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"Zeit ist jetzt auch reif dafür"

Anders als die beiden Polizeigewerkschaften begrüßt der Bund deutscher Kriminalbeamter die Pläne zur Fusion von Bundeskriminalamt und Bundespolizei. Er verspreche sich davon eine gute Mischung aus Erfahrung und Intellekt, sagte der BDK-Vorsitzende Klaus Jansen. Die Arbeit der Polizisten werde professioneller, Deutschland werde sicherer.

Klaus Jansen im Gespräch mit Christian Bremkamp | 10.12.2010
    Christoph Heinemann: Die Polizeistruktur des Bundes steht nach gut 60 Jahren vor ihrem größten Umbau. Unter dem Dach einer neuen Bundespolizei sollen das Bundeskriminalamt und der Nachfolger des Bundesgrenzschutzes zusammengeführt und um einige Dutzend Spezialkräfte des Zolls ergänzt werden. Das ist der Kern der gestern in Berlin vorgelegten Empfehlung einer Strukturkommission unter Leitung des früheren Verfassungsschutzpräsidenten Wertebach. Bayern lehnt eine Fusion von BKA und Bundespolizei unterdessen ab. - Mein Kollege Christian Bremkamp hat darüber mit Klaus Jansen gesprochen und den Bundesvorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamter gefragt, ob der Vorstoß in seinen Reihen für Unruhe sorge.

    Klaus Jansen: Ich glaube, es gibt keine Unruhe. Es ist eher, dass die Unruhe beendet ist, weil jetzt endlich gesagt wird, wie sich Kriminalpolizei auf Bundesebene aufstellt. Es werden Perspektiven eröffnet, es gibt jetzt eine Standortsicherheit, es gibt jetzt eine Stellensicherheit und wir wissen von der Aufgabe her, dass das, was entschieden wurde, auch erforderlich ist.

    Christian Bremkamp: Wo liegen denn ganz konkret die Vorteile eines Zusammenschlusses?

    Jansen: Bisher haben Bundespolizei und Bundeskriminalamt parallel zum Teil an Täterstrukturen gearbeitet, zum Beispiel im Bereich der Schleusungskriminalität oder Bekämpfung der organisierten Kriminalität, aber auch bei der Terrorismusbekämpfung. Man schmeißt jetzt den Sachverstand zusammen, die Informationen, die Datenbanken, das wird eine gute Mischung an Erfahrung, an Intellekt, und da verspreche ich mir eigentlich wirklich ein Plus für die Kriminalitätsbekämpfung.

    Bremkamp: Das sehen die Polizeigewerkschaften ganz offenbar anders. Von deren Seite waren Einschätzungen zu hören wie "mutlose Augenwischerei" oder "politische Luftnummer". Das sind doch auch Praktiker, Herr Jansen. Wie erklären Sie sich deren kritische Haltung?

    Jansen: Es sind aber auch Praktiker in einem anderen Aufgabenfeld. Sowohl DPolG als auch GdP vertreten überwiegend Schutzpolizisten. Zu Castortransporten, zur Notwendigkeit, wie man Fußballspiele absichert, da äußert sich der Bund Deutscher Kriminalbeamter nicht. Die sind hier, glaube ich, in einem Bereich unterwegs, wo der BDK, glaube ich, die Kernkompetenz seit mehr als 42 Jahren hat. Insofern: Ich nehme das zur Kenntnis, aber nehme das nicht so ernst.

    Bremkamp: Also Sie begrüßen diese Neuordnung, Ihre Kollegen von den Polizeigewerkschaften nicht. Inwieweit sind die denn negativ davon betroffen?

    Jansen: Ich meine, dass sich für die Kolleginnen und Kollegen, die sie vertreten, gar nichts ändert, denn die schutzpolizeilichen Bereiche, dort wo auch die Bundespolizei im Bereich der Gefahrenabwehr tätig ist, da wird sich nichts ändern. Es wird sich übrigens natürlich auch nichts für die Bundesländer ändern, die ja auch massiv vertreten werden im schutzpolizeilichen Bereich genau von diesen beiden Gewerkschaften. Es wird eher einfacher, weil die Schnittstelle zum Bund einfacher wird. Wir haben nur noch eine Schnittstelle und die ist deutlich da, und dann gibt es die Landespolizei für die Sicherheit in den Bundesländern.

    Bremkamp: Nur die Polizeigewerkschaften stehen nicht alleine. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann beispielsweise warnt vor einem neuen Koordinationswirrwarr. Er glaubt offenbar nicht an eine neue Schnittstelle.

    Jansen: Ja, der Herr Herrmann. Ich weiß nicht so richtig, ob er das auch durchgelesen hat, was heute bekannt gegeben wurde, oder ob er es dann auch richtig verstanden hat. Es ist in der Tat so, dass der Bund dann nur noch eine Schnittstelle für die Landespolizeien hat und das dann vielleicht sogar direkt vor Ort bei seinem Landeskriminalamt als Schnittstelle für den Bund. Das macht die Zusammenarbeit von der Landespolizei zur Bundespolizei und von der Bundespolizei ins Ausland wesentlich einfacher. Vielleicht schläft er noch mal eine Nacht darüber.

    Bremkamp: Können Sie mal erklären, was wird denn die genaue neue Aufgabe dieser Bundespolizei sein?

    Jansen: Es geht ja nicht darum, Befugnisse zu verändern, sondern die Befugnisse der Bundespolizei im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung und die des Bundeskriminalamtes werden im Prinzip in einer Organisation zusammengefasst. Und die ganzen Phänomene - Bekämpfung des Terrorismus, Cyber-Crime, organisierte Kriminalität -, das sind alles internationale Phänomene, die natürlich Auswirkungen auf die Kriminalitätslage in Deutschland haben. Aber die internationale Zusammenarbeit bei diesen Phänomenen, die ergibt sich aus den Worten heraus schon, und das wird verbessert. Da wird Intelligence zusammengeschmissen, Kräfte, Erfahrungen werden zusammengepackt. Ich glaube, das ist der richtige Ansatz.

    Bremkamp: Wo hat es denn bislang gehakt in der Zusammenarbeit?

    Jansen: Es sind genau diese Mechanismen, die sie haben, wenn sie im Prinzip in unterschiedlichen Vereinen sind. Wir machen hier wie beim Sport so eine Art Spielgemeinschaft auf, wir haben ein gemeinsames Ziel, wir haben gemeinsame Sitzungen. Wir haben gemeinsame Verfahren, an denen wir von beiden Seiten heraus arbeiten. Wir haben eine gemeinsame Datenbank, in der die Informationen eingespeist werden. Das ist eine gleichberechtigte Kooperation auf Augenhöhe, und das wird mit Sicherheit ein Mehr bringen.

    Bremkamp: Und später auch einen Dienstsitz?

    Jansen: Diese Bundespolizei wird geführt werden aus Berlin, davon gehe ich aus, aber eben auch nur geführt werden. Sie ist nur dann sinnvoll, wenn sie ihre Standorte dort hat, wo sie jetzt auch vertreten ist, weil man dann Zeit spart, Reisezeit, man ist mit den Kolleginnen und Kollegen vor Ort vernetzt, und das wird der entscheidende Unterschied sein.

    Bremkamp: Was sagen Sie denn Beamten, die heute möglicherweise Angst haben, Sorge haben, künftig umziehen zu müssen?

    Jansen: Das hat Gott sei Dank der Bundesinnenminister deutlich gesagt. Es gibt jetzt eine Standortgarantie. Er wird keine Standorte schließen, er wird auch kein Personal abbauen. Dort wo Personal im Prinzip durch Zusammenlegung frei wird, wird er das Personal und die Ressourcen reinvestieren. Und das ist ein entscheidender Schritt. Da kann man den Kollegen wirklich sagen, ihr bleibt da, wo ihr wollt, ihr habt aber auch die Chance, wenn ihr wollt, innerhalb der Bundespolizei euch zu verändern, und das ist doch eine Perspektive, die wirklich spannend ist.

    Bremkamp: Wenn ein zentraler Sicherheitsdienst so viele Vorteile Ihrer Meinung nach verspricht, warum hat man den Zoll außen vor gelassen?

    Jansen: Diese Situation hat mit Sicherheit was damit zu tun, was derzeit in dieser Legislaturperiode in einem Ressort machbar ist. Bundespolizei und Bundeskriminalamt sind ja zwei Polizeien in einem Ressort. Das ist ein Widerspruch, auf den wir seit zehn Jahren hingewiesen haben. Zwei Bundesinnenminister, nämlich Schily und Schäuble, haben es nicht gemacht. Wir haben auch mit ihnen diese Gespräche geführt. Thomas de Maizière macht es. Da kann man eigentlich nur zu gratulieren, dass er hier versucht, eine moderne Organisation aufzubauen.

    Bremkamp: Alles in allem also ein richtiger wichtiger Schritt, sagen Sie. Nur wenn das alles so logisch und sinnvoll erscheint, warum kommt er erst jetzt?

    Jansen: Es ist so, dass Sie manchmal dicke Bretter bohren müssen, und historisch gesehen es natürlich immer auch die Angst davor gibt, Polizei in irgendeiner Form umzuorganisieren. Bundespolizei und Bundeskriminalamt haben einen ganz eigenen Werdegang, historisch auch gesehen. Das jetzt zusammenzubringen ist überfällig wegen der Aufgaben. Insofern: Ich glaube, diese Zeit musste sein, aber die Zeit ist jetzt auch reif dafür.

    Bremkamp: Abschlussfrage, Herr Jansen. Sollte das alles so umgesetzt werden, wie die Wertebach-Kommission es empfiehlt, wird Deutschland am Ende ein sichereres Land sein?

    Jansen: Ich bin überzeugt davon, dass wir unterm Strich eine professionellere Kriminalpolizei auf Bundesebene haben. Davon profitieren die Bundesländer, davon profitieren auch die Bürger. Ich glaube, Deutschland wird sicherer.

    Heinemann: Klaus Jansen, der Bundesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter. Die Fragen stellte mein Kollege Christian Bremkamp.