"Diese Entscheidung hat mich nicht überrascht. Dieser Papst trifft ja immer wieder Entscheidungen, die im Vatikan beispiellos sind. Und es entspricht ja auch seinen bisherigen Schriften, in denen es um Umweltschutz und Gesundheit geht. Insofern ist er nur konsequent und ich wundere mich nicht."
Salvatore Cernuzio ist Vatikanexperte der Tageszeitung "La Stampa". Er kennt den Papst gut. Eigentlich wundert er sich nur, dass Franziskus nicht noch viel früher den Verkauf von Zigaretten im Vatikan verboten hat. Seit dem 1. Januar 2018 dürfen auf päpstliche Anordnung keine Glimmstängel mehr im vatikanischen Supermarkt und anderswo auf päpstlichem Territorium verkauft werden.
Salvatore Cernuzio: "Der Papst verweist auf die letzten und alarmierenden Daten der Weltgesundheitsbehörde. Danach sterben pro Jahr aufgrund von Zigarettenkonsum sieben Millionen Menschen weltweit. Der Heilige Stuhl solle aber keine Tätigkeit unterstützen, die der menschlichen Gesundheit schade."
Die lange Geschichte von Päpsten und Tabak endet
Rauchen ist in öffentlichen Gebäuden im Vatikan seit Langem untersagt. Mit dem päpstlichen Zigarettenverkaufsverbot auf dem Gebiet des Heiligen Stuhls endet nun auch die Jahrhunderte lange Geschichte von Päpsten und Tabak. Eine Geschichte, die Mitte des 16. Jahrhunderts begann. Die römische Kirchenhistorikerin Giovanna Barbera:
"Anfangs wurde der Tabak in Rom 'erba santacroce', Santacrocekraut, genannt. Der Name bezieht sich auf jenen Geistlichen, der als erster Tabak nach Rom brachte, im 16. Jahrhundert. Kardinal Prospero Santacroce war Nuntius in Lissabon. In Portugal lernte er den französischen Diplomaten Jean Nicot kennen, der sich nie hätte träumen lassen, dass ihn die Nachwelt mit einem Alkaloid, dem Nicotin, in Verbindung bringt."
Nicot war der erste, der Tabak aus Südamerika nach Paris geschickt hatte, im Jahr 1550. Zehn Jahre später schenkte Kardinal Santacroce Papst Pius IV. einige Samenkörner der Tabakpflanze.
"Die Römer rauchten sogar während der Gottesdienste"
Giovanna Barbera: "Die ersten, die in Italien Tabak anbauten, waren Zisterziensermönche bei Rom. Sie rühmten die medizinischen Vorzüge des Krauts. Und der Tabak kam mehr als gut an: die Römer schnupften, kauten und rauchten sogar in den Kirchen, während der Gottesdienste."
Das Tabakschnupfen, -rauchen und –kauen nahm im Staat der Päpste anscheinend so große Ausmaße an, dass Papst Urban VIII. 1624 denjenigen mit der Exkommunizierung drohte, die in Kirchenbauten übermäßig stark rauchten. Doch schnell erkannten die Päpste, dass man mit Tabak auch Geld verdienen konnte, erklärt die Historikerin Giovanna Barbera:
"Alexander VII. schuf das erste Tabakmonopol in Europa, 1655, als er mit einem offiziellen Schreiben, den Brüder Michilli die Verantwortung für die Tabakproduktion in Trastevere übertrug."
Große Einnahmen aus der Tabaksteuer
Das Tabakgeschäft der Päpste lief gut. So gut, dass 1742 Benedikt XIV. eine neue und große Tabakfabrik errichten ließ, von dem damaligen Stararchitekten Luigi Vanvitelli. 1860 fasste Papst Pius IX. alle Tabakfabriken seines Kleinstaates zusammen - in einer großen modernen Manufaktur an der Piazza Mastai im römischen Stadtteil Trastevere.
Obwohl sie kräftig Steuereinnahmen von ihren Tabakunternehmer kassierten, sprachen sich die Päpste immer wieder gegen den exzessiven Genuss von Tabak aus. Auch im Katechismus. Dort wird ausdrücklich jede Form von Exzess mit Genussmitteln wie Alkohol und Tabak verurteilt. Als entschiedene Tabakliebhaber gingen verschiedene Päpste trotzdem in die Kirchengeschichte ein. Darunter Pius IX. Er soll besonders das Tabakschnupfen geliebt haben.
Als der spätere Papst Johannes XXIII. in den 1940er Jahren Nuntius in Paris war ließ er sich sogar mit einer Zigarette in der Hand ablichten. Von Paul VI. ist bekannt, dass er bei Staatsbesuchen Aschenbecher aufstellen ließ, um seine Besucher zum Rauchen anzuregen. Gepafft wird anscheinend auch während der Papstwahl.
Rauchen als Medizin gegen fleischliche Versuchungen
Giovanna Barbera: "Im Jahr 2013 erklärte Padre Federico Lombardi, damals Papstsprecher, dass die Kardinäle während des Konklave rauchen dürfen, aber nur unter freiem Himmel und nicht in geschlossen Räumlichkeiten."
Während des Konklave, das Papst Johannes Paul I. wählte, im August 1978, soll vor allem Kardinal Vicente Enrique y Tarancon aus Madrid, durch chronisches Rauchen aufgefallen sein. Dass dem katholischen Würdenträger anscheinend nichts anhaben konnte: er starb im stolzen Alter von 94 Jahren.
Im Vatikan verteidigen sich hartnäckige Raucher immer wieder augenzwinkernd mit dem Hinweis auf Josef von Copertino: Der Heilige und Ordensmann aus dem 18. Jahrhundert war felsenfest davon überzeugt, dass ständiges Rauchen die beste Medizin gegen fleischliche Versuchungen sei.