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Anlauf gegen Gewalt im Sport
Analyse bestätigt: Beratungsstelle wirkt

Heute stand im Sportausschuss des Bundestages das Thema interpersonale Gewalt im Sport auf der Tagesordnung. Konkret der aktuelle Stand beim geplanten Zentrum für Safe Sport und der Erfahrungsbericht der Beratungsstelle „Anlauf gegen Gewalt“.

Von Andrea Schültke |
Eine Turnerin während ihres Programms am Schwebebalken
Im Sport fehlen oft die Strukturen, um effektiv gegen sexualisierte Gewalt vorgehen zu können (picture alliance / ZB / Thomas Eisenhuth)
Seit sechs Monaten gibt es „Anlauf gegen Gewalt“. Die erste unabhängige Beratungsstelle für Betroffene von psychischer, physischer und sexualisierter Gewalt im Sport. Eine Initiative des Vereins Athleten Deutschland. Der hat dem Sportausschuss eine wissenschaftliche Untersuchung der Arbeit seiner Anlaufstelle präsentiert. Fazit: „Anlauf gegen Gewalt wirkt, für Kaderathletinnen und -Athleten. Wir hatten über 90 Anfragen von Mai bis Ende Oktober“, nennt Maximilian Klein von Athleten Deutschland die Fakten.

Sowohl aktive als auch ehemalige Kaderathletinnen - überwiegend Frauen - hätten sich bei der Anlaufstelle gemeldet. Sie hätten über alle Formen von Gewalt berichtet, sexuelle Gewalt mit und ohne Körperkontakt etwa, aber in den allermeisten Fällen sei es um psychische Gewalt gegangen.

Ein Klima, das klein macht

Nadine Dobler von Anlauf gegen Gewalt beschreibt etwa Berichte über eine gezielt hergestellte Atmosphäre psychischer Gewalt im leistungssportlichen Alltag der Athletinnen: „Niemand traut sich Verletzungen anzuzeigen, weil die ignoriert werden, es geht darum nachts überwacht zu werden, ob ich zu Hause bin. Es wird ein Klima geschaffen, was klein macht und nieder macht. Und wo Betroffene zum Teil 15 Jahre später noch an den psychischen Folgen leiden.“

Die Betroffenen wünschten sich von Anlauf gegen Gewalt in erster Linie psychosoziale Beratung, so die Untersuchung. Außerdem wollten sie durch ihre Meldung aktive Täter aus dem Sport entfernen. Solche Sanktionen als Folge von Intervention sollen dann eine der Aufgaben des unabhängigen Zentrums für Safe Sport sein. Die Einrichtung einer solchen übergeordneten unabhängigen Stelle begrüßt auch der Deutsche Olympische Sportbund.

Schutzlücken schließen

Der hatte mit seinen Mitgliedern einen Abstimmungsprozess durchgeführt, um zu einer gemeinsamen Haltung zu kommen. „Das Zentrum kann und soll dabei helfen, Schutzlücken im Sport zu schließen.“ So Christina Gassner, Vorstandsmitglied des Deutschen Olympischen Sportbundes.

Der Sport wolle sich nun an dem in einer Woche beginnenden sogenannten „Stakeholderprozess“ zum Zentrum für Safe Sport beteiligen: „Der Zweck dieses Stakeholder Prozesses ist nicht, dort ein fertiges Konzept vorzulegen, sondern die Stakeholder erstmal zu Wort kommen zu lassen, ihnen zuzuhören“, so Steffen Rülke, Abteilungsleiter Sport im Bundesinnenministerium. Das ist für die Umsetzung des Zentrums für Safe Sport zuständig. Grundlage: die Ergebnisse des „Stakeholderprozesses“, die im Sommer vorliegen sollen.