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Zoff bei Computer Bild

Die IT-Zeitschriften stecken in der Krise. Seit Jahren geht der Verkauf bei den Print-Artikeln. Die Axel-Springer-AG hat jetzt reagiert und sorgt damit für Unmut im eigenen Haus. Grund: Die gesamte Computer-Bild-Gruppe soll in eine GmbH ausgegliedert werden.

Von Nikolaus Steiner |
    Peter Jebsen erfährt die Unzufriedenheit seiner Redaktionskollegen täglich am eigenen Leib. Als leitender Redakteur der Zeitschrift "Audio, Video, Foto BILD" weiß er genau, was ihnen unter den Nägeln brennt.

    "Die Kolleginnen und Kollegen sind empört darüber, dass sie, von denen einige 15 Jahre lang bei 'Computer Bild‘ und Co zu den Millionengewinnen beigetragen haben, jetzt aus der AG hinaus befördert werden sollen"

    Der Vorstand will die Redaktionen der Techniktitel-Gruppe von der Axel-Springer AG zu den Online-Kollegen in die Computer Bild Digital GmbH ausgliedern, die nicht dem Tarifvertrag unterliegt. Die Mitarbeiter haben Sorge, dass es in der GmbH keine Sicherheit gibt, dass jeder seinen Job auch behalten wird. Stefan Endter vom Deutschen Journalisten Verband Hamburg kritisiert den Plan der Geschäftsleitung aufs Schärfste.

    "Der bereinigte Konzernüberschuss ist im Jahr 2011 um über 21% auf 343 Millionen Euro gesteigert worden! Und zu diesem Zeitpunkt erklärt man den Mitarbeitern, dass man sie ausgliedern müsse und dass sie damit rechnen, müssten ihre Arbeitsplätze zu verlieren!"
    Doch auch wenn es der Axel-Springer AG so gut geht wie nie zu vor - die IT-Zeitschriften stecken in der Krise. Allein Computer BILD verlor in elf Jahren rund die Hälfte der Auflage. Deshalb sind sich alle Beteiligten einig, dass sich etwas ändern muss.

    "Die Redaktionen aber auch die nicht-redaktionell Beschäftigten sind bereit jedes sinnvolle Konzept engagiert mitzutragen, sie wollen das nur weiter als Beschäftigte der Axel-Springer AG tun und sie wollen keine Angst um ihren Arbeitsplatz haben müssen."

    Die Mitarbeiter hätten den Eindruck, dass es der Springer AG lediglich um die Rendite gehe, sagt DJV-Sprecher Endter. Die Mitarbeiter haben deshalb einen offenen Brief an die Konzernspitze geschickt.

    Peter Jebsen: "Die betroffenen Redaktionen haben den Vorstandsvorsitzenden, Dr. Mathias Döpfner, darum gebeten, auch bei Ihnen den 'Code of Conduct' der Axel-Springer AG ernst zu nehmen. Dort heißt es nämlich wörtlich: 'Wir haben erkannt, dass Anerkennung und Respekt die wichtigsten Grundlagen für Leistung sind"."

    Vorstandschef Döpfner hat Jebsen und seinen Kollegen in einem internen Schreiben geantwortet: Die Umsatzrückgänge gegenüber den Vorjahren seien dramatisch. Wenn man nicht handle, sei absehbar, dass die Computer-Bild Titel sämtlich in die Verlustzone rutschten bzw. dort dauerhaft verblieben. Offiziell will die Springer AG zu dem Streit kein Interview geben. Sie verweist auf eine Pressemitteilung im Februar. Darin heißt es, dass das Hauptziel der Ausgliederung darin besteht, dass Print und Online enger zusammenarbeiten, als bisher. Dagegen haben auch die Mitarbeiter nichts, weiß Stefan Endter vom DJV

    " "Mit Blick auf diese Situation muss man sicher journalistisch überlegen, welche konzeptionelle Änderungen nötig sind, um die Blätter am Markt zu halten und die Auflagensituation zu verbessern. Das kann aber nach wie vor innerhalb der Axel-Springer AG geschehen, dazu braucht es keinen Wechsel in eine tariffreie GmbH."

    Die Auflagen-Probleme im Hause Springer sind symptomatisch für die gesamte Branche der IT-Zeitschriften, sagt Andreas Schümchen, Professor für Technikjournalismus an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.

    "Printmedien befinden sich ja generell in einer Strukturkrise und Computerthemen, genauso Computerinteressierte sind ganz nah am Internet. Da ist es nur logisch, dass dieses Segment ganz besonders unter der Situation leidet"."

    Zeitschriften, die z.B. ein Mal in der Woche oder ein Mal im Monat erscheinen und sich an internetaffine Kunden richten, haben es schwer mit den Online-Angeboten mitzuhalten. Schließlich informiert sich die Zielgruppe hauptsächlich über das Netz und will die Informationen sofort.
    ""Breit aufgestellte Computer-Titel wird es in der Zukunft nur wenige geben. Deshalb glaube ich, dass es eine stärkere thematische Differenzierung nach Endgeräten, nach Anwendungsfeldern, aber auch nach Nutzerzielgruppen geben wird."

    Die Stärke der journalistischen IT-Produkte sei die Glaubwürdigkeit, meint Andreas Schümchen. Zwar gebe es im Netz jede Menge Tests und Käuferbewertungen gratis, doch einer etablierten Zeitschrift würden die Konsumenten eher vertrauen und seien auch bereit, dafür zu zahlen.
    Wie die Zukunft im Hause Springer aussieht, ob der Streit zwischen Vorstand und den Technikredaktionen eskalieren oder doch ein Kompromiss gefunden wird – ist offen.