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Zeitgenössische Operette im sozialistischen Ost-Europa
Staat macht lustig?

Viele Kulturschaffende in Westeuropa interessierten sich nach 1945 kaum noch für die Operette; die wurde als kitschig-sentimental und nicht mehr zeitgemäß abgetan und mehr und mehr vom Musical verdrängt. Anders sah die Situation im sozialistischen Osteuropa aus.

Von Thomas Beimel |
    Blick auf die geschwungene Front des ehemaligen Metropoltheaters in der Berliner Friedrichstrasse
    Einstige Ost-Berliner Operettenbühne: das Metropoltheater (picture-alliance / dpa / Manfred Krause)
    Die dort staatlich geförderte Reanimation der totgesagten Operette ist aus heutiger Perspektive ein erstaunliches Phänomen: Sie diente dazu, die Schrecken des Zweiten Weltkriegs vergessen zu lassen - und den Aufbau der Volksrepubliken mit schwungvoller Musik zu beflügeln. Die damals so erfolgreichen Neuschöpfungen von Filaret Barbu und Gherase Dendrino, von Gerd Natschinski und Guido Masanetz sind nach der Wende in der Mottenkiste der Musikgeschichte gelandet. Dabei haben Werke wie "Der Flößer der Bistritza" oder "Messeschlager Gisela" - ein witziges Abbild der DDR unmittelbar vor dem Mauerbau - genau das zu bieten, was die Operette bis heute für ein breites Publikum attraktiv macht: Bühnenwirksamkeit, eingängige Melodien und ein unverkrampftes Verhältnis zu Sentimentalität. Gleichzeitig sind sie beredte musikalische Zeugnisse aus der Zeit des Kalten Krieges. Eine Wiederentdeckung lohnt sich, meint Autor Thomas Beimel.