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"ZEIT"-Interview
Böhmermann: Die Bundeskanzlerin hat mich filetiert

Jan Böhmermann hat lange zu seinem Schmähgedicht über den türkischen Präsidenten geschwiegen. Jetzt hat er der "ZEIT" ein Interview gegeben und dabei das gemacht, was er am besten kann. Und so kalauert er: "Was Satire darf und was nicht - das ist nach der ganzen Nummer hier wohl klar - das entscheidet immer noch die Bundeskanzlerin persönlich."

Von Nils Kinkel |
    Der Träger des Ehrenpreises, Jan Böhmermann, ist am 08.04.2016 in Marl (Nordrhein-Westfalen) bei der Verleihung der Grimmepreise nur auf einem Bildschirm in einem Ausschnitt aus seiner Sendung "Neo Magazin Royale" zu sehen.
    Jan Böhmermann war im April nicht zur Verleihung des Grimme-Preises gekommen. (dpa / picture alliance / Henning Kaiser)
    Bissig, ironisch und sehr humorvoll. Jan Böhmermann hat den Spaß an der Satire nicht verloren. "Das war eine wahnsinnig gute Nummer. Bloß schade, dass sie von mir war." Schriftlich hat er geantwortet. Der "echte" Jan Böhmermann auf die Fragen von "ZEIT"-Redakteur Mathias Kalle: "Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass diese Antworten von Böhmermann selber kommen, ja."
    Witze mit Tiefgang, über die nicht unbedingt jeder lacht. Böhmermann macht jetzt wieder das, was er am besten kann. Wenn er zum Beispiel über die Freiheit von Kunst kalauert: "Die Zukunft der Satire in Deutschland ist so sicher wie die Riesterrente."
    Über die persönliche Zukunft des Moderators entscheidet die Staatsanwaltschaft in Mainz. Sie muss prüfen, ob Böhmermann nach Paragraph 103 ein ausländisches Staatsoberhaupt beleidigt hat.
    "Präsident Erdoğan zu beleidigen ist mir zu doof. Ich denke, das hat man auch dem reichlich bescheuerten Schmähgedicht angemerkt." Das Schmähgedicht sei keineswegs rassistisch gegenüber Türken, versichert Böhmermann. Nur wer es aus dem Zusammenhang reißt, verstehe es falsch. So, wie beispielsweise Angela Merkel. Die Bundeskanzlerin "hat mich filetiert"
    "Die Bundeskanzlerin darf nicht wackeln, wenn es um die Meinungsfreiheit geht. Doch stattdessen hat sie mich filetiert, einem nervenkranken Despoten zum Tee serviert und einen deutschen Ai WeiWei aus mir gemacht." Merkels Einschätzung war ein politischer Fehler, den hat sie auch öffentlich zugegeben.
    "Was mich persönlich anbelangt, dann ärger' ich mich darüber, dass ich am 4. April von bewusst verletzend gesprochen habe und damit der Eindruck entstanden ist, dass meine persönliche Bewertung zu irgendetwas zählt."
    Jan Böhmermann bewertet den eigenen Fall anders und sieht sich als Retter der Kunst- und Meinungsfreiheit. Trotz neuer Provokationen wird er mit dem Interview aber keine weitere Staatsaffäre auslösen, so Matthias Kalle von der "ZEIT": "Ich glaube, dass alle Beteiligten aus der sogenannten Affäre Böhmermann gelernt haben, ich glaube, dass es zumindest nicht für politischen Wirbel sorgen wird."
    Jan Böhmermann letzte Antwort ist dann auch nicht frei von Ironie und so behauptet er, was Satire darf und was nicht, das entscheide immer noch die Bundeskanzlerin persönlich.