauen lösen. Geschichten über den Abtreibungsparagraphen 218 unter Vorspiegelung falscher Tatsachen ins Heft schmuggeln, als Rache an zu viel blanken Brüsten einen nackten Männerpo heimlich auf den Titel hieven und zwischendurch ihre Mutter abkanzeln, die nie auf die Barrikaden gegangen ist.
    "Wie ist denn die Arbeit? Sind die Leute nett?" - "Nö. Ist mir aber auch egal. Ich bin der Boss. …Ich bin eben nicht so wie du, dass ich mir für lächerliche 600 Mark im Monat die Füße in den Bauch stehe und dafür auch noch "danke" sage."
    "Good Girls Revolt"
    Es steht nirgendwo geschrieben, dass alle Feministinnen Sympathieträgerinnen sein müssen und die Geschichte lehrt, dass dies auch nicht so ist. Dennoch ist die Figur der Zarah in der gleichnamigen ZDF Serie derartig empathielos und egoistisch geraten, dass man sich als Zuschauerin doch ein wenig wundert. Die Männer in der Redaktion sind im ebenfalls klischeehaft - vom depressiven Chef über den dauerbetrunkenen Kulturreporter bis hin zum protzigen Verleger. Wenn die Serie wirklich mal den Nerv trifft, kriegt man es kaum mit.
    "Wenn Sie uns bitte nicht stören würden." - "Frau Wolf, wir sprechen gerade über Politik. Wenn Sie uns entschuldigen wollen."
    Wie gut sich die Geschichte des Feminismus an Hand einer Journalistinnen-Serie erzählen lässt, hat Amazon mit "Good Girls Revolt" bewiesen. Die acht Folgen beruhen auf der wahren Geschichte von Frauen, die Ende der 60er-Jahre in Amerika gegen ihre Zeitung geklagt haben, weil sie schlechter bezahlt wurden als die Männer, ihre Namen nie über den Artikeln standen, obwohl sie häufig die Recherche vorangetrieben und die Interviews geführt hatten. Die Protagonistinnen der amerikanischen Serie wirken wie Kämpferinnen für eine gerechte Sache, die ZDF-70er-Jahre-Journalistin Zarah Wolf mutet wie eine dieser Frauen an, die glauben, wenn sie sich ein T-Shirt mit dem Aufdruck "Feminist" anziehen, dann sei schon alles getan. Das hat weder 1970 funktioniert, noch heute.
    Die Serie "Zarah – Wilde Jahre" läuft am 07. September im ZDF um 21 Uhr und die erste Folge heißt "Titel & Titten". Die nächste Folge gibt es dann erst wieder am 21. September.