Verlockender und wundersamer hätte die dritte und letzte Runde von Willy Deckers Ruhrtriennale gar nicht anklingen können. Wie aus dem Nichts lockt Dirigent Kirill Petrenko das Sehnsuchtsmotiv der ersten Takte des Vorspiels im Pianissimo hervor. Zart wirkt es noch, zerbrechlich und lässt doch schon die Kraft erspüren, mit der es die Liebenden bedrängen und in die Nacht des Vergessens stoßen wird.
Sanft, still und leise entwickelt Petrenko die Partitur. Er hält sie frei von aller Nervosität und Hysterie. Immer wieder scheint das Orchester förmlich zu atmen, durchzuatmen in langen Pausen, bis es schließlich aufblüht im ganzen Farbspektrum der Komposition.
Petrenko meidet die Überhitzung, ohne die Wucht des Wagnerschen Klangrauschs zu verlieren. Die Duisburger Symphoniker überlassen sich dabei ganz und gar der Umsicht des Dirigenten und wachsen dabei über sich hinaus. Selten ist der Tristan so fließend-melodiös, liedhaft und kultiviert erklungen wie bei dieser Ruhrtriennale. Selten ist Wagners Verwandtschaft mit seinem großen Vorbild Beethoven und mit seinem noch größeren Antipoden Brahms so sinnfällig herausgearbeitet worden wie hier. Dies ist schon Ereignis genug.
Dem orchestralen Ereignis auf Augenhöhe zu begegnen, schien fast unmöglich. Anja Kampe als Isolde kam dem recht nahe. Mit dem Frequenzreichtum ihres Soprans lotete sie das weite Feld der Rolle aus. Nur ein unruhiges Vibrato, das auch nur selten in den Ton eingewoben schien, verdarb manche Schönheiten. Vor allem Christian Franz als Tristan versuchte sich auf die Vorgabe des Orchesters einzulassen und seiner Figur Klangkultur beizubringen. Dabei geriet aber eine ausgeglichene Farbgebung der Register vollkommen aus dem Blick. Außerdem fasste Christian Franz seine Rolle viel zu sprechgesanglich auf. Er redete oft mehr als er sang.
Schön waren die Nebenrollen, vor allem der König Marke von Stephen Milling. Sein voluminöser Bass füllte wie das Orchester das Industriedenkmal. Wobei wir bei einem zentralen Problem angelangt sind, nämlich bei der staubtrockenen Akustik der Bochumer Jahrhunderthalle, in der elektroakustisch immer nachgeholfen werden muss. Auf meinem Platz in der Mitte der 16. Reihe schien es, als würde sich der Orchesterklang auf natürliche Weise entfalten. Doch die Stimmen der Sänger versickerten sofort wie Wasser im Wüstensand.
So ergaben sich zwei klangliche Parallellandschaften: Ozean im Graben, Dünen auf der Bühne. Am Mischpult und an der Beschallung müsste also dringend nachgebessert werden, will man auf das Industrieambiente nicht verzichten. So sind möglicherweise die problematischen Gesangseindrücke in Reihe 16 Mitte der Elektroakustik geschuldet. Vielleicht aber auch der Bühne. Ein riesiges weißes Viereck schwebt, hebt und neigt sich über den Sängern und schluckt eventuell ihre Schallwellen.
Gut aussehen tut dieser bewegliche Himmel aber dennoch. Zumal auch der Bühnenboden ein weißes, scheinbar im schwarzen Nichts schwebendes Viereck ist. Erd- und Himmelsfläche tanzen förmlich im Weltraum. Sie werden zur Projektionsfläche einer ebenfalls abstrakten und zugleich poetischen Lichtregie. Eine wandernde Kugel ist Mond, Planet und Video-Leinwand in einem.
Mit ihrem geometrischen Minimalismus erinnert die Bühne an Wieland Wagners Ästhetik der Leere von Neu-Bayreuth. Regisseur Willy Decker lässt in den weiten Flächen ausspielen und inszeniert ein Seelentheater jenseits konkreter Zeit und gibt Wagner viel Raum. Leider meint Decker hin und wieder, doch einmal deutlich werden zu müssen. Aber Seeleute als Macho-Meute oder Blätter- und Bachrauschen über Lautsprecher, wenn Isolde davon singt, ist allzu platt. Wenn im zweiten Aufzug Tristan und Isolde "ewig endlos ein-bewusst" verschmelzen und durch die Weiten des sternenglitzernden Weltraums gleiten, glückt ein magischer Theatermoment.
Sanft, still und leise entwickelt Petrenko die Partitur. Er hält sie frei von aller Nervosität und Hysterie. Immer wieder scheint das Orchester förmlich zu atmen, durchzuatmen in langen Pausen, bis es schließlich aufblüht im ganzen Farbspektrum der Komposition.
Petrenko meidet die Überhitzung, ohne die Wucht des Wagnerschen Klangrauschs zu verlieren. Die Duisburger Symphoniker überlassen sich dabei ganz und gar der Umsicht des Dirigenten und wachsen dabei über sich hinaus. Selten ist der Tristan so fließend-melodiös, liedhaft und kultiviert erklungen wie bei dieser Ruhrtriennale. Selten ist Wagners Verwandtschaft mit seinem großen Vorbild Beethoven und mit seinem noch größeren Antipoden Brahms so sinnfällig herausgearbeitet worden wie hier. Dies ist schon Ereignis genug.
Dem orchestralen Ereignis auf Augenhöhe zu begegnen, schien fast unmöglich. Anja Kampe als Isolde kam dem recht nahe. Mit dem Frequenzreichtum ihres Soprans lotete sie das weite Feld der Rolle aus. Nur ein unruhiges Vibrato, das auch nur selten in den Ton eingewoben schien, verdarb manche Schönheiten. Vor allem Christian Franz als Tristan versuchte sich auf die Vorgabe des Orchesters einzulassen und seiner Figur Klangkultur beizubringen. Dabei geriet aber eine ausgeglichene Farbgebung der Register vollkommen aus dem Blick. Außerdem fasste Christian Franz seine Rolle viel zu sprechgesanglich auf. Er redete oft mehr als er sang.
Schön waren die Nebenrollen, vor allem der König Marke von Stephen Milling. Sein voluminöser Bass füllte wie das Orchester das Industriedenkmal. Wobei wir bei einem zentralen Problem angelangt sind, nämlich bei der staubtrockenen Akustik der Bochumer Jahrhunderthalle, in der elektroakustisch immer nachgeholfen werden muss. Auf meinem Platz in der Mitte der 16. Reihe schien es, als würde sich der Orchesterklang auf natürliche Weise entfalten. Doch die Stimmen der Sänger versickerten sofort wie Wasser im Wüstensand.
So ergaben sich zwei klangliche Parallellandschaften: Ozean im Graben, Dünen auf der Bühne. Am Mischpult und an der Beschallung müsste also dringend nachgebessert werden, will man auf das Industrieambiente nicht verzichten. So sind möglicherweise die problematischen Gesangseindrücke in Reihe 16 Mitte der Elektroakustik geschuldet. Vielleicht aber auch der Bühne. Ein riesiges weißes Viereck schwebt, hebt und neigt sich über den Sängern und schluckt eventuell ihre Schallwellen.
Gut aussehen tut dieser bewegliche Himmel aber dennoch. Zumal auch der Bühnenboden ein weißes, scheinbar im schwarzen Nichts schwebendes Viereck ist. Erd- und Himmelsfläche tanzen förmlich im Weltraum. Sie werden zur Projektionsfläche einer ebenfalls abstrakten und zugleich poetischen Lichtregie. Eine wandernde Kugel ist Mond, Planet und Video-Leinwand in einem.
Mit ihrem geometrischen Minimalismus erinnert die Bühne an Wieland Wagners Ästhetik der Leere von Neu-Bayreuth. Regisseur Willy Decker lässt in den weiten Flächen ausspielen und inszeniert ein Seelentheater jenseits konkreter Zeit und gibt Wagner viel Raum. Leider meint Decker hin und wieder, doch einmal deutlich werden zu müssen. Aber Seeleute als Macho-Meute oder Blätter- und Bachrauschen über Lautsprecher, wenn Isolde davon singt, ist allzu platt. Wenn im zweiten Aufzug Tristan und Isolde "ewig endlos ein-bewusst" verschmelzen und durch die Weiten des sternenglitzernden Weltraums gleiten, glückt ein magischer Theatermoment.