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Zentralrat der Juden
Schuster wird neuer Präsident

Der Zentralrat der Juden ordnet seine Führungsspitze neu. Bei der Ratsversammlung wurde der bisherige Vizepräsident Josef Schuster erwartungsgemäß zum Nachfolger des Präsidenten Dieter Graumann gewählt. Es gab keinen Gegenkandidaten.

    Josef Schuster, der designierte Präsident des Zentralrats der Juden
    Josef Schuster, der designierte Präsident des Zentralrats der Juden (dpa / picture alliance / Daniel Karmann)
    Schuster ist Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde in Würzburg und Unterfranken sowie Präsident der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern. Auch beide Stellvertreter-Posten im Zentralratspräsidium wurden am Sonntag neu besetzt, mit Mark Dainow aus der Jüdischen Gemeinde Offenbach und Abraham Lehrer aus der Synagogen-Gemeinde Köln.
    Am Montag hören Sie gegen 7.15 Uhr ein Interview mit Josef Schuster.
    Schuster bezeichnete sich im Interview mit Deutschlandradio Kultur als traditioneller, nicht als orthodoxer Jude. Der 60 Jahre alte Arzt aus Würzburg sagte, "die Situation mehrerer jüdischer Gemeinden an ein und demselben Ort halte ich persönlich für problematisch". Es mache aber wenig Sinn, "in mittelgroßen und kleinen jüdischen Gemeinden mehrere Richtungen zu haben, die dann konkurrieren und mittelfristig gesehen alle keine Überlebenschancen hätten". Der wachsende Antisemitismus in Deutschland mache Schuster Sorgen. Jüdische Menschen hätten den Zentralrat gefragt, "kann man noch in Deutschland leben oder ist die Situation so, dass es sinnvoll ist, die Koffer zu packen?".
    Der bisherige Präsident des Zentralrats, Dieter Graumann, trat nicht zur Wiederwahl an. Die Belastung durch das Ehrenamt sei zu groß gewesen, begründete Graumann seinen Rückzug.
    "Muslimen die Hand reichen"
    Der Leiter des Abraham-Geiger-Kollegs, Rabbiner Walter Homolka, hofft, dass der künftige Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland "auf orthodoxe und liberale Kräfte integrierend" wirken wird. Homolka sagte im Deutschlandfunk, er gehe davon aus, dass der Zentralrat nach der Wahl sichtbarer und vielfältiger agieren werde. Mit Blick auf die Beziehungen zur muslimischen Gemeinschaft sprach sich Homolka dafür aus, die ständigen Arbeitskontakte auszuweiten und den Muslimen öffentlich die Hand zu reichen.
    Bei einer Rabbinerordinationsfeier in der Neuen Synagoge in Erfurt spricht Rabbiner Walter Homolka.
    Der Rabbiner Walter Homolka (Martin Schutt, dpa)
    Schuster habe "große Fähigkeiten" und bringe "allen Formen des Judentums großen Respekt" entgegen, sagte Homolka.
    Juden in Deutschland
    Jüdisches Leben auf dem Gebiet der Bundesrepublik gibt es seit mehr als 1.700 Jahren. Vor der nationalsozialistischen Machtergreifung lebten 1933 auf dem Gebiet des Deutschen Reiches rund 570.000 Juden. In der Folge des Holocaust wurden 180.000 von ihnen ermordet, sehr viele flohen. 1950 gab es nur noch etwa 15.000 Juden in Deutschland. Eine Zukunft jüdischen Lebens im Land der Täter schien unwahrscheinlich und war innerjüdisch umstritten.
    Der Zentralrat der Juden beziffert die Zahl der Mitglieder in den zum Zentralrat gehörenden jüdischen Gemeinden auf 101.300. Der größte Teil davon kam in den vergangenen Jahren aus Staaten der ehemaligen Sowjetunion. Die größten Gemeinden sind in Berlin, München, Frankfurt am Main und Düsseldorf. Das Spektrum der religiösen Richtungen im Judentum reicht von streng orthodox über Reform-, konservative und liberale Gemeinden. Der Dachverband vertritt die gemeinsamen Interessen der jüdischen Gemeinschaft gegenüber Staat und Öffentlichkeit, fördert das religiöse und kulturelle Leben und setzt sich für den Erhalt des geschichtlich-kulturellen jüdischen Erbes in Deutschland ein.
    (sdö/dk)