Dirk Müller: Das Bild des einstigen Riesen WestLB ist längst ganz, ganz düster. Die Westdeutsche Landesbank hat seit dem Jahr 2000 über fünf Milliarden Euro Verlust gemacht, schlecht für die beteiligten Sparkassen und auch für das Land Nordrhein-Westfalen, das fast 50 Prozent der Anteile besitzt. Ein Milliardenloch, das letztlich auch den Steuerzahler sowie den Sparkassenkunden einiges kosten dürfte und auch bereits Milliarden gekostet hat. Ein einstiges Flaggschiff, das zum Milliardengrab für die Politik geworden ist. Gestern bis kurz vor Mitternacht Krisenberatung in Berlin über die Zukunft der WestLB. Am Telefon ist nun Norbert Walter, früher Chefökonom der Deutschen Bank. Er ist heute als selbstständiger Berater tätig. Guten Morgen!
Norbert Walter: Ja guten Morgen!
Müller: Herr Walter, kann dieses Konzept Sie überzeugen?
Walter: Zuerst mal es ist richtig: Die WestLB hat ein Geschäftsmodell, das nicht mehr zeitgemäß ist, und deshalb muss es dort Korrekturen geben. Ich glaube, dass nach der verbrannten Erde und den schlechten Erfahrungen, die man in der Vergangenheit gemacht hat, die Idee mit dem ganzheitlichen Verkauf formal eher nominell ist. Das wird wohl nicht klappen. Ich glaube also, dort liegt wahrscheinlich die Lösung nicht. Es haben sich wie gesagt zu viele auch internationale Interessenten für den deutschen Bankenmarkt mit Einrichtungen dieser Art die Finger verbrannt.
Das Zweite: Die Überlegung Redimensionierung ist mit Sicherheit der Prozess, der ja schon eine Weile eingeleitet ist. Ob er, wenn das einfach nur schematisch, wie das in dem Vorschlag eben gerade angedeutet wurde, geplant ist, also so was wie auf 30 Prozent runter, das halte ich für sehr, sehr unrealistisch. Redimensionierung muss auch bedeuten, dass man auf Geschäfte kommt, die tragfähig sind und nicht nur einfach kleiner werden. Insofern glaube ich also auch, dass dieser Vorschlag am Ende es nicht sein wird.
Und der Dritte: Die Funktionen, die die Sparkassen des Landes Nordrhein-Westfalen und der Umgebung brauchen, die sollten sicherlich erhalten bleiben. Wenn es nicht andere Einrichtungen übernehmen, diese Funktionen, dann müsste eine kleine WestLB übrig bleiben. Das bedeutet aber natürlich, dass sowohl das Land Nordrhein-Westfalen, wie auch die Sparkassen, die Träger dieser Einrichtung, in ein ungewisses Obligo gehen, und das wird es wohl am Ende zwar sein, aber es ist natürlich auch eine große Unsicherheit.
Müller: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Herr Walter, heißt das, Redimensionierung, also die Aufteilung in kleinere Einheiten, das ist die einzige Alternative für die Zukunft?
Walter: Mein Eindruck ist, dass man auf - - Nein, ich würde sagen, die WestLB muss eine Zentrale für Geschäfte der Sparkassen werden, die die Sparkassen selber wegen ihrer Größe und ihrer regionalen Abgegrenztheit nicht durchführen können. Das könnten aber natürlich theoretisch auch andere Einrichtungen in Deutschland machen. Wenn aber die Sparkassen und das Land glauben, dass das, weil es traditionell eben in Düsseldorf gemacht wurde, auch dort bleiben soll, bleiben eben auch die Eigentümerrisiken bei den Sparkassen Nordrhein-Westfalens und beim Land Nordrhein-Westfalen. Ich glaube, es läuft auf die dritte Lösung hinaus, also auf die, dass die zentrale Funktion der WestLB erhalten bleibt, eigenständig erhalten bleibt, auch deshalb, weil andere Institutionen Interesse in diesen schwierigen Zeiten an einem sinkenden Schiff nicht haben.
Müller: Aber auch diese zentrale Funktion, wo Sie sagen, das muss erhalten bleiben, bedeutet, alles wird kleiner und es werden noch mehr Leute entlassen?
Walter: Alles wird kleiner und auch Assets werden sicherlich weiter veräußert werden in diesem Prozess. Wie klein diese Einrichtung dann werden wird, das ist schwer abzuschätzen, aber kleiner, die Tendenz ist klar.
Müller: Wer wird alles die Zeche zahlen?
Walter: Könnten Sie die Frage gerade noch mal wiederholen?
Müller: Wer wird alles die Zeche zahlen, wer kommt dafür auf?
Walter: Es ist vollkommen klar, dass die Eigentümer das sind, das heißt das Land Nordrhein-Westfalen und natürlich die anderen Eigentümer, die Sparkassen, die Träger dieser Einrichtung sind. Was die beiden natürlich versuchen werden ist, dass sie den Bund im Boot halten und den Bund sicherlich auch in Haftung nehmen wollen, aber ich glaube, da wird es harten Widerstand geben, das wird auf eine bestimmte Menge begrenzt bleiben und am Ende sind die Gewährträger das Land und die Sparkassen, diejenigen, die die Risiken zu tragen haben.
Müller: Das ist ja alles kein Wunschkonzert. Aber dennoch die Frage: Ist das gut, wenn die Politik nach wie vor führend mitspielt?
Walter: Es gibt keine Alternative dazu. Allerdings muss man sagen, die Eigentümer, die Sparkassen und das Land Nordrhein-Westfalen, haben damals, als die Landesbanken in Deutschland noch hätten restrukturiert werden können, als Steinbrück eine sehr starke Initiative übernahm, vor etwa drei Jahren, geschlafen und glaubten, sie seien stark, und nunmehr müssen sie die Suppe auslöffeln. Wer damals ein Angebot des Bundes ablehnt und die Führung durch den Bund ablehnt, sollte jetzt nicht nach dem Geld des Bundes rufen.
Müller: Das heißt, die Suppe auslöffeln müssen letztendlich auch die Steuerzahler?
Walter: Das sind die Steuerzahler, in diesem Fall dann diejenigen, die für das Budget in Nordrhein-Westfalen geradestehen, das Parlament in Düsseldorf, und es sind natürlich letztlich auch die Sparkassen, die eine Erschwernis ihrer Geschäfte haben.
Müller: Machen wir hier einen kleinen Schnitt, Norbert Walter, bleiben aber bei der Politik, bei der Politik und den Banken. Der Wirtschaftsberater der Kanzlerin, der 42-jährige Jens Weidmann, soll ja Nachfolger von Axel Weber werden, der den Chefposten bei der Bundesbank im April aufgeben wird. Das ist immer noch nicht offiziell bestätigt, das könnte aber im Laufe dieses Vormittags passieren. Ist das eine gute Entscheidung?
Walter: Das ist eine gute Entscheidung. Jens Weidmann ist ein Fachmann, der schon als Fachmann nach Berlin ins Kanzleramt ging. Er war ja aus der Bundesbank dort hingekommen. Jens Weidmann ist ein erfahrener, wirtschaftswissenschaftlich gut ausgebildeter Mann, ist ein ruhiger Charakter, ist jemand, der die Arbeit in einer so wichtigen Institution wie der Bundesbank mit Ruhe und mit Fachkenntnis führen kann. Er ist noch jung, er ist sicherlich, was die Ränkespiele anlangt, die ja auch im Bezug auf politische Ämtervergabe beispielsweise für den Bundesbankpräsidenten zu erledigen sind, wie man bei Axel Weber in verschiedenen Herausforderungen gesehen hat, Erinnerung Sarrazin - - Das ist natürlich etwas, was man ihm nicht wünscht. Ich hoffe, dass ihm solche Probleme erspart bleiben.
Müller: Er ist ja nicht nur jung, Herr Walter, sondern auch eben in der Politik eingebunden. Er kommt aus dem Kanzleramt. Ist das nicht ein Menetekel mit Blick auf die Unabhängigkeit?
Walter: Das könnte so sein, das muss aber nicht so sein, und in diesem speziellen Fall ist es mit Sicherheit nicht so, und ich glaube noch nicht einmal, dass es diesen Verdacht gibt. Alle diejenigen, die ihn auch nur ein bisschen kennen, wissen, dass das eine unzutreffende Vermutung ist. Aber ich will einfach mal darauf zurückverweisen: Als ein Journalist vom Ursprung und ein SPD-Mitglied und ein Mitglied der Regierung der SPD Bundesbankpräsident wurde, Karl Otto Pöhl, hat sich die Welt auch aufgeregt und war in Sorge, ob das der Werthaltigkeit des Geldes dient. Karl Otto Pöhl war ein wunderbarer, ein stabilitätsorientierter Zentralbankpräsident. Also die Europäische Zentralbank oder die Bundesbank haben eine so gute Verfassung, dass solche Gefährdungen nicht bestehen.
Müller: Heute Morgen im Deutschlandfunk der Bankenexperte Norbert Walter. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.
Walter: Sehr gerne, Herr Müller.
Norbert Walter: Ja guten Morgen!
Müller: Herr Walter, kann dieses Konzept Sie überzeugen?
Walter: Zuerst mal es ist richtig: Die WestLB hat ein Geschäftsmodell, das nicht mehr zeitgemäß ist, und deshalb muss es dort Korrekturen geben. Ich glaube, dass nach der verbrannten Erde und den schlechten Erfahrungen, die man in der Vergangenheit gemacht hat, die Idee mit dem ganzheitlichen Verkauf formal eher nominell ist. Das wird wohl nicht klappen. Ich glaube also, dort liegt wahrscheinlich die Lösung nicht. Es haben sich wie gesagt zu viele auch internationale Interessenten für den deutschen Bankenmarkt mit Einrichtungen dieser Art die Finger verbrannt.
Das Zweite: Die Überlegung Redimensionierung ist mit Sicherheit der Prozess, der ja schon eine Weile eingeleitet ist. Ob er, wenn das einfach nur schematisch, wie das in dem Vorschlag eben gerade angedeutet wurde, geplant ist, also so was wie auf 30 Prozent runter, das halte ich für sehr, sehr unrealistisch. Redimensionierung muss auch bedeuten, dass man auf Geschäfte kommt, die tragfähig sind und nicht nur einfach kleiner werden. Insofern glaube ich also auch, dass dieser Vorschlag am Ende es nicht sein wird.
Und der Dritte: Die Funktionen, die die Sparkassen des Landes Nordrhein-Westfalen und der Umgebung brauchen, die sollten sicherlich erhalten bleiben. Wenn es nicht andere Einrichtungen übernehmen, diese Funktionen, dann müsste eine kleine WestLB übrig bleiben. Das bedeutet aber natürlich, dass sowohl das Land Nordrhein-Westfalen, wie auch die Sparkassen, die Träger dieser Einrichtung, in ein ungewisses Obligo gehen, und das wird es wohl am Ende zwar sein, aber es ist natürlich auch eine große Unsicherheit.
Müller: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Herr Walter, heißt das, Redimensionierung, also die Aufteilung in kleinere Einheiten, das ist die einzige Alternative für die Zukunft?
Walter: Mein Eindruck ist, dass man auf - - Nein, ich würde sagen, die WestLB muss eine Zentrale für Geschäfte der Sparkassen werden, die die Sparkassen selber wegen ihrer Größe und ihrer regionalen Abgegrenztheit nicht durchführen können. Das könnten aber natürlich theoretisch auch andere Einrichtungen in Deutschland machen. Wenn aber die Sparkassen und das Land glauben, dass das, weil es traditionell eben in Düsseldorf gemacht wurde, auch dort bleiben soll, bleiben eben auch die Eigentümerrisiken bei den Sparkassen Nordrhein-Westfalens und beim Land Nordrhein-Westfalen. Ich glaube, es läuft auf die dritte Lösung hinaus, also auf die, dass die zentrale Funktion der WestLB erhalten bleibt, eigenständig erhalten bleibt, auch deshalb, weil andere Institutionen Interesse in diesen schwierigen Zeiten an einem sinkenden Schiff nicht haben.
Müller: Aber auch diese zentrale Funktion, wo Sie sagen, das muss erhalten bleiben, bedeutet, alles wird kleiner und es werden noch mehr Leute entlassen?
Walter: Alles wird kleiner und auch Assets werden sicherlich weiter veräußert werden in diesem Prozess. Wie klein diese Einrichtung dann werden wird, das ist schwer abzuschätzen, aber kleiner, die Tendenz ist klar.
Müller: Wer wird alles die Zeche zahlen?
Walter: Könnten Sie die Frage gerade noch mal wiederholen?
Müller: Wer wird alles die Zeche zahlen, wer kommt dafür auf?
Walter: Es ist vollkommen klar, dass die Eigentümer das sind, das heißt das Land Nordrhein-Westfalen und natürlich die anderen Eigentümer, die Sparkassen, die Träger dieser Einrichtung sind. Was die beiden natürlich versuchen werden ist, dass sie den Bund im Boot halten und den Bund sicherlich auch in Haftung nehmen wollen, aber ich glaube, da wird es harten Widerstand geben, das wird auf eine bestimmte Menge begrenzt bleiben und am Ende sind die Gewährträger das Land und die Sparkassen, diejenigen, die die Risiken zu tragen haben.
Müller: Das ist ja alles kein Wunschkonzert. Aber dennoch die Frage: Ist das gut, wenn die Politik nach wie vor führend mitspielt?
Walter: Es gibt keine Alternative dazu. Allerdings muss man sagen, die Eigentümer, die Sparkassen und das Land Nordrhein-Westfalen, haben damals, als die Landesbanken in Deutschland noch hätten restrukturiert werden können, als Steinbrück eine sehr starke Initiative übernahm, vor etwa drei Jahren, geschlafen und glaubten, sie seien stark, und nunmehr müssen sie die Suppe auslöffeln. Wer damals ein Angebot des Bundes ablehnt und die Führung durch den Bund ablehnt, sollte jetzt nicht nach dem Geld des Bundes rufen.
Müller: Das heißt, die Suppe auslöffeln müssen letztendlich auch die Steuerzahler?
Walter: Das sind die Steuerzahler, in diesem Fall dann diejenigen, die für das Budget in Nordrhein-Westfalen geradestehen, das Parlament in Düsseldorf, und es sind natürlich letztlich auch die Sparkassen, die eine Erschwernis ihrer Geschäfte haben.
Müller: Machen wir hier einen kleinen Schnitt, Norbert Walter, bleiben aber bei der Politik, bei der Politik und den Banken. Der Wirtschaftsberater der Kanzlerin, der 42-jährige Jens Weidmann, soll ja Nachfolger von Axel Weber werden, der den Chefposten bei der Bundesbank im April aufgeben wird. Das ist immer noch nicht offiziell bestätigt, das könnte aber im Laufe dieses Vormittags passieren. Ist das eine gute Entscheidung?
Walter: Das ist eine gute Entscheidung. Jens Weidmann ist ein Fachmann, der schon als Fachmann nach Berlin ins Kanzleramt ging. Er war ja aus der Bundesbank dort hingekommen. Jens Weidmann ist ein erfahrener, wirtschaftswissenschaftlich gut ausgebildeter Mann, ist ein ruhiger Charakter, ist jemand, der die Arbeit in einer so wichtigen Institution wie der Bundesbank mit Ruhe und mit Fachkenntnis führen kann. Er ist noch jung, er ist sicherlich, was die Ränkespiele anlangt, die ja auch im Bezug auf politische Ämtervergabe beispielsweise für den Bundesbankpräsidenten zu erledigen sind, wie man bei Axel Weber in verschiedenen Herausforderungen gesehen hat, Erinnerung Sarrazin - - Das ist natürlich etwas, was man ihm nicht wünscht. Ich hoffe, dass ihm solche Probleme erspart bleiben.
Müller: Er ist ja nicht nur jung, Herr Walter, sondern auch eben in der Politik eingebunden. Er kommt aus dem Kanzleramt. Ist das nicht ein Menetekel mit Blick auf die Unabhängigkeit?
Walter: Das könnte so sein, das muss aber nicht so sein, und in diesem speziellen Fall ist es mit Sicherheit nicht so, und ich glaube noch nicht einmal, dass es diesen Verdacht gibt. Alle diejenigen, die ihn auch nur ein bisschen kennen, wissen, dass das eine unzutreffende Vermutung ist. Aber ich will einfach mal darauf zurückverweisen: Als ein Journalist vom Ursprung und ein SPD-Mitglied und ein Mitglied der Regierung der SPD Bundesbankpräsident wurde, Karl Otto Pöhl, hat sich die Welt auch aufgeregt und war in Sorge, ob das der Werthaltigkeit des Geldes dient. Karl Otto Pöhl war ein wunderbarer, ein stabilitätsorientierter Zentralbankpräsident. Also die Europäische Zentralbank oder die Bundesbank haben eine so gute Verfassung, dass solche Gefährdungen nicht bestehen.
Müller: Heute Morgen im Deutschlandfunk der Bankenexperte Norbert Walter. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.
Walter: Sehr gerne, Herr Müller.