Ed Overton war gerade in Rente gegangen, als die Deepwater Horizon explodierte. Ein provisorischer Zementstopfen im Bohrloch hatte versagt und dann auch noch der Blowout-Preventer, der eigentlich verhindern sollte, dass Öl und Gas nach oben schießen. Damals kehrte der Ölforscher zurück an die Louisiana State University in Baton Rouge und untersucht seitdem, was mit den ausgelaufenen 800 Millionen Litern Öl im Golf von Mexiko geschah.
"Viele Vögel waren komplett ölverschmiert. Die Fischerei musste eingestellt werden und ganze Vogel- und auch Insektenpopulationen wurden zerstört."
Sorge um Delfine und andere Meeressäuger
Heute sieht man von dem Öl so gut wie nichts mehr. Die Strände sind sauber, das Wasser wieder klar. Nur in der Tiefsee und im Boden der Küstenmarschen stecken noch Ölklumpen.
"Sie können immer noch winzige Spuren des Öls finden, wenn Sie wissen, wo Sie suchen müssen. Aber das sind so geringe Konzentrationen, dass sie keinen nachweisbaren ökologischen Schaden mehr anzurichten scheinen."
"Sie können immer noch winzige Spuren des Öls finden, wenn Sie wissen, wo Sie suchen müssen. Aber das sind so geringe Konzentrationen, dass sie keinen nachweisbaren ökologischen Schaden mehr anzurichten scheinen."
Auch wenn das Öl selbst weitgehend verschwunden ist, gibt es viele Forscher, die Ed Overtons optimistische Einschätzung nicht teilen. Für die Ökosysteme sei die Katastrophe längst nicht vorbei, sagt etwa Steven Murawski. Der Meeresökologe an der Universität von South Florida macht sich die größten Sorgen um Delfine und andere Meeressäuger in küstennahen Gewässern. Denn die pflanzen sich nur sehr langsam fort. 2010 strandeten etwa doppelt so viele Große Tümmler an der Nordküste des Golfs wie in den Jahren zuvor. Auch Jahre später zeigten zahlreiche Delfine noch Symptome einer Ölvergiftung. Steven Murawskis Computermodelle deuten darauf hin, dass die Populationen sehr lange brauchen werden, um sich zu erholen, selbst dann, wenn sich die ökologischen Bedingungen wieder normalisiert haben.
Meterhohe Schlammberge am Meeresgrund
Auch Samantha Joye ist bis heute beunruhigt. Die Ozeanforscherin arbeitet an der Universität von Georgia und untersucht seit zehn Jahren die Tiefsee rund um das Bohrloch. Völlig unerwartet für die meisten Forscher blieb ein großer Teil des Öls damals in tiefen Wasserschichten, verband sich mit Schwebteilchen im Wasser und bildete meterhohe Schlammberge am Meeresboden. Alles Leben darunter wurde erstickt.
"Das war ja kein lokales Ereignis damals. Wir sprechen über Hunderte bis Tausende von Quadratkilometer Meeresboden, auf denen die Populationen an Würmern, Krabben und anderen wirbellosen Tieren durch den Schlamm ausgelöscht wurden. Diese Gebiete können nur wieder besiedelt werden, wenn Tiere aus benachbarten Regionen einwandern. Bei einer so riesigen Fläche dauert das sehr lange. Und die betroffene Fläche ist viel größer, als wir 2010 angenommen hatten."
Tiefseekorallenriffe haben sich bis heute nicht erholt
Teile des Meeresbodens sind zwar wieder besiedelt, aber die Artenzusammensetzung ist heute eine völlig andere, dominiert von wenigen, anspruchslosen Arten. Großen Schaden durch den Ölumfall nahmen 2010 auch die Korallenriffe der Tiefsee. Sie haben sich bis heute nicht erholt.
"Die Tiefseekorallen werden noch viele, viele Jahrzehnte brauchen, um sich zu erholen. Das passiert nicht in zehn oder 20 Jahren."
Langzeitfolgen der Katastrophe werden unzureichend untersucht
"Die Tiefseekorallen werden noch viele, viele Jahrzehnte brauchen, um sich zu erholen. Das passiert nicht in zehn oder 20 Jahren."
Langzeitfolgen der Katastrophe werden unzureichend untersucht
Eine aktuelle Studie vom Februar 2020 in "Science Advances" hat gezeigt, dass das Öl noch weit über den 2010 sichtbaren Ölteppich hinaus toxische Effekte auf Tiere und Pflanzen im Ozean hatte. Gerade deshalb müssten die Langzeitfolgen der Katastrophe weiter untersucht werden. Aber genau das passiert nicht.
"Die meisten Monitoringprogramme sind ausgelaufen. Auch unsere Finanzierung endete 2017. Seitdem haben wir keine Tauchgänge mehr durchführen können. Viele Daten, die wir dringend bräuchten, um abschätzen zu können, wie lange die Katastrophe noch nachhallen wird, fehlen uns also.
In der Tiefsee geschehen alle Dinge sehr langsam. Wir müssten immer noch dort draußen sein und die Auswirkungen untersuchen. Aber wir sind es nicht. Und deshalb ist es schwierig zu sagen, ok, in sieben Jahren ist alles wieder in Ordnung. Denn 2017 zumindest haben wir noch gravierende Schäden gesehen."