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Zischen im Ohr

Es kann ein Klingeln sein, ein Knattern oder Brummen. Etwa jeder zehnte, sagen Schätzungen, wird zeitweise oder auch dauerhaft von störenden Geräuschen im Ohr belästigt. Doch besonders Ohrgeräusche, die mit dem Herzschlag pulsieren, werden oft nicht richtig erkannt.

Von Renate Rutta |
    Ohrgeräusche gibt es viele. Meistens ist es ein Klingeln, Pfeifen, Summen oder Brummen.

    "Den echten Tinnitus, den kann der Arzt gar nicht hören. Den hört wirklich nur der Patient, der sagt, es piepst im Ohr."

    Sagt Professor Michael Forsting, Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Neuroradiologie am Universitätsklinikum Essen.
    Manche Patienten hören jedoch eher ein Zischen und zwar im Takt des Herzens und dieses Zischen hört nicht nur der Patient.

    "Das kann der Arzt auch hören. Er muss einfach nur das Stethoskop nehmen und hält es in Ohrnähe des Patienten und dann wird es fast immer gelingen, dieses Geräusch auch zu hören."

    Das Zischen entsteht nicht im Ohr selbst, sondern wird oft durch Veränderungen der Blutgefäße verursacht.

    "Eine Ursache kann immer eine Engstelle in einem Blutgefäß sein, weil dann das Blut plötzlich nicht mehr ganz normal strömt, sondern verwirbelt wird. Weitere Ursachen können sein Ausbeulungen an den Gefäßen. Wir Mediziner nennen das Aneurismen, und diese Ausbeulungen können auch mal platzen und deswegen sollte man die behandeln. Und eine dritte relativ häufige Ursache sind Kurzschlussverbindungen zwischen Arterien und Venen. Und dann fließt das Blut plötzlich viel schneller in diesen Venen und auch da muss man sehr genau hingucken, ob das nicht eine gefährliche Situation ist für den Patienten."

    Das kann beispielsweise das Risiko einer Hirnblutung sein. Oder es handelt sich um eine ganz harmlose Anomalie. Um die Gefährlichkeit einschätzen zu können, führt der Arzt eine Katheterangiographie durch, eine Gefäßdarstellung von der Leiste aus mit einem Katheter. Professor Erich Hofmann, Direktor der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie am Klinikum Fulda.

    "Wenn es eine harmlose Variante ist und der Patient von diesem Geräusch nicht sehr geplagt wird, dann kann man ihn beruhigen und sagen: wenn es schlimmer wird, wenn Sie Schlafstörungen bekommen, dann können wir das immer noch symptomatisch behandeln, veröden mit Kathetertechniken. Wenn allerdings eine Gefährdung des Gehirns besteht, durch Hirnblutung z.B. als Risiko, dann muss man in der Regel durch Katheterverödungen und oder neurochirurgische Operationen
    die Ursache beseitigen."

    Ursache der Ohrgeräusche können auch meist gutartige Tumoren sein. In Ohrnähe treten sogenannte Glomustumoren auf. Sie sind reich an Blutgefäßen, in denen das Ohrgeräusch entsteht. Bevor man sie operiert, werden sie zunächst mit einem Katheter verödet und damit verkleinert. Dann kann man die Reste entfernen und die Ohrgeräusche verschwinden.

    In anderen Fällen werden die veränderten Gefäße entweder verstopft oder aufgedehnt.

    Das pulssynchrone Ohrgeräusch kann also in vielen Fällen gut behandelt werden – vorausgesetzt es wird richtig erkannt.
    Manchmal jedoch entsteht das Ohrzischen durch eine harmlose anatomische Variante, die man nicht beseitigen kann.

    "Es gibt ganz selten mal anatomische Veränderungen, die angeboren sind und die dann aber erst im Laufe des Lebens zu einem Ohrgeräusch führen, weil die Gefäße leider Gottes etwas starrer werden im Alter und dann fließt das Blut plötzlich anders. Es gibt zum Beispiel Halsschlagadern, die durchs Mittelohr laufen und dann bei 50-Jährigen plötzlich ein Ohrgeräusch machen. Daran kann man natürlich nichts machen. Aber dann lebt es sich etwas leichter mit dem Ohrgeräusch, wenn man weiß, es ist nichts Gefährliches."