"Frauen und Technik."
Jaafar Abdul Karim und Dunja Hayali.
"Ihr wollt immer nur das eine."
Und die Frage:
"Ist das jetzt Sexismus?"
Oder nur die plattesten Klischees, die einem einfallen können?
"Die Idee zu diesem Thema kam von ZDFneo, und da sollte süffisanter an das Thema heran gegangen werden. Und dann haben uns die sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht eingeholt in Köln, Hamburg und anderen Städten. Und dann haben wir das noch mal neu justiert das Thema."
Und noch muslimische Youtuber zum Thema befragt, erzählt Produzent Ekkehard Wetzel. Er hat die "Social Factuals" "Wie sexistisch sind wir" produziert, was soviel heißt wie: Experten sitzen nicht vor Bücherwänden und erzählen schlaue Dinge, sondern im ersten Teil der Dokumentation fragen sich die beiden Moderatoren:
"Bin ich auch ein Sexist und weiß es nur nicht?"
Um das heraus zu finden, trifft Karim Youtuber, Männer die von Frauen misshandelt wurden, und Flirt-Coaches. Hayali begegnet Feministinnen. Mal zum Porno schauen, mal zum Plausch auf der Couch:
"Was ist denn Sexismus für euch überhaupt?"
Fragt Hayali nach 25 Dokumentations-Minuten die drei bekannten Feministinnen Margarete Stokowski, Pieke Biermann und Mithu Sanyal, die sagt:
"Es gibt Leute, die sagen: Sexismus ist Unterdrückung von Frauen durch Männer. Meine ist, dass Sexismus ist, wenn Leute von dir erwarten oder dich dazu bringen wollen, dich entsprechend deines Geschlechts zu verhalten."
Und als sich beim Zuschauen das leichte Gefühl breit macht‚ 'sexistisch sind ja immer nur die anderen', öffnet Mithu Sanyal das Thema:
"Sexismus ist etwas ... Ich bin auch sexistisch, warum sollte ich es denn nicht sein. Nicht immer, aber es passiert."
Jedem von uns, das wird deutlich. Aber manche wehren sich:
"Du machst die feministischen Pornos, von denen ich nicht mal wusste, dass es sie gibt?"
Pornografie spiegelt patriarchale Verhältnisse wider, findet Maike Brochhaus, sie dreht deshalb eigene Pornos.
Brochhaus: "Ich finde, dass ein unglaubliches Potential in Pornografie steckt, darüber neue Geschlechterbilder und Sexbilder zu zeigen."
Hayali: "Und glaubst du, dass man dem Sexismus entgegen wirken kann damit?"
Brochhaus: "Ja, davon bin ich überzeugt."
Pick-Up-Artists: 100.000 Männer sind im deutschen Forum
Genau so überzeugt wie Genderforscherin Stevie Schmiedel vom Verein Pinkstinks, der sich dagegen wehrt, wenn mit Brüsten für eine Dachdeckerfirma geworben wird, oder sich eine attraktive Frau die Laugenstange lasziv in den Mund steckt für eine Bäckerei-Werbung. Wenn sie von den Pick-Up-Artists hören würde, wäre sie wohl nicht so ruhig geblieben wie Jaafar Abdul Karim.
"Um attraktiv auf Frauen zu landen, bedienen sich die Pick-Up-Artist einer Mischung aus Psychologie, Verhaltensbiologie, Soziologie und Kommunikationstechniken."
100.000 Männer sind im deutschen Forum angemeldet. Jaafar Abdul Karim trifft einen Pick-Up-Coach, der sich Marco Polo nennt.
"Ich bin kein Coach der sagt, Frauen müssen gewürgt werden oder misshandelt werden, Frauen müssen misshandelt werden. Auf gar keinen Fall, es ist eher das Gegenteil davon."
Der Zuschauer kann also beruhigt sein. Marco Polo ist keiner von der ganz schlimmen Sorte. Dass es sich bei Pick-Up-Artisten nicht nur um einsame Männer handelt, die ein bisschen flirten wollen, sondern die gerne mal auf der Suche nach "Hot Babes" für den "Fuck Close" sind, wie es im Pick-Up-Jargon heißt, wird aber auch deutlich.
Karim: "Wenn du das so erzählst: Es ist schon sexistisch."
Polo: "Ich finde auch, dass es einen sexistischen Beigeschmack hat."
Und vielleicht ist es nicht nur "schon sexistisch", sondern einer der extremsten Formen, in der die Frau zu einem Objekt gemacht wird, das der Mann mit der richtigen Taktik beherrschen und manipulieren kann.
Sexismus hat subtilere Ausdrucksformen gefunden
"Sexismus ist ein großes Thema, und betrifft uns alle. Auch die Wissenschaft beschäftigt sich damit."
Und im zweiten Teil der Dokumentation werden die wissenschaftlichen Untersuchungen 45 Minuten lang nachgestellt. Probanden denken, sie nehmen an einer Marktforschungsstudie teil. Dabei sollen sie entscheiden, welche Berufsgruppen sie mitnehmen würden auf eine einsame Insel.
"Metallbauerin? Ich hätte jetzt eher gedacht, einen Metallbauer. Meinst du nicht, dass die Hütte dann zusammenbricht?"
Ein Schauspieler spielt "den Sexisten". Resümee des Experiments: Nur 15 Prozent der Frauen kommentieren derartige Pauschalitäten. Und:
"Fakt ist, dass Frauen 20 Prozent weniger verdienen als Männer in Deutschland."
Weil sie schlechter verhandeln? Das suggeriert zumindest der andere Teil des Wissenschafts-Reenactments. "Wie sexistisch sind wir" hätte spätestens an dieser Stelle auch heißen können: Wie sexistisch ist das ZDF? Immerhin verklagt eine Autorin die Redaktion Frontal 21, weil sie als Frau schlechter bezahlt wurde als ihre männlichen Kollegen. Aber: alles nicht so schlimm? Julia Becker von der Universität Osnabrück resümiert.
"Es ist inzwischen so, dass Frauen einen Beruf ergreifen dürfen, wählen dürfen, was früher keine Selbstverständlichkeit war. Es heißt aber nicht, dass es keinen Sexismus mehr in unserer Gesellschaft gibt. Er hat einfach nur subtilere Ausdrucksformen gefunden."
Die sich immer noch klammheimlich in den Alltag schleichen, aber nicht in die Dokumentation. Was ist mit Sexismus fernab der Stammtisch-Klischees - wenn ein Mann seine Überlegenheit mit ausufernden Monologen gegenüber Frauen kundtun muss - Mansplaining? Sexismus ist mehr als Gender-Pay-Gap, Porno und nackten Brüsten in der Werbung.
"Wie sexistisch sind wir?" läuft am 14.12. ab 21.45 Uhr auf ZDFneo.