Woher stammt der Asylbewerber wirklich? Aus Somalia, wie er sagt? Dann dürfen ihn die Behörden nicht abschieben, das Land ist vom Bürgerkrieg zerrüttet. Oder kommt er aus dem sicheren Kenia, und will sich nach Großbritannien schmuggeln? Die UK Border Agency, die britische Einwanderungsbehörde, hat so ihre Methoden, um Asylbetrüger zu entlarven: Sprachanalysen und persönliche Gespräche zum Beispiel. Seit neuestem werden Flüchtlinge zum DNA-Test gebeten. "Human Provenance Projekt", Menschen-Herkunfts-Projekt heißt das Pilotprogramm. Es ist zunächst auf afrikanische Asylbewerber begrenzt.
Seit zwei Wochen können sie sich freiwillig einen Abstrich aus der Mundschleimhaut nehmen lassen. Die Ergebnisse des DNA-Tests entscheiden mit darüber, ob der Flüchtling bleiben darf oder abgeschoben wird. Das hat die britische Einwanderungsbehörde gegenüber dem Deutschlandfunk bestätigt.
Michael Weale ist Genetiker am King's College in London. Er entwickelt Gentests, unter anderem für die Polizei.
"Ich war geschockt, als ich davon gehört habe. Dieses Projekt kam ja aus heiterem Himmel, alle Experten auf dem Gebiet waren völlig überrascht. Keiner von uns weiß, wer auf so eine Idee gekommen ist. DNA-Tests sind extrem nützlich, zum Beispiel, wenn es darum geht, Verbrecher zu identifizieren; aber doch nicht in diesem Fall. Die Einwanderungsbehörde hat sich offenbar nicht von Wissenschaftlern beraten lassen, das ist das Problem."
Die Mitarbeiter der Einwanderungsbehörde gehen davon aus, dass man im Erbgut das Herkunftsland eines Menschen ablesen kann. Ganz grob klappt das auch. Im Laufe der Jahrtausende hat sich das menschliche Erbgut immer wieder verändert, und das, je nach Region, auf unterschiedliche Weise. Jedes Erbgut hat also ein bestimmtes Muster, und dieses Muster lässt sich in der Regel einer bestimmten Region zuordnen. In der Archäologie ist das eine gängige Untersuchungsmethode, die Forscher analysieren die DNA aus alten Knochen und können so Völkerwanderungen rekonstruieren. Allerdings könne so ein DNA-Test nur ungefähre Hinweise liefern, und sei absolut nicht dafür geeignet, die Nationalität eines Menschen zu beweisen, sagt Mike Weale. DNA-Daten könnten das ohnehin niemals leisten:
"Du kannst ein legitimer Staatsbürger sein, aber vielleicht wurden deine Eltern im Ausland geboren. Dann hätte auch deine DNA ein ganz anderes Muster. Das ist ein fundamentales Problem, für das es niemals eine Lösung geben wird. Wenn man mich fragen würde – ich würde die DNA-Tests für diese Fragestellung fallen lassen."
Doch die Einwanderungsbehörde setzt noch einen drauf. Neben der DNA-Tests ist auch eine Isotopenanalyse geplant. Die Isotopenanalyse wird ebenfalls in der Archäologie eingesetzt. Die Idee dahinter ist simpel. Ein chemisches Element kommt in vielen verschiedenen Versionen auf der Welt vor. Strontium zum Beispiel. Das Element befindet sich in Gestein und gelangt über die Nahrungskette in den menschlichen Körper. Von der jeweiligen Strontium-Version können Forscher also auf ein bestimmtes Herkunftsland schließen. Jane Evans vom nationalen Isotopenlabor in Nottingham:
"Strontium ist Calcium sehr ähnlich, und deshalb lagert es sich in Knochen und Zähnen ab. Und weil sich Knochen und Zähne während der Kindheit bilden, kann das Strontium Hinweise auf die Gegend geben, in der man seine Kindheit verbracht hat."
Die Archäologen untersuchen alte Knochen und Zähne, um deren ursprüngliche Herkunft zu klären. Die britische Einwanderungsbehörde will Haare und Fingernägel der Asylbewerber analysieren. Allerdings sei überhaupt nicht klar, ob Strontium da überhaupt messbar sei, sagt Evans.
"Aus zwei Gründen wird die Isotopenanalyse so nicht funktionieren. Erstens: Haare und Fingernägel erneuern sich ständig, sie können nur über die letzen Monate Auskunft geben - nicht darüber, wo jemand seine Kindheit verbracht hat. Zweitens: Die Methode kann generell nur funktionieren, wenn man annimmt, dass die Menschen ihr Essen und Trinken auch immer direkt aus ihrer eigenen Region bezogen haben. Das war früher der Fall. Aber heute muss man nur einen Blick in den Supermarkt werfen, um zu sehen, dass die Nahrungsmittel aus aller Welt kommen. Und deshalb kann die Methode bei modernen Menschen nicht angewendet werden."
Die britische Einwanderungsbehörde schweigt zu den Vorwürfen der Wissenschaftler. Sie gibt auch keine Auskunft darüber, mit welchen Forschern und Labors sie eigentlich zusammenarbeitet. Es handele sich eben um ein Pilotprojekt, um einen Versuch, sagte ein Sprecher dem Deutschlandfunk. Sollten die Tests nicht funktionieren, dann würde man sie eben wieder abschaffen.
Seit zwei Wochen können sie sich freiwillig einen Abstrich aus der Mundschleimhaut nehmen lassen. Die Ergebnisse des DNA-Tests entscheiden mit darüber, ob der Flüchtling bleiben darf oder abgeschoben wird. Das hat die britische Einwanderungsbehörde gegenüber dem Deutschlandfunk bestätigt.
Michael Weale ist Genetiker am King's College in London. Er entwickelt Gentests, unter anderem für die Polizei.
"Ich war geschockt, als ich davon gehört habe. Dieses Projekt kam ja aus heiterem Himmel, alle Experten auf dem Gebiet waren völlig überrascht. Keiner von uns weiß, wer auf so eine Idee gekommen ist. DNA-Tests sind extrem nützlich, zum Beispiel, wenn es darum geht, Verbrecher zu identifizieren; aber doch nicht in diesem Fall. Die Einwanderungsbehörde hat sich offenbar nicht von Wissenschaftlern beraten lassen, das ist das Problem."
Die Mitarbeiter der Einwanderungsbehörde gehen davon aus, dass man im Erbgut das Herkunftsland eines Menschen ablesen kann. Ganz grob klappt das auch. Im Laufe der Jahrtausende hat sich das menschliche Erbgut immer wieder verändert, und das, je nach Region, auf unterschiedliche Weise. Jedes Erbgut hat also ein bestimmtes Muster, und dieses Muster lässt sich in der Regel einer bestimmten Region zuordnen. In der Archäologie ist das eine gängige Untersuchungsmethode, die Forscher analysieren die DNA aus alten Knochen und können so Völkerwanderungen rekonstruieren. Allerdings könne so ein DNA-Test nur ungefähre Hinweise liefern, und sei absolut nicht dafür geeignet, die Nationalität eines Menschen zu beweisen, sagt Mike Weale. DNA-Daten könnten das ohnehin niemals leisten:
"Du kannst ein legitimer Staatsbürger sein, aber vielleicht wurden deine Eltern im Ausland geboren. Dann hätte auch deine DNA ein ganz anderes Muster. Das ist ein fundamentales Problem, für das es niemals eine Lösung geben wird. Wenn man mich fragen würde – ich würde die DNA-Tests für diese Fragestellung fallen lassen."
Doch die Einwanderungsbehörde setzt noch einen drauf. Neben der DNA-Tests ist auch eine Isotopenanalyse geplant. Die Isotopenanalyse wird ebenfalls in der Archäologie eingesetzt. Die Idee dahinter ist simpel. Ein chemisches Element kommt in vielen verschiedenen Versionen auf der Welt vor. Strontium zum Beispiel. Das Element befindet sich in Gestein und gelangt über die Nahrungskette in den menschlichen Körper. Von der jeweiligen Strontium-Version können Forscher also auf ein bestimmtes Herkunftsland schließen. Jane Evans vom nationalen Isotopenlabor in Nottingham:
"Strontium ist Calcium sehr ähnlich, und deshalb lagert es sich in Knochen und Zähnen ab. Und weil sich Knochen und Zähne während der Kindheit bilden, kann das Strontium Hinweise auf die Gegend geben, in der man seine Kindheit verbracht hat."
Die Archäologen untersuchen alte Knochen und Zähne, um deren ursprüngliche Herkunft zu klären. Die britische Einwanderungsbehörde will Haare und Fingernägel der Asylbewerber analysieren. Allerdings sei überhaupt nicht klar, ob Strontium da überhaupt messbar sei, sagt Evans.
"Aus zwei Gründen wird die Isotopenanalyse so nicht funktionieren. Erstens: Haare und Fingernägel erneuern sich ständig, sie können nur über die letzen Monate Auskunft geben - nicht darüber, wo jemand seine Kindheit verbracht hat. Zweitens: Die Methode kann generell nur funktionieren, wenn man annimmt, dass die Menschen ihr Essen und Trinken auch immer direkt aus ihrer eigenen Region bezogen haben. Das war früher der Fall. Aber heute muss man nur einen Blick in den Supermarkt werfen, um zu sehen, dass die Nahrungsmittel aus aller Welt kommen. Und deshalb kann die Methode bei modernen Menschen nicht angewendet werden."
Die britische Einwanderungsbehörde schweigt zu den Vorwürfen der Wissenschaftler. Sie gibt auch keine Auskunft darüber, mit welchen Forschern und Labors sie eigentlich zusammenarbeitet. Es handele sich eben um ein Pilotprojekt, um einen Versuch, sagte ein Sprecher dem Deutschlandfunk. Sollten die Tests nicht funktionieren, dann würde man sie eben wieder abschaffen.