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Zu Besuch im Bio-Energiedorf Jühnde

Das erste Bioenergiedorf in Deutschland heißt Jühnde und liegt im Landkreis Göttingen, also im Bundesland Niedersachsen. Ein Jahr lang hatte ein Team aus Agrar-, Sozial- und Geowissenschaftlern mehrere Dörfer genauer unter die Lupe genommen und sich nun für Jühnde als Modellgemeinde entschieden. Und was soll nun in diesem Modelldorf geschehen? Was ist die Aufgabe eines Bioenergiedorfes ? Nun, künftig soll die gesamte Strom- und Wärmeversorgung komplett auf Bioenergie umgestellt werden; die selbständige Energieversorgung ist das Ziel.

von Carolin Hoffrogge |
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    Das ist schon eine schöne Sache, so als Vorreiter zu fungieren. Ich nehme an, dass Jühnde jetzt viel bereist wird - Jühnde wird berühmt.

    Landwirtsfrau Bärbel von Werder freut sich über die Entscheidung des Göttinger Forscherteams für Jühnde als Bioenergiedorf. Noch liegt das 800-Seelendorf verschlafen in wunderschöner hügeliger Landschaft - zwischen Göttingen und Hannoversch-Münden. 10 Landwirte wirtschaften auf den schweren Lehmböden. Sie bauen Getreide, Raps und Rüben an. Aber auch Kühe, Schweine, Pferde und Hühner sind in Jühnde noch zu finden. Ein Bilderbuchdorf und damit ideal für das Projekt Bioenergiedorf geeignet, meint Agrarwissenschaftlerin Dr. Marianne Karpenstein- Machan von der Universität Göttingen :

    Günstig ist, dass wir sehr viel unterschiedliche landwirtschaftliche Betriebe dort vorfinden, auch sehr heterogene Verhältnisse, was die Böden anbetrifft und dadurch auch sehr unterschiedliche Ertragsfähigkeit der Böden, so dass wir auch hier unsere Forschung auf eine sehr breite Basis stellen können, unterschiedliche Anbaukonzepte erproben können, damit eben auch die Übertragbarkeit auf andere Standorte sehr viel besser gegeben sein wird.

    Demnächst bezieht das Dorf Jühnde seine gesamte Energie aus nachwachsenden Rohstoffen zum Beispiel aus Raps, Hanf, Mais oder Weizen, dazu noch aus Gülle, Stroh oder Silage. Das bedeutet für die Landwirte viel Arbeit, aber auch mehr Geld, betont Agrarökonom Arne Suhr. Der Landwirt wandelt sich zum Energiewirt. Er kann die Energiepflanzen auf bisherigen Stillegungsflächen anbauen.

    Diese dürfen für den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen genutzt werden. Und das ist eine weitere Einnahmequelle für den Landwirt, wo er über die Stilllegungsprämie hinaus noch zusätzliche Einnahmen erwirtschaften kann, wenn diese Fläche genutzt wird.

    Sollen die Jühnder weder im Dunklen sitzen, noch im Winter frieren, braucht jedes Haus ungefähr 1 Hektar landwirtschaftlich erzeugte Biomasse. Dafür werden im Dorf zwei neue Gebäude gebaut, ein Blockheizkraftwerk und eine Biogasanlage, sagt der Göttinger Geologie- Professor Hans Ruppert als Projektleiter. In der Biogasanlage verfeuern die Südniedersachsen in Zukunft Raps, Ölsaaten oder Hanf. Aber auch landwirtschaftliche Abfälle verarbeitet die Anlage kostengünstig.

    Sie kann die normale Gülle benutzen, weil da auch eine Menge organisches Material drin steckt, was umgewandelt werden kann: eben in Gas, das man weiter verbrennen kann. Man kann aber auch einfache Silage nehmen, man kann feuchte Pflanzen ernten und bei Bedarf kann man auch vergasen in der Biogasanlage. Diese Gase kann man dann verbrennen, und wir können aber auch das Stroh hineintun.

    Würden sich 70 Prozent der Jühnder Haushalte an dem Projekt beteiligen, ihre bisherigen Energieanlagen von dem Blockheizkraftwerk und der Biogasanlage speisen lassen, kommen auf jeden Haushalt Investitionskosten von 7000 DM zu. Diese Kosten sollen durch die eingesparte Energie schnell wieder erwirtschaftet werden, so Geologe Ruppert. Damit alle Jühnder Bürger bei dem Projekt mitmachen können, - egal, wie sie finanziell gestellt sind, und welches Heizungssystem sie zur Zeit noch haben - tagen sie fortan wöchentlich in ihrem Dorfgemeinschaftshaus und tüfteln an solidarischen Finanzierungsmodellen. Grundsätzlich sei die Bereitschaft aber sehr groß, betonen zwei Bewohner Jühndes.

    Ich denke mal, dass unser Vermieter das in die Hand nehmen wird; auch bezüglich der Heizung, der war zu jeder Versammlung da.


    Das würden wir schon machen wollen, aber das muss erst mal ausgegoren sein.

    Langfristig wollen die Südniedersachsen mit ihrem Pilotprojekt den Weg für viele Bioenergiedörfer in Deutschland bereiten, so Bürgermeister Horst Petzold.

    Nutznießer können ja unmittelbar auch die Nachbardörfer sein. Das können sehr wohl auch kleinere Projekte sein, dass Landwirte sich zusammentun und beispielsweise ähnliche Biogasanlagen aufbauen. Das wünsche ich mir selbst als Wirkung aus diesem Pilotprojekt.