Obst und Gemüse sind empfindlich. Mangos zum Beispiel: Jede fünfte Frucht verdirbt, bevor wir sie essen. Gurken werden schnell schrumpelig und deshalb oft in Plastikfolie eingepackt. Weniger verdorbene Nahrungsmittel, aber auch weniger Kunststoffe - darum geht es in einem Forschungsprojekt in der Schweiz.
"Wir versuchen diese beiden Ziele zu erreichen mit unserer Obst- und Gemüse-Schutzhülle", berichtet Gustav Nyström, Laborleiter beim Materialforschungsinstitut Empa. Schon länger gibt es aus den Niederlanden biologisch abbaubare Schutzschichten zum Aufsprühen auf Mangos oder auch Blumen. Und Edeka beschichtet Avocados mit Lipiden, einer Art Fettschicht, die aus pflanzlichen Quellen stammt. Auch die Schweizer Forschenden verwenden ein biologisches Ausgangsmaterial. "Wir benutzen hier Restprodukte aus der Agrarwissenschaft. In diesem konkreten Fall Obst- und Gemüse-Abfallprodukte."
Trester als Rohstoff
Zum Beispiel von Karotten, die entsaftet werden. Was übrig bleibt, ist der feste Anteil der Wurzeln, Trester genannt. "Rübli schützt Gurke", haben die Schweizer ihr Projekt deshalb genannt. Entscheidend dabei: Dieser Bioabfall wandert nicht wie sonst in eine Biogas-Anlage, sondern er ist der Rohstoff für die Schutzschicht.
"Das bekommen wir direkt vom Produzenten. Dieser Trester hat auch einen sehr hohen Anteil an Zellulose. Und deswegen ist das für uns ein sehr gutes Startmaterial, können wir die Feststoffkomponente, die sonst weggeworfen würde, weiter benutzen für dieses Beschichtungsmaterial."
Dazu muss der Trester zunächst gewaschen, gebleicht und sehr fein gemahlen werden. Dabei entstehen vor allem Zellulose-Nanofasern. Dem Empa-Labor ist es gelungen, aus dem Trester eine homogene Flüssigkeit zu erzeugen, die direkt auf das Obst oder Gemüse gesprüht werden kann. Das Wasser verdampft, und die Zellulosefasern vernetzen sich und bilden einen Film. Der schützt das Lebensmittel teilweise vor Sauerstoff, der zum Beispiel Bananen schneller verderben lässt. Und er sorgt dafür, dass eine Gurke nicht so schnell Wasser verliert und schrumpelt. "Bei diesen beiden Beispielen, Gurke und Banane, haben wir im Labor eine längere Haltbarkeit bis zu sieben Tagen."
Wenn Obst oder Gemüse eine Woche länger halten, ist das nicht nur für Verbraucherinnen interessant, sondern auch für Händler. Ein Discounter in der Schweiz hat deshalb das Projekt initiiert und mit finanziert. Wie erfolgreich es letztlich sein wird, ist aber noch offen.
Schwermetalle könnten stören
So teilt Markus Schmid, Spezialist für nachhaltige Verpackungen an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen, der an dem Projekt nicht beteiligt war, auf Anfrage mit: Es komme ganz darauf an, welche Lebensmittel man betrachte - jedes verderbe sozusagen auf seine Weise. Deshalb ist diese eine Sorte von Schutzfilm aus Karotten-Trester wohl nur für bestimmte Produkte geeignet. Andere Experten verweisen auf mögliche Belastungen des Tresters etwa mit Schwermetallen aus dem Pflanzenschutz, oder auch Bakterien. Ein Problem, dem sich die Wissenschaftler der Empa in der nächsten Zeit widmen wollen.
Und es sind noch andere Fragen offen, erklärt Gustav Nyström. "Können wir die Haltbarkeit noch verlängern oder sogar anpassen, sodass man kontrollieren kann, wie viele Tage längere Haltbarkeit man haben will? Und dann ist es auch die industrielle Umsetzung."
Erforscht werden sollte auch noch, was die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen fragt: Was passiert mit den Nährstoffen des Produkts, wenn es länger im Regal liegt? Es ist dann ja nicht mehr so frisch, wie es dank der Schutzschicht aussieht.