Irrtum Nr. 1: Zecken tummeln sich nur in Wäldern. Nein! Sie tun es auch in Gärten und Stadtparks. Und FSME-Erkrankungen nach Bissen der Blutsauger treten verstärkt auch im Norden auf, wie die neuesten Daten aus 2017 zeigen. Darauf verweist der Mediziner Gerhard Dobler im Vorfeld des 4. Süddeutschen Zeckenkongresses. Dobler leitet das Nationale Fachlabor für FSME in München:
"Das war im letzten Jahr zum Beispiel Berlin, wo einzelne Fälle in Gartenanlagen im Berliner Stadtgebiet aufgetreten sind. Das waren auch Gebiete in Sachsen, in Sachsen-Anhalt, in Mecklenburg-Vorpommern. Das ist Niedersachsen. Auch städtische Gebiete in Nordrhein-Westfalen. Nachweislich haben sich die Leute dort infiziert."
"Das war im letzten Jahr zum Beispiel Berlin, wo einzelne Fälle in Gartenanlagen im Berliner Stadtgebiet aufgetreten sind. Das waren auch Gebiete in Sachsen, in Sachsen-Anhalt, in Mecklenburg-Vorpommern. Das ist Niedersachsen. Auch städtische Gebiete in Nordrhein-Westfalen. Nachweislich haben sich die Leute dort infiziert."
Neue FSME-Hot-Spots
Dobler und andere Experten sprechen von "neuen FSME-Hot-Spots" in Deutschland. Offenbar existieren sie aber nur vorübergehend: Infektiöse Zecken, die das FSME-Virus in sich tragen, werden hier und dort eingeschleppt, etablieren sich aber nicht dauerhaft, sodass die Experten auch nicht von "Risikozonen" sprechen:
"Wir gehen heute davon aus, aber das ist eine reine Arbeitshypothese, dass Zecken ab und an 'mal durch Vögel in Regionen verschleppt werden, zum Beispiel als Larven an einem Vogel saugen, dann abfallen, sich zu einer Nymphe entwickeln / und dann eben bei einem Menschen Blut saugen, das Virus übertragen, sich dann aber nicht weiter entwickeln. Das Virus verschwindet dann wieder, und das war's dann!"
"Wir gehen heute davon aus, aber das ist eine reine Arbeitshypothese, dass Zecken ab und an 'mal durch Vögel in Regionen verschleppt werden, zum Beispiel als Larven an einem Vogel saugen, dann abfallen, sich zu einer Nymphe entwickeln / und dann eben bei einem Menschen Blut saugen, das Virus übertragen, sich dann aber nicht weiter entwickeln. Das Virus verschwindet dann wieder, und das war's dann!"
Jeder fünfte bis zehnte Zugvogel trägt Zecken am Leib, wie eine Untersuchung kürzlich ergab:
"Auch Zugvögel machen mal Rast. Und dann ist es natürlich durchaus möglich, dass eine Zecke abfällt", sagt Ute Mackenstedt, Professorin für Parasitologie an der Universität Hohenheim.
"Auch Zugvögel machen mal Rast. Und dann ist es natürlich durchaus möglich, dass eine Zecke abfällt", sagt Ute Mackenstedt, Professorin für Parasitologie an der Universität Hohenheim.
Nicht nur im Sommer ein Problem
Irrtum Nr. 2: Das FSME-Risiko besteht nur im Frühling und Sommer. Auch hier belehrt uns 2017 eines Besseren. Denn ein Siebtel der insgesamt 500 FSME-Fälle im Vorjahr trat zwischen Oktober und Dezember auf. Gerhard Dobler hat bisher keine Erklärung, warum das nur in Bayern so war. Aber von wegen Frühsommer-Meningo-Enzephalitis!
"Wir haben eben 2017 gesehen, dass es diesen Erkrankungsgipfel im Herbst geben kann, sodass dieser Name leider eine gewisse falsche Sicherheit in der Laienpopulation hervorruft. Weil sie glauben, die Erkrankung könnte es im Herbst nicht geben, was aber / nicht stimmt."
"Wir haben eben 2017 gesehen, dass es diesen Erkrankungsgipfel im Herbst geben kann, sodass dieser Name leider eine gewisse falsche Sicherheit in der Laienpopulation hervorruft. Weil sie glauben, die Erkrankung könnte es im Herbst nicht geben, was aber / nicht stimmt."
Irrtum Nr. 3: In den Risikozonen sind die meisten Leute gegen das FSME-Virus geimpft und müssen deshalb keine Infektion durch Zeckenstiche befürchten. In Wahrheit ist nur eine Minderheit geschützt. Der Facharzt für Mikrobiologe sieht das kritisch und verweist auf die Entwicklung in Österreich:
"Die Österreicher hatten bis zu sechs-, siebenhundert Fälle. Mittlerweile sind 85 bis 90 Prozent der Bevölkerung gegen FSME geimpft, und die Fallzahlen liegen in den meisten Jahren zwischen 50 und 100, haben sich also um 90 Prozent reduziert. Und das Beispiel Österreichs zeigt: Solange wir nicht wirklich Impfraten von 60, 70, 80 Prozent erreichen, so lange werden wir mit 300, 400, 500, vielleicht sogar mehr Fällen einfach jedes Jahr leben müssen."
"Die Österreicher hatten bis zu sechs-, siebenhundert Fälle. Mittlerweile sind 85 bis 90 Prozent der Bevölkerung gegen FSME geimpft, und die Fallzahlen liegen in den meisten Jahren zwischen 50 und 100, haben sich also um 90 Prozent reduziert. Und das Beispiel Österreichs zeigt: Solange wir nicht wirklich Impfraten von 60, 70, 80 Prozent erreichen, so lange werden wir mit 300, 400, 500, vielleicht sogar mehr Fällen einfach jedes Jahr leben müssen."
Infizierung auch über Milch möglich
Was kaum jemand weiß: FSME kann man sich auch zuziehen, wenn man nichtpasteurisierte Milch von infizierten Weidetieren trinkt. In Tübingen erkrankten sechs Personen im Juni 2017 auf diese Weise. Alle hatten Rohmilch von Ziegen mit Zeckenbefall zu sich genommen. Das Erkrankungsrisiko sei in diesem Fall besonders hoch, sagt Ute Mackenstedt. Ein Grund könne sein:
"Dass offensichtlich mehr Virusmaterial in diese Milch hineingelangt, als Sie bekommen würden, wenn eine FSME-positive Zecke Sie sticht und dann FSME-Viren überträgt."
Zu guter Letzt gab es 2017 auch gehäufte Funde einer neuen Zeckenart. Sie stammt aus Nordafrika und ähnelt dem heimischen Holzbock sehr stark. Deswegen wurde sie bisher wohl übersehen. Ob der Exot auch eine Gefahr darstellt, sei unklar, so Gerhard Dobler:
"Wir werden auf dem Süddeutschen Zeckenkongress unsere Daten vorstellen, die zeigen, dass FSME-Viren in der Zeckenart vorkommen. Ob das bedeutet, dass sie effektiv diese Erreger übertragen können, das muss erst noch getestet werden."
"Dass offensichtlich mehr Virusmaterial in diese Milch hineingelangt, als Sie bekommen würden, wenn eine FSME-positive Zecke Sie sticht und dann FSME-Viren überträgt."
Zu guter Letzt gab es 2017 auch gehäufte Funde einer neuen Zeckenart. Sie stammt aus Nordafrika und ähnelt dem heimischen Holzbock sehr stark. Deswegen wurde sie bisher wohl übersehen. Ob der Exot auch eine Gefahr darstellt, sei unklar, so Gerhard Dobler:
"Wir werden auf dem Süddeutschen Zeckenkongress unsere Daten vorstellen, die zeigen, dass FSME-Viren in der Zeckenart vorkommen. Ob das bedeutet, dass sie effektiv diese Erreger übertragen können, das muss erst noch getestet werden."