Wochenmarkt in Venedig. Nur etwas mehr als 100 Meter entfernt von der Touristenattraktion "Rialtobrücke" spielt sich das ganz normale Leben ab.
Eine ältere Dame kauft Tomaten, Auberginen, Weißkohl. Seit 20 Jahren immer beim gleichen Händler.
Maurizio heißt er, hat grün-braune Augen, tiefe Grübchen in den Wangen und dunkelblondes Haar. Er lebt auf der kleinen Insel San Erasmo, dem Gemüsegarten von Venedig.
"Ich und zwei andere sind die einzigen Jüngeren, die geblieben sind, sonst leben nur noch Alte auf der Insel, erzählt Maurizio, mit 44 Jahren auch nicht mehr der Allerjüngste."
Die Landwirtschaft lohnt sich nicht mehr, sagt Maurizio und wendet sich seinen Kisten mit Orangen zu, die ein Kollege mit der Sackkarre vom Anlegesteg herbeigeschafft hat. Andernorts fährt der LKW vor, in Venedig nicht. Die ganze Stadt ist eine Fußgängerzone, himmlisch für die Touristen, oft mühselig für die Venezianer. Durch die Transportschwierigkeiten sind die Preise hoch, nicht nur auf dem Markt. In Venedig kostet alles etwas mehr, für die Touristen oft sogar unverschämt viel mehr. Ob der Capuccino auf einem der schönen Plätze oder das Taxiboot - es gibt einen Tarif für Einheimische und einen für Besucher, eine Art "Zweites Preisniveau". Restaurant- oder Hotelbesitzer und alle, die vom Tourismus leben, machen in Venedig gute Geschäfte. Alle anderen beklagen sich über die unangenehmen Begleiterscheinungen.
"Wer hier bleibt, muss seine Rechnung mit dem Massentourismus machen, mit schlechten Restaurants, mit diesen Souvenirfabriken, die minderwertige Qualität zu überzogenen Preisen anbieten und all das."
Adriano, 38 Jahre alt, ist in Venedig aufgewachsen und hier zur Schule gegangen. Studiert hat er in Mailand und Paris, wo er mehr als zehn Jahre gelebt hat. Seit zwei Jahren ist er zurück in Venedig, um näher bei den alt gewordenen Eltern zu sein. Die meisten Freunde aus Kindertagen leben nicht mehr in der Stadt.
Die Einwohnerstruktur Venedigs hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Kinder und junge Erwachsene sind unterrepräsentiert im Vergleich zum Landesdurchschnitt. Ältere und Ausländer dagegen überproportional vertreten. Auf den Klingelschildern der historischen Palazzi stehen häufig deutsche, englische oder japanische Namen. Ein Wohnsitz in Venedig ist schick, solange man ihn sich leisten kann. Junge Venezianer ohne ererbten Immobilienbesitz können das oft nicht.
"In Manhattan bezahlst du vielleicht 50.000 Euro pro Quadratmeter, aber dort kannst du wenigstens Geschäfte machen und eines Tages reich werden. Hier haben wir Quadratmeterpreise von 20.000 Euro für eine miese kleine Wohnung und was machst du dann? Wenn du nicht im Tourismus dein Geld verdienst, hast du keine Chance."
Die hohen Wohnungspreise treiben gerade junge Paare mit Kinderwunsch aufs Festland, nach Mestre, Treviso oder weiter weg. Das bedeutet: Venedig altert und der Nachwuchs bleibt aus. Ein langfristiges Problem, das der Stadtrat mit verschiedenen Maßnahmen bekämpft. Ohne großen Erfolg, meint Adriano.
"Wir können nicht von den Institutionen verlangen, dass sie die kulturellen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen radikal ändern. Die Gemeinde tut, was sie kann. Zum Beispiel gibt es einen zinsgünstigen Kredit für junge Venezianer, die eine Wohnung kaufen möchten. Aber ehrlich gesagt hat es wenig Sinn, hier eine Immobilie zu erwerben."
So fatalistisch wie Adriano Prova sind nicht alle seiner Generation. Einige haben sich im Internet zu einer Gemeinschaft zusammengeschlossen, wo sie sich austauschen und Vorschläge formulieren, die dann dem Stadtrat vorgelegt werden sollen. Trotz aller Schwierigkeiten lieben sie Venedig und wollen die Stadt nicht verlassen, sondern verändern und gemeinsam gestalten. Denn Venedig ist nun einmal etwas besonders. Federica Repetto, 29 Jahre alt, bleibt lieber zuhause bei den Eltern wohnen als der Lagune den Rücken zukehren.
"Wenn ich beruflich auf Reisen bin, passiert es mir immer wieder, dass ich Heimweh bekomme, dass ich es gar nicht erwarten kann, wieder nach Venedig zurückzukehren. Diese Stadt fehlt dir einfach, wenn du weg bist, sie ist so anders, ganz anders als Mailand, Rom oder Florenz. Die Zeit scheint hier stehen geblieben zu sein: Wir fahren mit Gondeln und Booten oder gehen zu Fuß."
Eine ältere Dame kauft Tomaten, Auberginen, Weißkohl. Seit 20 Jahren immer beim gleichen Händler.
Maurizio heißt er, hat grün-braune Augen, tiefe Grübchen in den Wangen und dunkelblondes Haar. Er lebt auf der kleinen Insel San Erasmo, dem Gemüsegarten von Venedig.
"Ich und zwei andere sind die einzigen Jüngeren, die geblieben sind, sonst leben nur noch Alte auf der Insel, erzählt Maurizio, mit 44 Jahren auch nicht mehr der Allerjüngste."
Die Landwirtschaft lohnt sich nicht mehr, sagt Maurizio und wendet sich seinen Kisten mit Orangen zu, die ein Kollege mit der Sackkarre vom Anlegesteg herbeigeschafft hat. Andernorts fährt der LKW vor, in Venedig nicht. Die ganze Stadt ist eine Fußgängerzone, himmlisch für die Touristen, oft mühselig für die Venezianer. Durch die Transportschwierigkeiten sind die Preise hoch, nicht nur auf dem Markt. In Venedig kostet alles etwas mehr, für die Touristen oft sogar unverschämt viel mehr. Ob der Capuccino auf einem der schönen Plätze oder das Taxiboot - es gibt einen Tarif für Einheimische und einen für Besucher, eine Art "Zweites Preisniveau". Restaurant- oder Hotelbesitzer und alle, die vom Tourismus leben, machen in Venedig gute Geschäfte. Alle anderen beklagen sich über die unangenehmen Begleiterscheinungen.
"Wer hier bleibt, muss seine Rechnung mit dem Massentourismus machen, mit schlechten Restaurants, mit diesen Souvenirfabriken, die minderwertige Qualität zu überzogenen Preisen anbieten und all das."
Adriano, 38 Jahre alt, ist in Venedig aufgewachsen und hier zur Schule gegangen. Studiert hat er in Mailand und Paris, wo er mehr als zehn Jahre gelebt hat. Seit zwei Jahren ist er zurück in Venedig, um näher bei den alt gewordenen Eltern zu sein. Die meisten Freunde aus Kindertagen leben nicht mehr in der Stadt.
Die Einwohnerstruktur Venedigs hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Kinder und junge Erwachsene sind unterrepräsentiert im Vergleich zum Landesdurchschnitt. Ältere und Ausländer dagegen überproportional vertreten. Auf den Klingelschildern der historischen Palazzi stehen häufig deutsche, englische oder japanische Namen. Ein Wohnsitz in Venedig ist schick, solange man ihn sich leisten kann. Junge Venezianer ohne ererbten Immobilienbesitz können das oft nicht.
"In Manhattan bezahlst du vielleicht 50.000 Euro pro Quadratmeter, aber dort kannst du wenigstens Geschäfte machen und eines Tages reich werden. Hier haben wir Quadratmeterpreise von 20.000 Euro für eine miese kleine Wohnung und was machst du dann? Wenn du nicht im Tourismus dein Geld verdienst, hast du keine Chance."
Die hohen Wohnungspreise treiben gerade junge Paare mit Kinderwunsch aufs Festland, nach Mestre, Treviso oder weiter weg. Das bedeutet: Venedig altert und der Nachwuchs bleibt aus. Ein langfristiges Problem, das der Stadtrat mit verschiedenen Maßnahmen bekämpft. Ohne großen Erfolg, meint Adriano.
"Wir können nicht von den Institutionen verlangen, dass sie die kulturellen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen radikal ändern. Die Gemeinde tut, was sie kann. Zum Beispiel gibt es einen zinsgünstigen Kredit für junge Venezianer, die eine Wohnung kaufen möchten. Aber ehrlich gesagt hat es wenig Sinn, hier eine Immobilie zu erwerben."
So fatalistisch wie Adriano Prova sind nicht alle seiner Generation. Einige haben sich im Internet zu einer Gemeinschaft zusammengeschlossen, wo sie sich austauschen und Vorschläge formulieren, die dann dem Stadtrat vorgelegt werden sollen. Trotz aller Schwierigkeiten lieben sie Venedig und wollen die Stadt nicht verlassen, sondern verändern und gemeinsam gestalten. Denn Venedig ist nun einmal etwas besonders. Federica Repetto, 29 Jahre alt, bleibt lieber zuhause bei den Eltern wohnen als der Lagune den Rücken zukehren.
"Wenn ich beruflich auf Reisen bin, passiert es mir immer wieder, dass ich Heimweh bekomme, dass ich es gar nicht erwarten kann, wieder nach Venedig zurückzukehren. Diese Stadt fehlt dir einfach, wenn du weg bist, sie ist so anders, ganz anders als Mailand, Rom oder Florenz. Die Zeit scheint hier stehen geblieben zu sein: Wir fahren mit Gondeln und Booten oder gehen zu Fuß."