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Zeman forciert einen Linksruck

Er werde als Vermittler in der tschechischen Politik agieren, so die Ankündigung von Milos Zeman vor wenigen Wochen. Doch schon jetzt hat der neue Präsident seine parteipolitische Neutralität verloren. Offen wirbt er für ein linkes Bündnis. Bürgerrechtler beklagen seine Angriffe auf kritische Journalisten.

Von Stefan Heinlein |
    Vor zehn Jahren verlässt Milos Zeman die Sozialdemokraten im Groll. Seine Partei habe ihn verraten - so der damalige Vorwurf des langjährigen Vorsitzenden. Doch die tiefen Wunden der Vergangenheit scheinen geheilt. Auf dem CSSD-Parteitag bekennt sich der frisch gewählte Präsident zu seinen politischen Wurzeln:

    "Als Präsident bin ich verpflichtet, überparteilich zu sein. Aber als Bürger Milos Zeman wünsche ich mir den Sieg der Sozialdemokraten bei den nächsten Wahlen."

    Der Wunsch des Präsidenten könnte in Erfüllung gehen. Landesweit sind die Sozialdemokraten auf dem Vormarsch. In den Umfragen sind sie klar die stärkste Partei. Mit dem präsidialen Rückenwind hofft der Vorsitzende Sobotka auf einen Linksrutsch bei den Parlamentswahlen im kommenden Jahr:

    "Er ist der erste Präsident seit 1989, der sich klar zu den linken Werten bekennt. Wir sind uns absolut einig in der Kritik an der amtierenden Mitte-rechts-Regierung."

    Der Präsident und seine ehemalige Partei haben auch bereits klare gemeinsame Vorstellungen über die künftige Regierungsbildung in Tschechien. Die Zeit für ein rot-rotes Bündnis mit den orthodoxen Kommunisten sei noch nicht reif, erklären beide Seiten übereinstimmend. Eine linke Minderheitsregierung mit Duldung der Kommunisten sei jedoch die richtige Lösung für das Land. In der Vergangenheit - so Zeman - habe man diese Gelegenheit verpasst:

    "Nach den Wahlen 2002 gab es eine linke Mehrheit im Parlament. Eine einfarbige Regierung mit Duldung eines linken Partners wurde aber leider nicht gebildet. In der sozialdemokratischen Parteiführung saßen damals nur politische Amateure."

    Nicht nur der konservative Ministerpräsident Necas ist von diesen Planspielen wenig begeistert. Auch in den Medien wächst die Kritik an der einseitigen Parteinahme des Präsidenten. Ähnlich wie sein Vorgänger Vaclav Klaus spalte Milos Zeman das Land, meint der Journalist Martin Komarek. Die ideologischen Grabenkämpfe würden fortgesetzt:

    "Milos Zeman redet wie ein parteipolitischer Populist und nicht wie ein Präsident. Er hat jedes Gespür für die Aufgaben des Präsidenten in der aktiven Politik verloren."

    Doch die Medienschelte lässt den machtbewussten Präsidenten kalt. Bereits kurz nach den Wahlen ließ er mitteilen: Interviews in einigen kritischen Tageszeitungen werde es mit ihm nicht geben. In seiner Antrittsrede auf der Prager Burg legt er dann nach:

    "Ein wesentlicher Teil der tschechischen Medien konzentriert sich auf Gehirnwäsche und die Manipulation der öffentlichen Meinung. Das sind quatschende Kommentatoren, die über alles schreiben, aber nichts verstehen."

    Nach einer ersten Schockstarre haben 90 tschechische Intellektuelle und Bürgerrechtler mittlerweile reagiert. In einem offenen Brief kritisieren sie den Angriff des Präsidenten. Dies sei ein Versuch die Pressefreiheit in Tschechien zu beschränken, meint auch der Schriftsteller Ivan Klima:

    "Seine Worte erinnern an die Zeit des Kommunismus. Auch damals wurden kritische Journalisten verfolgt. Wir haben dieses Regime erlebt und müssen deshalb sehr sorgfältig mit der Meinungsfreiheit umgehen."

    Milos Zeman reagiert auf diese Kritik gewohnt hemdsärmelig. Er habe den offenen Brief nicht gelesen - grundsätzlich gelte aber. Wer seine Reden infrage stelle, beschränke die Meinungsfreiheit des Präsidenten.