"Wir Autoren und Journalisten müssen uns darum bemühen, vor allem beim Drama um die Einwanderung, die ganze Wahrheit zu berichten. Damit wollen wir den politischen Vorurteilen der rechten Parteien den Wind aus den Segeln nehmen. Wir haben die Aufgabe, zu erzählen, wer diese Einwanderer sind."
Der Journalist Domenico Quirico gewann 2018 den begehrten Premio Terzani. Der internationale Literaturpreis in Gedenken an den Auslandskorrespondenten und Reiseschriftsteller Tiziano Terzani wird an Journalisten und Autoren vergeben, die versuchen, aktuelle politische Themen in ihrer ganzen Komplexität zu behandeln. Wie Quirico mit seinen Auslandsreportagen aus dem Nahen Osten für die Tageszeitung "La Stampa".
Der Premio Terzani wird jedes Jahr in Udine vergeben, während eines viertägigen Festivals, das von privaten und öffentlichen Institutionen organisiert und finanziert wird, auch von der Stadt Udine und der Region Friaul. Bisher jedenfalls. Aber seit Mitte 2018 ist Pietro Fontanini Bürgermeister in Udine. Ein Mann der rechtsextremen Regierungspartei Lega. Fontanini will seine Stadt nicht nur erklärtermaßen migrantenfrei bekommen, sondern auch im Kulturbereich reinen Tisch machen - wie er vor einigen Monaten bei einer Podiumsdiskussion erklärte:
"Wir sind doch kulturpolitisch gleichgeschaltet. Wir benutzen zu oft die Klischees einer globalisierten Welt, in der alle gut und lieb sind und in der unsere Identitäten verschwinden. Aber hier in unserer Gegend sind wir zum Glück wahrhaftiger, authentischer."
Neuer kulturpolitischer Kurs der Lega
Bürgermeister Fontanini wirft den Organisatoren des Festivals vor, politisch zu linkslastig zu sein. Die Preisträger seien vor allem Leute, so Udines Kulturasessor Fabrizio Cigolot, die, Zitat, "Kommunisten sind oder sonstwie linke Sympathien" haben und diese propagieren. Die rechtsnational regierte Stadtverwaltung reduziert deshalb jetzt die Finanzierung für das Festival von 30.000 auf nur noch 10.000 Euro. Angesichts eines Gesamtbudgets von rund 200.000 Euro ist die Kürzung kommunaler Finanzmittel kein unmittelbares Drama. Doch sie ist ein signifikantes Beispiel für den neuen kulturpolitischen Kurs rechtsnationalistischer Bürgermeister der Partei Lega in ganz Italien. Auch in Rom und Turin, in Reggio Calabria und in vielen sizilianischen Kommunen, in denen die Lega entweder Bürgermeister oder Stadträte stellt, werden seit Jahren existierende Kulturinitiativen als zu links und zu kommunistisch kritisiert und erhielten fortan weniger Finanzmittel. Auch in der einstmals linken Toskana stellt die Lega immer mehr Bürgermeister. In Cascina ist seit 2018 Susanna Ceccardi von der Lega Bürgermeisterin:
"Wir müssen ein deutliches Zeichen setzen: Schluss mit der intellektualistischen linken Kultur! Wir müssen uns um die echten Bedürfnisse und Probleme der Bürger kümmern."
Ceccardi will für das kommende Jahr die Kulturausgaben um rund 20 Prozent senken. Dass diese geplanten Kürzungen vor allem Kulturinitiativen betreffen, die von ihren Vorgängern aus linken Parteien beschlossen und finanziert wurden, ist kein Zufall.
Unterstützung für neofaschistische Kulturinitiativen
Die kulturpolitischen Interessen vieler Bürgermeister der Lega tendieren nach ganz rechts, wie etwa in Verona. Dort werden auch neofaschistische Organisationen bei ihren Kulturinitiativen von der Stadt mit unterstützt, zum Beispiel die auch in anderen Städten präsente Casa Pound. Die Lega-Politikerin Aurora Lussana:
"Das ist doch keine illegale politische Organisation! Casa Pound ist vor allem eine Kulturorganisation!"
Die allerdings gezielt ultrarechte und neofaschistische Denker und Autoren propagiert, wie etwa Alain de Benoist oder Holocaust-Leugner wie Philippe Laguérie von der erzkatholischen Pius-Bruderschaft.