Liran Samuni: "Oft gibt es einen Hinweis, dass es gleich passiert, denn – sie werden ganz still. Wenn sie zum Beispiel eine Gruppe kleiner Affen hören, ändern sie ihre Richtung und nähern sich ihr."
16 Monate lang beobachtete die israelische Biologin Liran Samuni, wie Gruppen freilebender Schimpansen im Taï Nationalpark in der Elfenbeinküste andere Primaten jagten, darunter Kleine Weißnasenmeerkatzen oder Rote Stummelaffen.
"Wenn sie die Gruppe der anderen Affen erreichen, verteilen sie sich, klettern hoch in die Bäume und versuchen die Tiere an einen Ort zu treiben, wo sie sie besser jagen können. Dann kommen sie aus unterschiedlichen Richtungen, bewegen sich aufeinander zu und versuchen, einen Affen zu fangen."
"Wenn sie die Gruppe der anderen Affen erreichen, verteilen sie sich, klettern hoch in die Bäume und versuchen die Tiere an einen Ort zu treiben, wo sie sie besser jagen können. Dann kommen sie aus unterschiedlichen Richtungen, bewegen sich aufeinander zu und versuchen, einen Affen zu fangen."
Gemeinschaft macht die Jagd erfolgreich
Rund 140 Mal beobachtete und filmte Liran Samuni Schimpansen bei der Jagd. In etwas mehr als der Hälfte der Fälle, waren die Tiere erfolgreich – und zwar meist wenn mehrere Tiere an der Jagd teilnahmen. Versuchte ein Schimpanse allein sein Glück, ging er für gewöhnlich leer aus. Kooperation zahlte sich also aus. Und das galt nicht nur für den Jagderfolg sondern auch die anschließende Fleischmahlzeit, wie die Daten der Biologin zeigten.
"Wenn ich aktiv an der Jagd teilnehme – auf Bäume klettere und die Affen mit verfolge – bekomme ich am Ende mit größerer Wahrscheinlichkeit etwas vom Fleisch ab als ein reiner Beobachter. Auch wenn ich nicht der Schimpanse bin, der die Beute tatsächlich fängt. Wir denken, dass dieser Effekt die Kooperation beim Jagen fördert."
"Wenn ich aktiv an der Jagd teilnehme – auf Bäume klettere und die Affen mit verfolge – bekomme ich am Ende mit größerer Wahrscheinlichkeit etwas vom Fleisch ab als ein reiner Beobachter. Auch wenn ich nicht der Schimpanse bin, der die Beute tatsächlich fängt. Wir denken, dass dieser Effekt die Kooperation beim Jagen fördert."
Fleißige Mitjäger bekamen mehr Fleisch
Schimpansen, die sich an der Gruppenjagd beteiligen, werden also für ihre Mühe belohnt – ein Anreiz, sich auch an künftigen Treibjagden zu beteiligen, um sich und anderen die wertvolle Nahrungsquelle Fleisch zu erschließen.
In einer zweiten Studie untersuchten Liran Samuni und ihre Mitforschenden, mit wem Schimpansen nach einer erfolgreichen Jagd Fleisch oder andere wertvolle Nahrung wie große Früchte und Honig bevorzugt teilen. Die Antwort: mit ihren Freunden.
"Die Idee dahinter ist: Mit Freunden, denen ich Nahrung abgebe, habe ich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft wieder zu tun – und damit Chancen auf eine Gegenleistung."
"Die Idee dahinter ist: Mit Freunden, denen ich Nahrung abgebe, habe ich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft wieder zu tun – und damit Chancen auf eine Gegenleistung."
Nach dem Teilen war der Oxytocin-Spiegel erhöht
Um zu verstehen, was im Körper der Menschenaffen geschieht, wenn sie kooperieren, sammelte Liran Samuni Urinproben von Schimpansen in unterschiedlichen Situationen. Analysen zeigten, dass nach einer Gruppenjagd und nach dem Teilen nahrhafter Leckerbissen der Oxytocin-Spiegel deutlich erhöht war. Das Hormon spielt beim Aufbau sozialer Bindungen eine wichtige Rolle, zum Beispiel beim Stillen – einer ursprüngliche Form des Teilens von Nahrung zwischen Mutter und Kind.
"Nahrung teilen und Gruppenjagden sind etwas riskant: Ich jage mit, aber niemand garantiert mir, dass ich auch Fleisch erhalte. Ich gebe Nahrung ab, weiß aber nicht, ob ich in der Zukunft etwas zurück bekomme. Die Tatsache, dass die Oxytocin-Level in diesen Situationen erhöht sind, weist auf einen körperlichen Mechanismus hin, der wechselseitiges Geben und Nehmen unterstützt."
"Nahrung teilen und Gruppenjagden sind etwas riskant: Ich jage mit, aber niemand garantiert mir, dass ich auch Fleisch erhalte. Ich gebe Nahrung ab, weiß aber nicht, ob ich in der Zukunft etwas zurück bekomme. Die Tatsache, dass die Oxytocin-Level in diesen Situationen erhöht sind, weist auf einen körperlichen Mechanismus hin, der wechselseitiges Geben und Nehmen unterstützt."
Wie bei Schimpansen könnten Freundschaften und soziale Bindungen auch bei Menschen die Entwicklung von kooperativem Verhalten beeinflusst haben. Die Tiere bieten gleichsam ein Fenster, das den Blick auf unsere eigene Evolution erlaubt.
Rückschlüsse auf menschliches Verhalten
"Schimpansen gehören zu unseren engsten Verwandten im Tierreich. Wenn wir verstehen, welche Verhaltensmuster bei ihnen vorliegen, könnte uns das Hinweise auf das Leben unserer eigenen Vorfahren geben."
Vorangegangene Untersuchungen haben übrigens gezeigt, dass Mitglieder anderer Schimpansengruppen in Ostafrika ihre Nahrung nicht primär mit befreundeten Artgenossen teilen. Sie geben eher jenen etwas ab, von denen sie durch Betteln bedrängt werden. Teilen und Kooperation fußen also offenbar nicht immer auf denselben Mechanismen: eine Beobachtung, die auch bereits für unterschiedliche menschliche Gruppen gemacht wurde.