Ob ein Fluss oder See ökologisch intakt ist, lässt sich an seinen Bewohnern ablesen. Zum Beispiel an Lebewesen, die Biologen Makro-Wirbellose nennen:
"Das sind also die kleinen Tierchen, die man mit dem bloßen Auge im Gewässer sehen kann, am Gewässergrund. Zum Beispiel Bachflohkrebse oder verschiedene Köcherfliegen. Und anhand dessen kann man auch einschätzen, wie die Qualität des Gewässers ist."
Genau das hat Katja Bunzel vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig getan - an über 660 Stellen in deutschen Fließgewässern. In Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
In allen Fällen protokollierte die Geoökologin die Zahl der Arten und Individuen. Um so die Gewässergüte abschätzen zu können. Und zu sehen, ob Deutschlands Flüsse die Anforderungen der europäischen Wasser-Rahmenrichtlinie erfüllen. Dafür müssten sie spätestens 2015 in einem guten ökologischen Zustand sein:
"Wir lernen aus der Studie: Wir sind vom Ziel noch weit entfernt, zwei Jahre vor geplanter Zielerreichung."
Ein wesentlicher Grund dafür ist offenbar, dass immer noch Pflanzenschutzmittel in schädlichen Konzentrationen in Flüsse gelangen. So gibt es wirbellose Tiere, die sensibel auf Pestizide reagieren. Fehlen diese Arten irgendwo im Gewässer, ist das ein Indiz dafür, dass die Giftstoffe dort eingetragen werden.
Diesen empfindlichen Organismen galt das Hauptaugenmerk der neuen Studie. An ihr beteiligt war auch Mira Kattwinkel. Sie ist ebenfalls Geoökologin und arbeitet inzwischen am Schweizer Wasserforschungsinstitut Eawag:
"Empfindlich gegenüber Pestiziden sind zum Beispiel Libellenlarven. Die verschwinden dann einfach. Und sie haben sehr lange Generationszeiten, das heißt, die brauchen ein Jahr, bis überhaupt wieder neue Eier gelegt werden und sich neue Larven entwickeln."
Bei den Untersuchungen in Hessen erwiesen sich nicht die Abflüsse von Äckern als kritisch, wie eigentlich erwartet, sondern die aus Kläranlagen. Katja Bunzel fand heraus,
"dass die Stellen hinter einer Kläranlage, also flussabwärts, eher einen wesentlich schlechteren Zustand hatten als die Stellen, die oberhalb einer Kläranlage waren. Ich glaube, für viele Zuhörer ist das schon überraschend, dass Pestizide auch aus 'ner Kläranlage kommen. Ist eher nicht so bekannt. Es kann ja sein, dass der Bauer, nachdem er gespritzt hat, nach Hause fährt auf seinen Hof, fängt an, die Geräte abzuspülen. Und das Abwasser fließt dann in die Kanalisation, in die Kläranlage, und kommt dann sozusagen wieder in die Flüsse zurück und dann auch mit dem Abwasser die Pestizide."
In Hessen war es so, dass Flussabschnitte bis zu drei Kilometern hinter Kläranlagen oft einen mäßigen oder sogar schlechten ökologischen Zustand aufwiesen. An drei von vier Stellen war das so. Dort gab es viel weniger Flohkrebse und Insektenlarven:
"So eine schwer belastete Stelle könnte schon eher so 10 bis 15 Arten haben oder vielleicht auch weniger. Aber eine Stelle in einem sehr guten Zustand, die hat dann halt 50 meinetwegen.""
Verarmte Artengemeinschaften traten aber auch an Stellen auf, an denen kein Abfluss von Äckern oder aus Kläranlagen den Fluss belastete:
"Dann haben wir halt festgestellt, dass gerade in den neuen Bundesländern, also Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, es schon relativ viele Kleingärten gibt, die dann auch große Ausmaße annehmen können."
Katja Bunzels Verdacht: In den Schrebergärten-Kolonien wird reger Gebrauch von Pestiziden gemacht. Und das häufig nicht sachgemäß, sondern eher nach der Methode "Viel hilft viel":
"Und das kann dann sozusagen ja auch durch Regen abgewaschen werden ins Gewässer."
Erwähnenswert ist noch, dass die aquatischen Lebensgemeinschaften alle im Frühjahr untersucht wurden. Also zu einem Zeitpunkt, an dem Landwirte noch gar keine Pflanzenschutzmittel einsetzen, wie Katja Bunzel sagt:
"Wenn da selbst die Effekte noch da sind vom Vorjahr, dann sind das ja schon langfristige Effekte und nicht nur kurzfristige Effekte, weil der Bauer gestern gespritzt hat."
Das Fazit der Forscherinnen: Nur wenige Flüsse sind heute ökologisch so intakt, dass sie die Anforderungen der EU-Wasserrahmenrichtlinie erfüllen werden:
"Insgesamt ist Deutschland immer noch 90 Prozent entfernt von diesem Ziel. Was an verschiedenen Faktoren liegt. Nicht nur an Pflanzenschutzmitteln, sondern auch, dass die Gewässer zu stark verbaut sind. Generell ist es auf jeden Fall so, dass die Mehrheit das natürlich bis in zwei Jahren nicht schaffen wird."
"Das sind also die kleinen Tierchen, die man mit dem bloßen Auge im Gewässer sehen kann, am Gewässergrund. Zum Beispiel Bachflohkrebse oder verschiedene Köcherfliegen. Und anhand dessen kann man auch einschätzen, wie die Qualität des Gewässers ist."
Genau das hat Katja Bunzel vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig getan - an über 660 Stellen in deutschen Fließgewässern. In Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
In allen Fällen protokollierte die Geoökologin die Zahl der Arten und Individuen. Um so die Gewässergüte abschätzen zu können. Und zu sehen, ob Deutschlands Flüsse die Anforderungen der europäischen Wasser-Rahmenrichtlinie erfüllen. Dafür müssten sie spätestens 2015 in einem guten ökologischen Zustand sein:
"Wir lernen aus der Studie: Wir sind vom Ziel noch weit entfernt, zwei Jahre vor geplanter Zielerreichung."
Ein wesentlicher Grund dafür ist offenbar, dass immer noch Pflanzenschutzmittel in schädlichen Konzentrationen in Flüsse gelangen. So gibt es wirbellose Tiere, die sensibel auf Pestizide reagieren. Fehlen diese Arten irgendwo im Gewässer, ist das ein Indiz dafür, dass die Giftstoffe dort eingetragen werden.
Diesen empfindlichen Organismen galt das Hauptaugenmerk der neuen Studie. An ihr beteiligt war auch Mira Kattwinkel. Sie ist ebenfalls Geoökologin und arbeitet inzwischen am Schweizer Wasserforschungsinstitut Eawag:
"Empfindlich gegenüber Pestiziden sind zum Beispiel Libellenlarven. Die verschwinden dann einfach. Und sie haben sehr lange Generationszeiten, das heißt, die brauchen ein Jahr, bis überhaupt wieder neue Eier gelegt werden und sich neue Larven entwickeln."
Bei den Untersuchungen in Hessen erwiesen sich nicht die Abflüsse von Äckern als kritisch, wie eigentlich erwartet, sondern die aus Kläranlagen. Katja Bunzel fand heraus,
"dass die Stellen hinter einer Kläranlage, also flussabwärts, eher einen wesentlich schlechteren Zustand hatten als die Stellen, die oberhalb einer Kläranlage waren. Ich glaube, für viele Zuhörer ist das schon überraschend, dass Pestizide auch aus 'ner Kläranlage kommen. Ist eher nicht so bekannt. Es kann ja sein, dass der Bauer, nachdem er gespritzt hat, nach Hause fährt auf seinen Hof, fängt an, die Geräte abzuspülen. Und das Abwasser fließt dann in die Kanalisation, in die Kläranlage, und kommt dann sozusagen wieder in die Flüsse zurück und dann auch mit dem Abwasser die Pestizide."
In Hessen war es so, dass Flussabschnitte bis zu drei Kilometern hinter Kläranlagen oft einen mäßigen oder sogar schlechten ökologischen Zustand aufwiesen. An drei von vier Stellen war das so. Dort gab es viel weniger Flohkrebse und Insektenlarven:
"So eine schwer belastete Stelle könnte schon eher so 10 bis 15 Arten haben oder vielleicht auch weniger. Aber eine Stelle in einem sehr guten Zustand, die hat dann halt 50 meinetwegen.""
Verarmte Artengemeinschaften traten aber auch an Stellen auf, an denen kein Abfluss von Äckern oder aus Kläranlagen den Fluss belastete:
"Dann haben wir halt festgestellt, dass gerade in den neuen Bundesländern, also Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, es schon relativ viele Kleingärten gibt, die dann auch große Ausmaße annehmen können."
Katja Bunzels Verdacht: In den Schrebergärten-Kolonien wird reger Gebrauch von Pestiziden gemacht. Und das häufig nicht sachgemäß, sondern eher nach der Methode "Viel hilft viel":
"Und das kann dann sozusagen ja auch durch Regen abgewaschen werden ins Gewässer."
Erwähnenswert ist noch, dass die aquatischen Lebensgemeinschaften alle im Frühjahr untersucht wurden. Also zu einem Zeitpunkt, an dem Landwirte noch gar keine Pflanzenschutzmittel einsetzen, wie Katja Bunzel sagt:
"Wenn da selbst die Effekte noch da sind vom Vorjahr, dann sind das ja schon langfristige Effekte und nicht nur kurzfristige Effekte, weil der Bauer gestern gespritzt hat."
Das Fazit der Forscherinnen: Nur wenige Flüsse sind heute ökologisch so intakt, dass sie die Anforderungen der EU-Wasserrahmenrichtlinie erfüllen werden:
"Insgesamt ist Deutschland immer noch 90 Prozent entfernt von diesem Ziel. Was an verschiedenen Faktoren liegt. Nicht nur an Pflanzenschutzmitteln, sondern auch, dass die Gewässer zu stark verbaut sind. Generell ist es auf jeden Fall so, dass die Mehrheit das natürlich bis in zwei Jahren nicht schaffen wird."