"Presslufthämmer sind unausstehlich", findet auch der Klangkünstler Christof Schläger, besonders wenn sie einfach nur auf Beton schlagen. "Und deswegen war die Herausforderung, das Geräusch zu verändern." Zumal er gewissermaßen diesen klanglichen Ohrwurm im Ohr hatte.
"Ich finde zum Beispiel das Auslass Geräusch des Presslufthammers, das an der Seite rauskommt, ganz faszinierend." Und somit auch die Idee, " mit diesen pneumatischen Apparaten auch ein kleines Stück zu spielen."
Das Ergebnis: Das "Abbauhammerkonzert" - für 16 Presslufthämmer, diverse Klangwerkzeuge und drei Bergleute, die jeder auch ihr kleines Solo bekommen. "Jetzt, wo das Ganze definitiv zu Ende ist." Denn Ende des Jahres macht die letzte Zeche "Prosper Haniel" in Bottrop den Deckel drauf.
Thematischer Ausgangspunkt des ruhrgebietsweiten Ausstellungsfestivals "Kunst & Kohle", in dessen Begleitprogramm auch Christof Schlägers Idee, "doch gerne noch mal so eine Klangatmosphäre wiederzuerschaffen" auf offene Ohren stieß. Auch bei den beteiligten Bergleuten selber.
Konzert mit biografischem Bezug
Bergamm Marc: "Wir ha'm immer noch so 'ne kleine Idee dazu gesteuert, weil wir sind ja keine Musikkünstler. Aber wenn wir mal gesagt haben, das könnte besser klingen, dann durften wir natürlich mitreden - und wurde auch mit Freude immer angenommen."
Christof Schläger: "Es gibt jetzt keine Sinfonie, das wäre zu weit gegriffen. Aber aus den Experimenten mit diesen Maschinen, wie so eine Art Erstkontakt der pneumatischen Art, entstanden am Ende acht Stücke von anderthalb bis drei Minuten. Ein reines Spiel mit Klang, aber natürlich auch rhythmischen Figuren."
Als Instrumentenbauer skurriler Klangkörper, Komponist und digitaler Dirigent hat Christof Schläger in vielen Jahren sein Geräusch-Gestalten-Orchesters entwickelt: Oft sind es futuristische Skulpturen aus Metall, mit insektenartigen Gelenkarmen, Schiffshörnern, Kabeln, Tröten und allem, was dazu geeignet ist, Klänge zu erzeugen, - und nun eben auch. Denn:
"Das 'Abbauhammerkonzert', das hat auch eine persönliche Note. Ich habe selbst auf einer Zeche gearbeitet, also ich kenne den Bergbau wirklich von allen Seiten, und auch diese Klangatmosphäre über- und untertage hat mich sehr fasziniert."
Industrie des Ruhrgebiets spiegelt sich in Instrumenten wider
Sein Arbeitsplatz heute: seine Metall- und Elektronikwerkstatt, wo er schweißt, hämmert und lötet oder seine Mikrocomputer programmiert. Im Konzert sieht man ihn dann intensiv gebeugt über einem Laptop, mit dem er die akustischen Klänge digital ansteuert. Über ein Mikro spricht er mit seiner Frau, der Dramaturgin Marjon Smit, die zum Beispiel für die Inszenierung der jeweiligen Konzerte sorgt. Von Krakau, Shanghai bis Herne.
"Ich selber bin der letzte, der hier auf der Zeche arbeitet. Ich bin hier in der Maschinenhalle der ehemaligen Zeche 'Teutoburgia', von der nur noch die Maschinenhalle steht und der Förderturm davor."
Hier sind sie versammelt: die Klapperrassel oder die Mad-Pipe, das Drumgate, die Federine und Sirene, der Flatterbaum oder der sogenannte Schwirrer. Die Industrie des Ruhrgebiets spiegelt sich in seinen Instrumenten wieder.
"Mechanische Klanginstrumente sind transformierte Maschinen, die irgendwann eine Funktion hatten und jetzt nur noch die Funktion haben, Klänge und Geräusche zu erzeugen."
Christof Schläger möchte etwas in die Landschaft zurückgeben, aus der er seine Klanginspirationen geholt hat. Und ein Konzert seiner Urban Horns kann immerhin bis zu einem Quadratkilometer bespielen. Das Abbauhammerkonzert ist da weniger raumgreifend - eher ein Hommage auch an das klassische Werkzeug des Bergmanns, als "etwas Ur-ruhrgebietsmässiges, das allerdings jetzt schon Geschichte geworden ist."