Zuckerersatz in der Nahrung
Wie gesund sind Süßstoffe wie Stevia, Erythrit und Co.?

Zucker gilt als ungesund. Weil viele Verbraucher sich gesünder ernähren wollen, greift die Nahrungsmittelindustrie zu Alternativen. Lebensmittel enthalten deshalb diverse Süßungsmittel als Zuckerersatz. Doch wie empfehlenswert sind sie?

Auf einem grünblauen Hintergrund steht eine Schale mit Zucker, liegt eine Packung aus der Süßstoff fällt, daneben ein Steviablatt.
Ist Zuckerersatz bedenkenlos genießbar? Die WHO hat den Süßstoff Aspartam als "möglicherweise krebserregend" eingestuft, ein moderater Verzehr sei aber weiter „unbedenklich“. (Getty Images / iStockphoto / bit245)
Zucker hat einen schlechten Ruf: Übermäßiger Konsum steigert das Risiko für Fettleibigkeit und kann die Entwicklung von Stoffwechselerkrankungen wie Typ-2-Diabetes fördern. Auch steigt das Risiko für verschiedene Krebsarten. Viele Menschen wollen deshalb auf Zucker verzichten. Die Lebensmittelindustrie hat darauf reagiert: Immer mehr Lebensmittel enthalten Ersatz- und Austauschstoffe wie Fructose, Xylit oder Invertzuckersirup. Doch wie empfehlenswert sind sie?

Inhalt

Was sind Zuckeraustauschstoffe und Zuckerersatzstoffe?

Um Zucker zu ersetzen, nutzen die Lebensmittelhersteller Zuckeraustauschstoffe und Zuckerersatzstoffe. Zuckeraustauschstoffe werden aus natürlichen Rohstoffen gewonnen, sind aber stark verarbeitet. Sie haben nahezu die gleiche Süßkraft wie herkömmlicher Zucker, aber deutlich weniger Kalorien. Sie haben zudem keinen Einfluss auf den Insulinspiegel. (*) Chemisch heißen sie „mehrwertige Alkohole“ oder „Zuckeralkohole“.
In der Europäischen Union sind acht dieser Stoffe zugelassen, deren Namen meist auf „-it“ enden und eine mit einem „E“ versehene Nummer haben. Darunter sind Sorbit (E420), Isomalt (E953) oder Xylit (E967).
Ein Balkendiagramm zeigt von oben nach unten die beliebtesten Zucker und Süßungsmittel von Verbraucherinnen und Verbrauchern. An oberster Stelle steht Honig, auf Platz 2 und 3 liegen Dattelpulver und Agavendicksaft.
Die Verbraucherzentrale wollte wissen, welche Süßungsmittel Konsumenten für unbedenklich halten. (Uni Göttingen/ Zühlsdorf + Partner / Verbraucherzentrale)

Saccharin, Aspartam und Co.

Daneben gibt es die Gruppe der Zuckerersatzstoffe. Sie sind rein chemisch hergestellte Produkte. Dazu gehören etwa Saccharin, Cyklamat oder Aspartam. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Aspartam am 14.07.2023 als „möglicherweise krebserregend für den Menschen" eingestuft. Ein moderater Verzehr sei aber weiter „unbedenklich“.Wer sich daran halte, setze sich nach derzeitigem Wissensstand keinem höheren Krebsrisiko aus. Der Stoff ist auch in Deutschland zugelassen, unter anderem für zuckerfreie Colas und andere kalorienreduzierten Produkte – weil er in gewissen Mengen als unbedenklich gilt.
Außerdem gibt es eine neuere Gruppe Süßstoffe, erklärt Georg Wittich, Professor für Lebensmittelchemie an der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach: Sie werden aus Pflanzen extrahiert, wie beispielsweise Thaumatin oder Steviaglycosid.

Wenn die Politik eingreift

Solche chemisch produzierten Süßstoffe sind teilweise tausendmal süßer als Zucker und enthalten zugleich sehr wenige oder gar keine Kalorien. Derzeit sind in der EU zwölf zugelassen.

In welchen Lebensmitteln ist industrieller Zuckerersatz enthalten?

Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe werden lebensmittelrechtlich unter dem Begriff Süßungsmittel zusammengefasst. Diese sind inzwischen „in einer Vielzahl von Fertigprodukten“ enthalten, sagt Karen Hirsch-Ernst, die sich beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) mit Ernährungsrisiken beschäftigt.

Ordentlich süß

Vor allem Erfrischungsgetränke sind häufig mit Süßungsmitteln versetzt, aber auch Milchprodukte wie Joghurts, Quarkzubereitungen oder Soßen und Dressings. Außerdem stecken sie in Lebensmitteln wie Obst- und Gemüsekonserven, mariniertem Fisch, Cornflakes, Fruchtsäften, Brotaufstrichen und Backwaren. Sie kommen sogar in Zahnpasta, Mundwassern und Arzneimitteln zum Einsatz.

Ist Zuckerersatz gesünder als Zucker?

Süßungsmittel werden als die gesündere Alternative zum Zucker vermarktet. Lange Zeit wurden speziell Süßstoffe Diabetikern angepriesen. Ob sie wirklich gesünder sind, kann die Forschung nicht eindeutig beantworten.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) kam 2023 in einer Stellungnahme zu dem Schluss, die fünf am häufigsten verwendeten chemisch hergestellten Süßstoffe - Sucralose, Acesulfam-K, Saccharin, Aspartam und Cyclamat - würden die Gesundheit offenbar nicht beeinträchtigen. Das BfR bemängelt aber die unzureichende Studienlage. Es gibt zwar zahlreiche Studien dazu, allerdings wurde meisten nicht an Menschen, sondern an Tieren geforscht.

Helfen Süßungsmittel beim Abnehmen?

Die Antwort lautet: eher nicht. Auch wenn Süßungsmittel lange Übergewichtigen und Diabetikern empfohlen wurden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) arbeitet dafür an einer neuen Leitlinie. Darin soll der Hinweis, Süßungsmittel eigneten sich zur Gewichtsreduktion, nicht mehr enthalten sein.
Diabetiker-Lebensmittel sind übrigens in Deutschland bereits seit 2010 wegen Nutzlosigkeit ersatzlos aus der Diätverordnung gestrichen.

Macht Zuckerersatz dick?

Menschen, die viele Süßstoffe konsumieren, nehmen langfristig eher zu und haben ein erhöhtes Risiko für Herzerkrankungen. Zu diesem Ergebnis ist die Weltgesundheitsorganisation WHO gekommen. Für die Überarbeitung ihrer Leitlinie, die auch Süßungsmittel betrifft, hat sie Hunderte Studien überprüft.
Dass industrielle Süßungsmittel den Appetit nicht anregen, wie die Industrie sagt, stimme nur zum Teil, erklärt Diabetologe Michael Roden. Neue Studien hätten ergeben: Der Abbau eines Süßungsmittels im Körper beeinflusst den Stoffwechsel „indirekt durch Hormone, durch Signale, die dann letztlich das Verhalten ändern“.
Für die Süßstoffe Sucralose und Saccharin konnten Forschende aus Israel, den USA und Deutschland zudem zeigen, dass der Blutzucker durch den Konsum der künstlichen Süßstoffe steigt. Wenn er dann wieder abfällt, kann das Appetit auslösen.

Verursachen Süßungsmittel Krankheiten?

Klar ist, dass Süßungsmittel keinen Krebs und keine Karies verursachen. Zur Frage nach einer Verbindung von Süßungsmitteln und Krebs hat die WHO im Jahr 2022 erneut die Datenlage überprüft und insgesamt 48 Studien an Menschen ausgewertet. Sie fand keinen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Verzehr von Süßungsmitteln und Krebs. Ein weiteres sicheres Forschungsergebnis ist, dass Süßungsmittel im Gegensatz zu Zucker keine Karies verursachen.
Zu diesen beiden Punkten hat die Wissenschaft eindeutige Erkenntnisse. Zu anderen Auswirkungen wie auf die Darmflora oder die Entstehung von Diabetes liegen letztlich zu wenige Daten vor, um belastbare Ergebnisse zu veröffentlichen.

Wie erkennt man Süßungsmittel?

Zuckeraustausch und Zuckerersatzstoffe müssen im Zutatenverzeichnis als „Süßungsmittel“ aufgeführt sein. Das Süßungsmittel kann explizit benannt sein, wie beispielsweise Sucralose, oder es kann anstelle des Namens die E-Nummer aufgeführt werden, erklärt Karen Hirsch-Ernst. Bei Sucralose wäre das "E955".

Ringen um die richtige Kennzeichnung

Als mindestens verwirrend kann die Kennzeichnung mit dem grün-gelb-roten Nutri-Score gelten, den Lebensmittelhersteller seit Ende 2020 freiwillig auf die Verpackungen drucken können. Denn bei der sogenannten Lebensmittelampel werden Süßungsmittel nicht berücksichtigt.
Das führt dazu, dass etwa ein Bio-Apfelsaft wegen des hohen natürlichen Zuckergehalts ein mittelmäßiges gelbes „C“ bekommt, indes eine mit Süßstoff versetzte Lightcola ein grünes „B“. Organisationen wie Foodwatch fordern: Produkte mit Süßstoffen dürften gar keine grüne Bewertung erhalten, denn sie lösen das Problem des krankmachenden Übergewichts nicht.
(*) Wir haben einen Satz gestrichen, der falsch war.

abr, mkn