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Zentralafrikanische Republik
Die grundlegenden Konfliktlinien der jüngeren Geschichte

Hilfsorganisationen haben in dieser Woche Alarm geschlagen: Angesichts von 1000 Toten befürchten sie eine nicht enden wollende Gewaltspirale in der Zentralafrikanischen Republik. Doch worum geht es in dem Land, das eigentlich ein blühendes sein könnte?

Von Utz Dräger |
    März 2013, die Zentralafrikanische Republik befindet sich in Aufruhr. Menschen sind auf der Flucht, suchen in behelfsmäßigen Lagern Schutz.
    Der Grund: Michel Djotodia hat sich an die Spitze des Landes geputscht.
    Ein weiterer Putsch in der Geschichte – es geht um Macht und Geld – um nicht viel mehr. Meist übernimmt die nächste Clique, um von den Reichtümern des Landes zu profitieren. Der Masse der Bevölkerung fehlt es an allem.
    Der neue Machthaber Michel Djotodia verspricht nun Besserung.
    "Wir wollen dem Elend entkommen. Viele leiden Hunger, haben nichts anzuziehen und die medizinische Versorgung ist schlecht. Die Menschen können nicht ruhig schlafen.“
    Die fehlenden Kommandostrukturen innerhalb der bewaffneten Gruppen beunruhigen
    Dass niemand ruhig schlafen kann, liegt auch an den fehlenden Kommandostrukturen innerhalb der bewaffneten Gruppen. Der neue Präsident hat sich mithilfe der Rebellenvereinigung "Séléka" an die Spitze der Zentralafrikanischen Republik gebracht. Die regulären Streitkräfte des Landes sind desertiert oder entwickeln ein Eigenleben.
    Im Machtvakuum des Umsturzes ist sich jeder selbst der nächste. Bereits Monate vor dem Putsch der Séleka ist es im ganzen Land immer wieder zu unkontrollierten Gewaltausbrüchen gekommen.
    "Die Séléka sind ein Söldnerheer, das aus Mördern besteht, die bringen Frauen, Kinder und Männer um – sie denken alle wären 'Anti-Balaka'."""
    Die "Anti-Balaka", von denen dieser Lehrer aus der Stadt Bossangoa spricht, ist eine Reaktion auf die Séléka Rebellen, zunächst eine Art Selbstverteidigungs-Gruppierung. Sie besteht aus mehrheitlich christlichen Kämpfern.
    Bemerkenswert ist: Religiöse Konflikte hatten in der Geschichte der Zentralafrikanischen Republik bisher keine große Rolle gespielt. Es gibt viele religiös- gemischte Familien. Rund 10 Prozent der Menschen in Zentralafrika sind Muslime, mehr als die Hälfte der Bevölkerung christlichen Glaubens.
    Diesen eigenen christlichen Glauben hatte der geflüchtete Ex-Präsident Francois Bozizé jedoch in den letzten Jahren immer stärker zum Thema gemacht, gar eine eigene Kirche mitbegründet - und damit Teile der Bevölkerung ausgeschlossen.
    Seit die Rebellen der Séléka die Oberhand haben, spitzt sich der religiöse Konflikt nun zu. "Séléka" heißt soviel wie "Allianz". Tatsächlich handelt es sich um einen relativ losen Verband mehrheitlich muslimischer Rebellengruppen, unter ihnen auch Kämpfer aus den Nachbarländern Tschad oder Sudan.
    Immer tiefere Konfliktlinie
    In der Mischung aus Anarchie, Vorurteilen und purer Not entsteht eine immer tiefere Konfliktlinie. Nachbarn gehen aufeinander los. Jeder sieht sich im Recht - wie dieser mit einem alten Gewehr bewaffnete "Anti-Balaka"-Kämpfer. Der eigentlich Farmer ist.
    "Wir schützen unsere Dörfer. Wenn die Seleka-Kämpfer kommen, unser Häuser ausrauben und unsere Familien vertreiben wollen schlagen wir zurück. Ich habe drei Mal die Séléka angegriffen. Wir haben sogar ihren Laster verbrannt."
    Brandschatzungen, Mord, Vergewaltigungen
    Brandschatzungen, Mord, Vergewaltigungen – Präsident Djotodia ist nicht mehr Herr der Lage. Ansprechpartner für Verhandlungen gibt es kaum. Anfang Dezember beschließt die UNO die im Land vorhandenen Truppen der Afrikanischen Union und Frankreichs aufzustocken. Sie werden mit robustem Mandat für einen Kampfeinsatz ausgestattet.
    Anhänger des geflüchteten Ex-Präsidenten Francois Bozizé sowie die Anti-Balaka glauben fälschlicherweise, dass nun ihre Zeit gekommen ist. Nach deren Offensive schlagen die Séléka zurück. „Amnesty International“ spricht von rund 1000 Toten in wenigen Tagen.
    Ein wenig Hoffnung machen gemeinsame christlich-muslimische Demonstrationen wie die vor ein paar Tagen in Bangui. „Christen und Muslime wollen Frieden“ – heißt es hier. Den wird es aber erst geben, wenn der Großteil der Kämpfer auf allen Seiten entwaffnet ist. Eine zahlenstarke UNO-Blauhelmmission wäre dafür sinnvoll. Obwohl bereits über Wahlen gesprochen wird, können diese das Land erst aus dem Chaos führen, wenn die zivilen zuvor Kräfte gestärkt wurden.
    Vor 30 Jahren erlebte die Zentralafrikanische Republik eine kurze Phase einer funktionierenden Mehrparteiendemokratie. Laut Beobachtern geht es längerfristig darum diese alten Kräfte erneut zu mobilisieren und Exilpolitiker zurück ins Land zu holen.