Um diese Jahreszeit gibt es für Besucher am Berliner Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung Weihnachtsplätzchen. Das ist passend. Plätzchen sind süß, enthalten Zucker und Zucker ist das große Thema von Professor Peter Seeberger. Allerdings nicht simpler Haushaltszucker, sondern komplex verzweigte Zuckerstrukturen, wie sie etwa in der Hülle viele Bakterien auftreten. Es gibt eine ganze Reihe von Impfstoffen, die auf solchen Zuckern beruhen. Sie regen im Körper die Bildung von Antikörpern gegen diese Zucker und damit auch gegen die Erreger an. Für die Herstellung der Impfstoffe werden die Bakterien erst gezüchtet und dann ihre Hüllzucker isoliert, aber das funktioniert nicht immer und dann schlägt die Stunde der Chemiker.
"Es gibt viele Pathogene, die sich nicht biologisch anzüchten lassen, und selbst bei den Bakterien, die man züchten kann, ist das Problem oftmals, dass die ihre Zucker nicht preisgeben, zumindest nicht in reiner Form. Wir als Chemiker dagegen haben diese Begrenzungen nicht. Wir können prinzipiell jede Zuckerstruktur herstellen."
Zumindest, wenn sie nicht zu groß ist. Das komplette Hüllprotein der Meningokokken herzustellen, schafft auch der beste Chemiker nicht. Seeberger:
"Wir konzentrieren uns auf den innersten Teil der langen Zuckerketten, die sich von der Bakterie weg strecken. Deshalb, weil dieser innere, sogenannte Kernbereich bei vielen Bakterien gleich ist. Die Hoffnung ist, dass durch die Kernstruktur alle fünf Meningokokken-Stämme getroffen werden können. Auch die, gegen die es im Moment noch keine Impfung gibt."
Auch andere Bakterien, wie etwa Salmonellen oder Chlamydien verwenden dieselbe Zuckerstruktur. Theoretisch, sollte sich auf diesem Weg eine breit wirksame Impfung erzeugen lassen. Leider ist die Kernstruktur selbst für Zuckerchemiker eine harte Nuss. Sie besteht zwar nur aus vier Einzelteilen, aber die sind komplex verknüpft und ineinander verschachtelt. Peter Seeberger und sein Team mussten neue Wege gehen.
"In diesem Falle konnten wir uns nicht darauf verlassen, dass die Natur uns mit den Ausgangszuckern versieht, sondern wir mussten auf einen Trick zurückgreifen und zwar gehen wir von linearen Ketten aus und diese Ketten müssen wir dann mit ihren Endstücken zusammenfügen, so dass sich daraus ringförmigen Zucker ergeben und diese Zucker werden dann zusammengeschweißt um die Kernstruktur zu erzeugen."
Aus Ketten chemische Ringe häkeln und die dann verbinden. Klingt einfach, erforderte aber viel Fingerspitzengefühl und vor allem Geduld an den Kolben und Gasflaschen, den Rührern und Heizelementen, um die richtigen Reaktionsbedingungen zu finden. Die Ausgangsmaterialien enthalten viele mögliche Verknüpfungspunkte. Sie sind zu Beginn des Reaktionsmarathons alle durch eine jeweils individuelle Schutzkappe abgedeckt. Eine nach der anderen werden diese Kappen entfernt. So ist jeweils nur eine einzige Reaktion, eine einzige Verknüpfung möglich und am Ende entsteht genau die gewünschte Kernstruktur: ein kleines Häufchen eines unscheinbaren weißen Pulvers, Rohstoff für einen künftigen Meningokokken-Impfstoff. Die ersten Tierversuche haben schon begonnen. Seeberger:
"Die Immunantwort war sehr, sehr gut und ich darf auch sagen, wir sind basierend auf den ersten Resultaten extrem optimistisch, dass wir möglicherweise ein sehr vielversprechendes Molekül synthetisiert haben."
Impfstofffirmen aus dem Westen aber auch aus Indien interessieren sich für das komplexe Zuckermolekül aus Peter Seebergers Labor. Bis erste Studien an Menschen beginnen können, werden mindestens zwei Jahre vergehen. Die klinische Prüfung wird dann noch einmal mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Am Ende, davon ist Peter Seeberger überzeugt, wird aber der erste chemisch und nicht biologisch hergestellte Impfstoff auf den Markt kommen. Die Synthese macht dabei ganz neue Moleküle für die Impfstoffentwicklung zugänglich, ist aber komplexer als die klassische Herstellung im Bioreaktor.
"Synthese grundsätzlich kann teuer sein. Wir müssen uns aber vor Augen halten dass hier nur ganz kleine Mengen des Materials benötigt werden, was sich dann am Ende umlegt auf circa 50 Cent bis ein Euro pro Patient. Und ich denke, das wäre doch wieder ein sehr fairer Preis für eine Impfung, die vor fürchterlichen Krankheiten schützen kann."
"Es gibt viele Pathogene, die sich nicht biologisch anzüchten lassen, und selbst bei den Bakterien, die man züchten kann, ist das Problem oftmals, dass die ihre Zucker nicht preisgeben, zumindest nicht in reiner Form. Wir als Chemiker dagegen haben diese Begrenzungen nicht. Wir können prinzipiell jede Zuckerstruktur herstellen."
Zumindest, wenn sie nicht zu groß ist. Das komplette Hüllprotein der Meningokokken herzustellen, schafft auch der beste Chemiker nicht. Seeberger:
"Wir konzentrieren uns auf den innersten Teil der langen Zuckerketten, die sich von der Bakterie weg strecken. Deshalb, weil dieser innere, sogenannte Kernbereich bei vielen Bakterien gleich ist. Die Hoffnung ist, dass durch die Kernstruktur alle fünf Meningokokken-Stämme getroffen werden können. Auch die, gegen die es im Moment noch keine Impfung gibt."
Auch andere Bakterien, wie etwa Salmonellen oder Chlamydien verwenden dieselbe Zuckerstruktur. Theoretisch, sollte sich auf diesem Weg eine breit wirksame Impfung erzeugen lassen. Leider ist die Kernstruktur selbst für Zuckerchemiker eine harte Nuss. Sie besteht zwar nur aus vier Einzelteilen, aber die sind komplex verknüpft und ineinander verschachtelt. Peter Seeberger und sein Team mussten neue Wege gehen.
"In diesem Falle konnten wir uns nicht darauf verlassen, dass die Natur uns mit den Ausgangszuckern versieht, sondern wir mussten auf einen Trick zurückgreifen und zwar gehen wir von linearen Ketten aus und diese Ketten müssen wir dann mit ihren Endstücken zusammenfügen, so dass sich daraus ringförmigen Zucker ergeben und diese Zucker werden dann zusammengeschweißt um die Kernstruktur zu erzeugen."
Aus Ketten chemische Ringe häkeln und die dann verbinden. Klingt einfach, erforderte aber viel Fingerspitzengefühl und vor allem Geduld an den Kolben und Gasflaschen, den Rührern und Heizelementen, um die richtigen Reaktionsbedingungen zu finden. Die Ausgangsmaterialien enthalten viele mögliche Verknüpfungspunkte. Sie sind zu Beginn des Reaktionsmarathons alle durch eine jeweils individuelle Schutzkappe abgedeckt. Eine nach der anderen werden diese Kappen entfernt. So ist jeweils nur eine einzige Reaktion, eine einzige Verknüpfung möglich und am Ende entsteht genau die gewünschte Kernstruktur: ein kleines Häufchen eines unscheinbaren weißen Pulvers, Rohstoff für einen künftigen Meningokokken-Impfstoff. Die ersten Tierversuche haben schon begonnen. Seeberger:
"Die Immunantwort war sehr, sehr gut und ich darf auch sagen, wir sind basierend auf den ersten Resultaten extrem optimistisch, dass wir möglicherweise ein sehr vielversprechendes Molekül synthetisiert haben."
Impfstofffirmen aus dem Westen aber auch aus Indien interessieren sich für das komplexe Zuckermolekül aus Peter Seebergers Labor. Bis erste Studien an Menschen beginnen können, werden mindestens zwei Jahre vergehen. Die klinische Prüfung wird dann noch einmal mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Am Ende, davon ist Peter Seeberger überzeugt, wird aber der erste chemisch und nicht biologisch hergestellte Impfstoff auf den Markt kommen. Die Synthese macht dabei ganz neue Moleküle für die Impfstoffentwicklung zugänglich, ist aber komplexer als die klassische Herstellung im Bioreaktor.
"Synthese grundsätzlich kann teuer sein. Wir müssen uns aber vor Augen halten dass hier nur ganz kleine Mengen des Materials benötigt werden, was sich dann am Ende umlegt auf circa 50 Cent bis ein Euro pro Patient. Und ich denke, das wäre doch wieder ein sehr fairer Preis für eine Impfung, die vor fürchterlichen Krankheiten schützen kann."