Manche kennen den Comic "Persepolis" von Marjane Satrapi über eine Kindheit in Teheran mit dem Umbruch zur islamischen Republik, andere etwa den schon 30 Jahre alten Art-Spiegelman-Comic "Maus. Die Geschichte eines Überlebenden" über den Holocaust. Oder Sie haben die Ausstellung "Das Parlament" von Simon Schwartz im Deutschen Bundestag gesehen. Im April wird "Das Parlament" auch als Buch veröffentlicht. Zu sehen: Comic-Biografien zur Geschichte des Parlaments und seiner Figuren von 1848 bis 1990. Darunter Menschen wie Clara Zetkin, Heinrich von Gagern, Petra Kelly, Heiner Geißler oder Hildegard Hamm-Brücher.
Widersprüchlichkeiten zeigen
Das Ganze wurde ursprünglich vom Kunstbeirat des Deutschen Bundestags in Auftrag gegeben, unter dem damaligen Bundestags-Präsidenten Norbert Lammert. Der Comiczeichner Simon Schwartz hatte großenteils freie Hand und wählte zum Beispiel mit Elisabeth Selbert, einer Mutter des Grundgesetzes, oder dem jüdischen Politiker Julius Meyer - Persönlichkeiten, die nicht so bekannt sind und durch ihre interessanten, machmal auch widersprüchlichen Biografien einen besonderen Stellenwert fürt ihn hatten: "Es ging nicht darum, die Promis des deutschen Politikbetriebs ab 1848 zu zeigen und was das alles für tolle Menschen waren, sondern darum, auch Widersprüchlichkeiten zu zeigen", sagte Schwartz im Deutschlandfunk.
Stimmungen, Muster, Visionen
Bei der Auswahl der insgesamt 45 Politikerinnen und Politiker habe er versucht, ein gewisses Gleichgewicht "zwischen Linken, Liberalen und Konservativen" herzustellen. Es ging ihm darum, sich verändernde Meinungen und Stimmungen darzustellen, auch Muster wiederzuerkennen und Visionen aufzuzeigen. So habe etwa der Pathologe und Politiker Rudolf Virchow "schon Ende des 19. Jahrhunderts die Idee einer Europäischen Union formuliert".
Wir haben noch länger mit Simon Schwartz gesprochen -
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Einen pädogagischen Anspruch habe er nicht - ihm ginge es darum, Facetten darzustellen und dass "die Leute selber Dinge erfahren oder auch hineininterpretieren". Dennoch könne man aus den Biografien auch Erkenntnisse für unsere Zeit gewinnen. Was politische Inhalte in Comics anbeträfe, so habe es da schon immer starke Strömungen gegeben, das habe schon in den 1960er-Jahren in den USA begonnen, meinte Schwartz. Vor kurzem habe er eine Zeichnung seines Kollegen Mikael Ross gesehen, die einen Skinhead darstelle, der sich "ganz deprimiert beschwert, dass alle guten Comics eher links sind".
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.