Der Rotterdamer Hafen, weit draußen auf der Maas-Ebene bei Hoek van Holland – da, wo die größten Containerschiffe der Welt anlegen können. Mitten zwischen den Terminals liegt die Zollbehörde.
Ein Lkw mit Schiffscontainern trifft zur Scanner-Kontrolle ein. Er bekommt das Signal, auf die Plattform zu fahren. Die zieht ihn in den Tunnel durch die Röntgenstraße, erklärt der Sprecher der Hafenzollbehörde Onno van Elswijk.
"Dort machen wir zwei Fotos, eins von oben, eins von der Seite. Diese Fotos werden dann bei uns im ersten Stock in der Bildschirmanalyse überprüft. Dort sehen wir, ob das Schiff wirklich das an Bord hat, was in den offiziellen Papieren steht."
Gut ein Dutzend Scanner hat die Zollbehörde im Einsatz, erzählt der 38 Jahre alte Niederländer – nicht nur im Zollhauptgebäude, auch direkt an den Terminals. Damit werden pro Tag rund 120 Kontrollen durchgeführt.
"Es ist wie mit der Nadel im Heuhaufen"
Onno van Elswijk bleibt kurz stehen und deutet aus dem Fenster auf ein Terminal, wo ein Schiff der taiwanesischen Reederei Yang Ming angelegt hat – eines der größten der Welt:
"Diese Schiffe sind bis zu 400 Meter lang und 60 Meter breit, da passen 20.000 Container drauf. Früher konnten die größten Schiffe maximal 8.000 Container transportieren. Es ist wie mit der Nadel im Heuhaufen, es geht um gigantische Mengen, und wir müssen darin die Container finden, in denen Schmuggelwaren versteckt wurden."
Waffen zum Beispiel. Gefälschte Markenkleidung, geschützte Tiere und Pflanzen, Zigaretten. Und Drogen: Marihuana, Hasch, Heroin. Vor allem aber Kokain. Aus Lateinamerika. Die Menge hat sich im letzten Jahr verdoppelt – 2017 konnten im Rotterdamer Hafen rund 10.000 Kilogramm beschlagnahmt werden, 2018 waren es rund 20.000 Kilogramm.
"Das liegt zum einen daran, dass sich der Kokainhandel in Kolumbien inzwischen in den Händen von mehreren kriminellen Organisationen befindet; früher hatte die Rebellengruppe Farc alles unter Kontrolle. Zweitens dürfen die Coca-Felder nicht mehr vernichtet werden, indem sie mit Gift besprüht werden. Weil es für die Umwelt zu schädlich ist."
Dieser Beitrag ist Teil der Reportagereihe "Europa im Rausch – Den Drogen auf der Spur".
Im Bildschirmanalyse-Büro sitzt Aad Bot an seinem Schreibtisch und kontrolliert Röntgenbilder auf mehreren Bildschirmen.
An den verrücktesten Orten ist er schon fündig geworden. In Containerwänden, Autoreifen und Bilderrahmen, im Stoff von Jeanshosen und in Bohrmaschinen.
Schwarze Flecken auf Röntgenbild des Kühlcontainers
Die meisten Kontrollen beruhen auf Risikoanalysen. Herkunftsland und Art der Ladung spielen dabei eine Rolle. Die Experten achten auf Abweichungen und bestimmte Kombinationen. Früchte aus Lateinamerika zum Beispiel sind verdächtig.
Weil Obst zu den leicht verderblichen Waren zählt, die schnell abgefertigt werden müssen, erklärt Onno und zeigt auf das Röntgenbild eines Kühlcontainers, in dem 70 Kilogramm Kokain gefunden wurden, versteckt in den Kühlaggregaten: zwei große schwarze Flecken auf dem Röntgenbild.
Manchmal werden die Drogen auch im Rumpf der Schiffe versteckt. Oder sie hängen außen am Schiffsrumpf. Deshalb hat die Zollbehörde Taucher im Einsatz und die so genannte Black Gang: Männer in orangefarbenen Overalls, die alle Ecken eines Schiffs durchsuchen und schwarz vor Ruß und Öl wieder zum Vorschein kommen. Dabei werden sie von Drogenspürhunden unterstützt. Nicht nur von Schäferhunden, auch von Jack-Russell-Terriern, weil diese Hunde so klein sind, dass sie in jeden Winkel kommen.
Ganz neu hingegen ist der Einsatz von Drohnen. Er ist noch in einer Testphase. Denn die meisten Mengen an Kokain werden direkt hinter den Containertüren gefunden, wo sie in Sporttaschen abgestellt wurden. Damit sie nach Ankunft in Rotterdam ganz schnell abgeholt werden können – ein Handgriff reicht. Rip off heißt das im Schmuggel-Fachjargon.
"Drogenschmuggler sind erfinderisch, aber wir sind es auch"
Diese Eindringlinge, die sich aufs Containergelände schleichen, sollen mit den Drohnen schneller entdeckt werden, erklärt der Direktor der Hafenzollbehörde Jan Kamp:
"Es bleibt ein Katz-und-Maus-Spiel, die Drogenschmuggler sind erfinderisch, aber wir sind es auch, wir suchen immer nach neuen Methoden, und die probieren wir dann aus. Es wird uns niemals gelingen, den Hafen so abzuriegeln, dass nur noch das reinkommt, was reinkommen soll. Das wird auch keinem anderen Hafen auf der Welt gelingen, das ist eine Utopie. Aber wir können die Hemmschwelle erhöhen und Barrieren auftürmen. Um Kriminelle abzuschrecken und dafür zu sorgen, dass sie vielleicht nicht mehr nach Rotterdam wollen."