Das Szenario ist Stoff für Alpträume. Um Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen, besorgen sich Bösewichte radioaktive Substanzen.
"Es wird immer behauptet, dass verschiedene Terrororganisationen sich das überlegen, auch schon Vorbereitungen getroffen haben."
Die Attentäter basteln aus dem strahlenden Stoff eine Bombe und zünden sie in einer Großstadt. Es gibt Tote, Verletzte, Verstrahlte. Die radioaktive Verseuchung macht die Umgebung für Jahre unbewohnbar.
"Radioaktives Material, was Terroristen am wenigsten in die Hände bekommen sollten, ist ganz sicher spaltbares Material."
"The gravest threat the world faces today, in my opinion, is that extremists could get hold of nuclear or radioactive materials. In the wake of the 9/11 attacks, the IAEA initiated a comprehensive programm to combat the risk of nuclear terrorism."
Am 2. November 2009 erstattet Dr. Mohamed El Baradei der UN-Generalversammlung in New York Bericht. Es ist sein letzter Auftritt als Generaldirektor der internationalen Atomenergiebehörde IAEA - ein Job, den El Baradei zwölf Jahre lang gemacht hat. In seiner Abschiedsrede wiederholt der Ägypter, was er zuvor schon öfter gesagt hat: Die Gefahr eines Terroranschlags mit radioaktivem Material sei derzeit die größte Sicherheitsbedrohung weltweit.
"The number of incidents of illicit trafficking and other unauthorised activities reported to our Illicit Trafficking Database – over 200 last year – remains a cause of grave concern and might well be only the tip of the iceberg."
Über 200 Fälle von vagabundierendem strahlendem Material wurden der internationalen Atomenergiebehörde in Wien allein 2007 gemeldet. Und das sei vermutlich nur die Spitze des Eisbergs, warnt Mohamed El Baradei: Der Schutz vor Anschlägen mit Atombomben oder radioaktiven Sprengsätzen sei ein Wettlauf gegen die Zeit.
Ob und wie er zu gewinnen ist? Neben dem Atomstreit mit dem Iran wird das eines der zentralen Themen des Gipfeltreffens zur Nuklearsicherheit sein, zu dem US-Präsident Barack Obama jetzt nach Washington geladen hat. Drei Bedrohungsszenarien sind es, die den Experten am meisten Kopfzerbrechen bereiten.
Szenario Nummer 1: Nuklearterroristen gelangen in den Besitz einer Atombombe aus Militärbeständen und bringen sie zur Detonation. Weil Armeestützpunkte meist gut bewacht sind, gilt diese Option als eher unwahrscheinlich. Es sei denn, die Terroristen könnten auf staatliche Unterstützung zählen, etwa aus Nordkorea oder Pakistan.
Szenario Nummer 2: Nuklearterroristen mit ausreichend Wissen und Ressourcen bekommen über dunkle Kanäle genügend waffenfähiges Uran oder Plutonium in die Finger, um selbst eine einfache Atombombe zu konstruieren. 8 Kilogramm Plutonium oder 20 Kilogramm hoch angereichertes Uran genügen. Baupläne für solche "improvisierten Kernwaffen" finden sich im Internet. Welche Zerstörung sie anrichten, hängt von der Expertise ihrer Konstrukteure ab. Ohne cleveren Zündmechanismus verpufft ein Großteil des Kernsprengstoffs - ohne dass es zur nuklearen Kettenreaktion kommt. Der Schaden bliebe dann viel geringer als bei einer richtigen Atombombe.
Szenario Nummer 3: Nuklearterroristen beschaffen sich Material für den Bau einer schmutzigen Bombe. Also einer Mischung aus gewöhnlichem Sprengstoff und radioaktiven Substanzen, die bei der Explosion verteilt werden und Menschen und Umgebung verstrahlen. Diese Option käme mit relativ wenig radioaktivem Material aus, das zudem viel leichter verfügbar ist als waffenfähiges Uran oder Plutonium aus gesicherten Atomanlagen. Deshalb gilt sie als die wahrscheinlichste.
Sind schmutzige Bomben also ein Synonym für die Büchse der Pandora? Was die Zahl der Opfer angeht, wohl eher nicht. Denn die wäre ziemlich begrenzt und viel geringer als bei einer Atombombe, sagt Dr. Klaus Lützenkirchen, der Leiter der Abteilung für Nukleare Sicherheit am europäischen Forschungsinstitut für Transurane in Karlsruhe.
"Was die Schädigung von Personen angeht, halte ich eine schmutzige Bombe nicht für gefährlicher als das konventionelle Material selbst, den konventionellen Sprengstoff, auf den sich dann natürlich eine radioaktive Kontamination drauf addieren würde. Wobei es so aussieht, dass radioaktive Kontamination weniger ein faktisches Problem darstellt, weil die Kontamination sich dermaßen weit ausbreiten würde, dass die Schädigung von Einzelpersonen entweder nicht vorhanden oder ganz gering wäre."
Aus diesem Grund klassifizieren Fachleute schmutzige Bomben nicht als Massenvernichtungswaffen, sondern als weapons of mass disruption: Als Waffen also, die das öffentliche Leben zum Erliegen bringen, erklärt Dr. Wolfgang Rosenstock. Er leitet die Abteilung Nukleare und Elektromagnetische Effekte beim Fraunhofer-Institut für naturwissenschaftlich-technische Trendanalysen in Euskirchen.
"Wenn ich jetzt denke, ich mache das in einem großen Wirtschaftszentrum, zum Beispiel im Frankfurter Bankenviertel, und lege dann die deutsche Strahlenschutzverordnung zugrunde, dann kann ich schnell das komplette Bankenviertel so kontaminieren, dass man es erst einmal nicht betreten darf. Und das hat natürlich wirtschaftliche Konsequenzen."
Schäden in Milliardenhöhe wären die Folge. Und eine tief greifende Verunsicherung, die Wirtschaft und Gesellschaft zu paralysieren droht. Um das Risiko eines nuklearen Terroranschlags zu minimieren, gibt es seit Mitte der 1990er Jahre zahlreiche internationale Initiativen. Im Gefolge der New Yorker Anschläge vom 11. September 2001 wurden weitere UN-Konventionen verabschiedet und bilaterale Abkommen geschlossen. Das oberste Ziel: Verhindern, dass radioaktives und spaltbares Material in falsche Hände gerät. Eine Herkulesaufgabe.
Die strahlenden Substanzen, die es zu kontrollieren gilt, befinden sich nicht nur in gut bewachten Brennelementefabriken, Wiederaufarbeitungsanlagen und Raketensilos. Stoff für eine schmutzige Bombe findet sich auch in Materialprüflabors, auf Baustellen, in Arztpraxen und Krankenhäusern, wo weltweit zigtausende Strahlenquellen im Einsatz sind.
Laut offizieller Statistik der internationalen Atomenergiebehörde verschwindet jeden zweiten Tag irgendwo etwas davon. Und längst nicht immer taucht das Vermisste wieder auf. Wenn doch, dann landen Funde aus Europa früher oder später in Karlsruhe, im Labor von Dr. Klaus Mayer, einem der führenden Experten für nukleare Forensik.
"Das Material selber enthält soviel Information, die es erlaubt zurück zu verfolgen, wo es herkam, wo es eventuell gestohlen oder abgezweigt wurde. In vielen Fällen konnten wir die Probe zurück verfolgen bis zum Herstellungsort und auch das Herstellungsdatum sehr genau eingrenzen."
Der Nuklear-Detektiv Klaus Mayer ermittelt im Auftrag der EU-Kommission. Wer ihm bei der Arbeit zusehen will, muss Zeit mitbringen. Zwei hohe Zäune, Überwachungskameras und Bewegungsmelder schotten das Areal in Leopoldshafen ab. Besucher dürfen erst nach eingehendem Sicherheitscheck aufs Gelände des Instituts für Transurane - Kameras und Mobiltelefone gar nicht. Für den Zugang zum Labortrakt braucht man Chipkarte, Dosimeter, einen weißen Mantel und Überschuhe. Erst dann gelangt man durch eine zweite Sicherheitsschleuse nach innen. Klaus Mayer:
"Das ist die Massenspektrometrie für Uran und Plutonium. Das ist die Massenspektrometrie für die anderen Elemente. Dafür haben wir ein eigenes Gerät. Die anderen Handschuhkästen sind für die Probenvorbereitung beziehungsweise die Gerätewartung."
Zwei metergroße Messgeräte füllen den Raum, dazwischen eine Handvoll geräumiger Plexiglasboxen. In ihrem Inneren reihen sich Reagenzgläser mit stark verdünnten Lösungen radioaktiver Substanzen aneinander. Weil die Proben nur Milligramm radioaktiven Materials enthalten, strahlen sie nur schwach. Gefährlich würde es jedoch, wenn Partikel über Mund oder Nase in den Körper gelangen. Mayer:
"Deshalb handhaben wir das Material in diesen Handschuhkästen. Das sind hermetisch abgeschlossene Boxen mit Plexiglasscheiben, die unter Unterdruck stehen. Sodass wir das Material von uns fernhalten und auch das Risiko einer Inkorporation, einer Aufnahme in den Körper, dadurch auf ein Mindestmaß reduzieren. Dadurch, dass diese Handschuhkästen unter Unterdruck stehen, ist der Luftstrom immer zum Material hin. Selbst bei einem kleinen Loch in einem Handschuh besteht für uns dann kein Risiko."
In der Box links vom Eingang liegt ein rötlicher Brocken Uranerz, daneben ein Behälter mit Yellow Cake, einem gelben Pulver aus verschiedenen Uranverbindungen. Um daraus Kernbrennstoff herzustellen, muss der Anteil des spaltbaren Uran-Isotops 235 auf rund 3,5 Prozent erhöht werden. Das Ergebnis der Prozedur liegt ebenfalls im Kasten: Eine fingerkuppengroße schwarze Brennstofftablette. Normalerweise hätte sie in einem Reaktor landen müssen, doch sie geriet auf Abwege und tauchte erst vor drei Jahren wieder auf.
"2007 wurden in einem Garten in einem Anwesen in Norddeutschland 14 Uran-Brennstofftabletten aufgefunden. Die niedersächsischen Behörden haben uns um Amtshilfe gebeten. Und wir haben dann diese 14 Pellets untersucht, um festzustellen, woher sie möglicherweise gekommen sind."
Es war eine von rund einem Dutzend Proben vagabundierenden Nuklearmaterials, die Klaus Mayer jährlich zur Analyse bekommt. Über aktuelle Fälle darf er nicht reden. Um die Herkunft der 14 Brennstofftabletten zu klären, zogen die Experten alle Register. Per Isotopenanalyse bestimmten sie die genaue Zusammensetzung des angereicherten Urans und seine Verunreinigungen; mit dem Elektronenmikroskop analysierten sie verräterische Kratzer auf seiner Oberfläche. Am Ende ließen die Indizien nur einen Schluss zu: Die Uran-Pellets stammten aus der ehemaligen Siemens-Brennelemente-Fabrik in Hanau. Mayer:
"Und die Frage, die dann noch blieb, war, wie alt ist das Material, wann wurde es abgezweigt? Auch da konnten wir mit unseren nuklearforensischen Methoden ein Herstellungsdatum von November 1990 ermitteln. Und da diese Pellets alle einen kleinen mechanischen Defekt aufgewiesen haben, gehen wir davon aus, dass die Pellets an einem bestimmten Punkt innerhalb der Anlage aussortiert und von dort auch entwendet wurden. Die Information haben wir den niedersächsischen Landesbehörden weitergegeben, für deren weitere Ermittlungen."
Der Mann, der die Pellets vergraben hatte, will sie 1991 von einem Bekannten erworben haben - um publik zu machen, wie leicht es ist, an spaltbares Material zu kommen. Zur 1996 still gelegten Brennstoff-Fabrik in Hanau hatte der geistig Verwirrte nachweislich nie Zugang. Den Namen seines Lieferanten hat er nicht verraten.
Den Ausgang des Labortrakts am Instituts für Transurane versperrt eine spezielle Strahlenschleuse inklusive Ganzkörperscan. Wer absichtlich oder aus Versehen radioaktives Material mit sich herumträgt, wird nicht durchgelassen.
Die Botschaft der Karlsruher Nuklear-Detektive ist klar. Wem es gelingt, irgendwo unbemerkt strahlendes Material abzuzweigen, der muss damit rechnen, dass man ihm irgendwann auf die Schliche kommt. Klaus Mayer:
"Wenn wir betrachten, wie sich das illicit trafficking, also das Nuklearmaterial außerhalb gesetzlicher Kontrolle, entwickelt hat, dann hatten wir Anfang der 1990er Jahre viele Fälle des bewussten oder beabsichtigten Schmuggels. Münchner Plutonium und viele andere Fälle, die wir in den 90er Jahren hatten. Dieses Phänomen ist zumindest aus Mitteleuropa weitgehend verschwunden. Ich denke, das liegt daran, dass wir in vielen Fällen sagen konnten, wo das Material herkam und die Anlagen dort diese Hinweise aufgenommen haben und ihre Sicherheitseinrichtungen deutlich verstärkt haben."
"Ab hier ist Ausländern die Weiterfahrt verboten" – ein Warnschild auf einer der einsamen Waldstraßen im Süd-Ural. Ein paar Kilometer weiter endet die Straße vor einem Hochsicherheitszaun mit patrouillierendem Sicherheitspersonal. Dahinter liegt Majak, eine der weltweit größten Atomfabriken. Der Blick von der Gebirgsstraße, die das riesige Areal umrundet, zeigt nichts außer Gewerbehallen und Schornsteinen. Dass die Sowjets hier einst das Plutonium für ihre Atombomben produzierten, muss man wissen. Heute ist Majak ein nukleares Industriegebiet mit 14.000 Beschäftigten, einer Wiederaufarbeitungsanlage, Atommüll-Lagern und zwei Reaktoren. Traurige Berühmtheit erlangte der Ort 1957, als hier wegen Schlamperei ein Fass mit Atommüll explodierte und das Umland verseuchte.
Haarsträubende Sicherheitszustände herrschten in Majak auch während der postsowjetischen Wirren der 1990er Jahre. Die Beschäftigten reden darüber bis heute nicht gern - es sei denn, in einem abhörsicheren Auto und ohne Nennung von Namen.
"Die Mitarbeiter verdienten damals umgerechnet zehn Dollar im Monat – zu wenig, um eine Familie zu ernähren. Also haben die Leute die Rohre der Reaktoranlage abgeschraubt und den Stahl verscherbelt. Wenn man sich unsere Datschensiedlungen anschaut, dann staunt man, wie viele Zäune mit Material aus der Plutoniumfabrik gebaut sind – weil das so eine originelle grünliche Farbe hat. Die Leute haben geklaut, was sie nur wegtragen konnten. Und wenn sie irgendwie an das Uran herangekommen wären, dann hätten sie auch das mitgehen lassen. Das besserte sich erst 1996, als aus den USA die ersten Gelder flossen, um die Sicherheitstechnik zu modernisieren. Zu jener Zeit wurden auch die Gehälter erhöht. Damit kehrte die Disziplin schlagartig zurück."
Heute ist Majak ein internationales Vorzeigeprojekt. Hilfsprogramme, finanziert mit Geldern der G8-Staaten, sollen für Reaktorsicherheit und geregeltes Abfallmanagement sorgen. Auch Deutschland ist beteiligt. Und so gehört Axel Hagemann zu den wenigen Ausländern, die das Betriebsgelände betreten dürfen. Hagemann arbeitet für die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit in Köln und leitet in Majak den Bau einer sieben Kilometer langen Zaunanlage. Mit Bewegungsmeldern und Videokameras soll sie das waffenfähige Spaltmaterial in Wiederaufarbeitungsanlage vor Dieben schützen.
"Da kann man platt sagen: 'Ihr beschäftigt euch mit Zäunen?' Ganz so simpel ist das nicht. Wir schauen uns an, ob die Anlage zielwertig ist, ob sich das überhaupt lohnt. Was haben wir dort für ein Gefährdungspotenzial, wie wichtig ist die Anlage in Zusammenhang mit G8? Und dann geht es darum, die entsprechenden Dinge anzuschaffen und dort zu installieren."
Erste Teile des Zauns sollen dieses Jahr in Betrieb gehen. Egal, ob die Mitarbeiter dann per Zug, Lkw, oder zu Fuß aufs Gelände wollen: Sie werden immer mehrstufige Kontrollen passieren müssen. Hagemann:
"Durch unsere finanzielle Hilfeleistung haben wir die Möglichkeit, mitzubestimmen. Ohne das hätten wir überhaupt keinen Einfluss darauf zu sagen, wann und wie diese Anlagen mal modernisiert werden. Aus unserer Sicht ist die Modernisierung notwendig, und dadurch, dass dieser G8-Beschluss existiert, gab es auch die Mittel dafür. Ich glaube, wir bewegen was."
Um es Terroristen möglichst schwer zu machen, an spaltbares Material zu kommen, wurden in den vergangenen Jahren Dutzende ähnliche Projekte voran getrieben. Hunderte Tonnen Waffenuran aus Militärbeständen wurden verdünnt und zu Brennelementen verarbeitet. Die zivile Nutzung von hoch angereichertem Uran wurde zurückgefahren, seine Produktion außer in Indien, Pakistan und dem Iran überall gestoppt und Forschungsreaktoren weltweit auf harmloseren Brennstoff umgerüstet. Hat all das etwas gebracht? Sind illegale Machenschaften mit strahlendem Stoff weniger geworden?
Nach Informationen der internationalen Atomenergiebehörde nicht. Die Zahl der offiziell bekannten kriminellen Aktivitäten liegt seit Jahren weltweit konstant bei etwa 19 Fällen pro Jahr. Ihr geographischer Schwerpunkt hat sich von Osteuropa nach Süden verschoben, in Richtung der Grenzen von Türkei und Iran. Illicit nuclear trafficking database, so heißt die IAEA-Datenbank für nuklearen Zündstoff auf Abwegen. Sie basiert auf freiwilligen Meldungen der Mitgliedsstaaten. Von 1995 bis Ende 2008 wurden insgesamt 1562 Fälle verzeichnet. Um waffentaugliches Uran oder Plutonium, das für den Bau einer Atombombe taugt, ging es nur bei rund 15 davon, sagt der Kernphysiker Dr. George Moore von der IAEA.
"Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion gelangten beträchtliche Mengen hoch angereichertes Uran auf den Schwarzmarkt. Beim größten Fund in Tschechien waren das seinerzeit drei Kilogramm. Auch geringe Mengen Plutonium tauchten ein paar Mal auf. In den vergangenen Jahren wurden die sichergestellten Mengen aber immer kleiner. Einer der letzten größeren Funde stammt aus Georgien, wo 2006 rund 170 Gramm hoch angereichertes Uran entdeckt wurden. Was der Rückgang der sichergestellten Mengen zu bedeuten hat, wissen wir nicht. Es wäre denkbar, dass die illegalen Besitzer dazu gelernt haben und das Material heute einfach besser verstecken. Es könnte aber auch sein, dass das Angebot tatsächlich abgenommen hat."
Und die Motive der Diebe und Zwischenhändler? Den meisten ging es schlicht ums Geld. Sie hofften, den Stoff gewinnbringend verkaufen zu können und gingen dabei verdeckten Ermittlern ins Netz. Laut IAEA gab es aber auch schon Täter mit anderen Absichten. Und das ist nicht alles, was dem Nuklearschmuggel-Experten George Moore Sorgen bereitet.
"Sichergestelltes Material war nur in den seltensten Fällen als gestohlen gemeldet. Das bedeutet, dass die Überwachung von Kernbrennstoffen und radioaktivem Material immer noch nicht so lückenlos ist, dass wir merken, wenn irgendwo etwas verschwindet."
Bei der IAEA müht man sich nach Kräften, das zu ändern. Tag für Tag inspizieren die Inspektoren der Megabehörde zivile Atomanlagen, um sicherzustellen, dass der Verbleib von Kernbrennstoffen dokumentiert und strahlendes Material wirksam vor unbefugtem Zugriff geschützt wird. Immer wieder stoßen sie dabei auf haarsträubende Sicherheitslücken. Dass weltweit zigtausend Tonnen radioaktiver Substanzen im Umlauf sind, macht die globale Nuklear-Inventur zur Sisyphusarbeit. Selbst bei den brisantesten Stoffen fällt es mitunter schwer, den Überblick zu behalten. Erklärt Dr. Matthias Englert vom Zentrum für internationale Sicherheit und Zusammenarbeit der Universität Stanford.
"Plutonium gibt es derzeitig in separierter Form etwa 500 Tonnen. Etwa 250 in militärischen Beständen, etwa 250 in zivilen Beständen, die abgetrennt wurden, in La Hague oder Sellafield. An hoch angereichertem Uran gibt es über 1000 Tonnen in militärischen Beständen. Im zivilen Bereich wesentlich weniger. In Nicht-Kernwaffen-Staaten gibt es ungefähr zehn Tonnen des Materials, es wird hauptsächlich noch benutzt in Forschungsreaktoren zur Isotopenproduktion für medizinische Zwecke und in Schiffsreaktoren, zum Antrieb."
Das Problem mit Plutonium und hoch angereichertem Uran: In Brennelementefabriken und Wiederaufarbeitungsanlagen werden jährlich Hunderte Tonnen davon verarbeitet. Die paar Kilogramm, die für eine Atombombe abgezweigt werden müssten, fallen da kaum ins Gewicht. Englert:
"Man braucht ja für eine Waffe etwa nur acht Kilogramm Plutonium oder 25 Kilogramm hoch angereichertes Uran - je nachdem, wie gut man in Waffentechniken ist, reicht auch schon wesentlich weniger. Und wenn ich jetzt natürlich tonnenweise Material in solchen Anlagen umschlage, dann ist es schwierig, so genau zu bilanzieren, dass ich wirklich auf wenige Kilogramm genau immer mitkriege, wo das Material ist. So sind in einigen Anlagen auch schon mehrere Kilo Material verschwunden, in Anführungsstrichen. Die sind vielleicht gar nicht verschwunden, die Messgenauigkeit ist nur einfach nicht groß genug."
Dass immer wieder irgendwo auf der Welt strahlender Stoff in dunklen Kanälen versickert, wird deshalb kaum zu verhindern sein. Zumal immer mehr Länder auf die zivile Nutzung der Kernenergie setzen, bei der stets auch Plutonium und andere hoch radioaktive Zerfallsprodukte entstehen. Umso wichtiger wird daher die zweite Verteidigungslinie, die "second line of defense". Die Idee dahinter ist simpel: Attentäter, die sich ausreichend Stoff für den Bau einer improvisierten Kernwaffe oder einer schmutzigen Bombe verschaffen konnten, müssen ihn irgendwohin transportieren - und zwar in aller Regel über Ländergrenzen, per LKW, Schiff oder im Handgepäck.
Der Physiker Dr. Wolfgang Rosenstock ist Experte fürs Aufspüren von Nuklearschmugglern. In einem EU-Projekt arbeitet der Fraunhofer-Forscher aus Euskirchen daran, Europas Grenzen zur Ukraine dicht zu machen. Kürzlich hat er ein Gerät auf Herz und Nieren getestet: Eine mannshohe Bake mit Natrium-Iodid-Kristallen darin, die leuchten, sobald radioaktive Fracht vorbeirollt.
"Sobald ich in einem gewissen Abstand mit radioaktivem Material hier vorbei komme, wird die Strahlung da registriert, gemessen, die kann per Funk übertragen werden. Typische Reichweite der Funkübertragung ist je nach Gelände zwischen 300 und 1000 Metern. Das heißt, ich kann das Ganze verdeckt messen. Und das kann ich verstecken hinter einer Werbetafel oder anderen Dingen, die ganz natürlich vorkommen. Das heißt, ich kann hier etwas messen, ohne dass derjenige es merkt."
Solche Portalscanner stehen mittlerweile an vielen Grenzübergängen, Container-Terminals und Flughäfen. Weil auch Bananen, Kunstdünger und Keramikprodukte Gammastrahlen aussenden, schlagen die Scanner viel zu oft Alarm. Dann sind weitere Kontrollen fällig, die geschultes Personal, Zeit und Geld kosten. Neuere Geräte unterdrücken solche Fehlalarme teilweise. Wirklich brisante Fracht wie ein paar Kilo hoch angereichertes Uran würden sie allerdings kaum entdecken. Rosenstock:
"Jedes spaltbare Material emittiert sowohl Gammas wie auch Neutronen. Jetzt ist die Frage, ist die Intensität hoch genug? Da gibt es spezifische Unterschiede. Beim Uran ist die typische Strahlungsintensität nicht sehr hoch. Das heißt, auf einen etwas größeren Abstand unterscheidet sich das Signal nicht mehr vom natürlichen Untergrund, während das bei Plutonium durchaus anders aussieht. Beim Uran kommt noch erschwerend hinzu: Wenn ich an das hoch angereicherte Uran denke, was für Kernwaffen von Bedeutung ist, das U-235, das hat nur sehr niederenergetische Gammastrahlung. Das kann ich mit vier Millimetern Blei so gut abschirmen, dass ich außen nichts mehr messe."
Clevere Abschirmungen dürften selbst noch den Nachfolgern der heutigen Geräte zu schaffen machen. Dank halbleiterbasierter Strahlungsmesser mit höherer Energieauflösung sollen sie gefährliche Stoffe automatisch klassifizieren und erstmals zuverlässig von harmloser Fracht unterscheiden können. Für die Kontrolle des Containerhandels wäre das ein Quantensprung. Aber noch halten die Geräte nicht, was die Hersteller versprechen. Rosenstock:
"Gucken Sie mal wie groß so ein typischer 20-Fuß-Container ist und vergleichen sie das mit der Größe von typischen radioaktiven Stoffen. Wenn ich an Spaltmaterial denke: 20 Kilogramm Uran haben ungefähr ein Volumen von einem Liter. Wenn ich das in der Mitte vom Container unterbringe und außen alles Mögliche unterbringe, werde ich es nach wie vor nicht entdecken."
Es ist die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Die USA wollen es trotzdem versuchen. Im Rahmen der ambitionierten Megaports-Initiative wollen sie bis 2015 100 wichtige Seehäfen weltweit mit Strahlungsmessern ausrüsten - mit dem Ziel, die Hälfte des globalen Containerverkehrs zu scannen.
Klaus Mayer:
"Nuklearterrorismus ist eine der Gefahren, die mit sehr großer Besorgnis in letzter Zeit betrachtet werden."
Klaus Lützenkirchen:
"Radioaktives Material, was Terroristen am wenigsten in die Hände bekommen sollten, ist ganz sicher spaltbares Material."
Wolfgang Rosenstock:
"Es wird immer behauptet, dass verschieden Terrororganisationen sich das überlegen, auch schon Vorbereitungen getroffen haben."
Der Kampf gegen den Nuklearschmuggel wird an vielen Fronten geführt, von Wissenschaftlern und Diplomaten gleichermaßen. Bislang wurde kein Fall publik, wo atomarer Zündstoff auf Abwegen tatsächlich zum Einsatz kam. Noch waren Geheimdienste und Fahnder stets rechtzeitig zur Stelle. Diesen Erfolg für mehr als einen Etappensieg zu halten, wäre naiv. Im Vorfeld der Olympiade in Peking bestätigte die IAEA 2008 Geheimdienstinformationen, wonach Terroristen versuchten an atomares Material zu gelangen. In einem offiziellen Bericht schrieb die Behörde im selben Jahr:
Dilettantismus und schlechte Organisation waren kennzeichnend für viele Fälle des unkontrollierten Verkehrs von strahlendem Material. Gut organisierte, professionelle und von Nachfrage getriebene illegale Machenschaften wären sehr viel schwieriger aufzudecken.
Ein Befund, an dem sich bis heute nichts geändert hat. Heißt das, die Menschheit hatte bisher einfach nur Glück? Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis irgendein Schurke ernst macht? Der deutsche Nuklearsicherheitsexperte Klaus Lützenkirchen antwortet ausweichend.
"Angst sollte man damit sicherlich nicht schüren. Der Hauptpunkt ist sicher der, dass die zuständigen Behörden auf solche Fälle vorbereitet sind und auch Schutzmaßnahmen sehr schnell zum Einsatz bringen können."
Deutschlands Katastrophenschützer proben bereits den Ernstfall. Eine schmutzige Bombe, gezündet am Flughafen Köln-Bonn – das war das Szenario einer groß angelegten Zivilschutzübung Ende Januar.
"Es wird immer behauptet, dass verschiedene Terrororganisationen sich das überlegen, auch schon Vorbereitungen getroffen haben."
Die Attentäter basteln aus dem strahlenden Stoff eine Bombe und zünden sie in einer Großstadt. Es gibt Tote, Verletzte, Verstrahlte. Die radioaktive Verseuchung macht die Umgebung für Jahre unbewohnbar.
"Radioaktives Material, was Terroristen am wenigsten in die Hände bekommen sollten, ist ganz sicher spaltbares Material."
"The gravest threat the world faces today, in my opinion, is that extremists could get hold of nuclear or radioactive materials. In the wake of the 9/11 attacks, the IAEA initiated a comprehensive programm to combat the risk of nuclear terrorism."
Am 2. November 2009 erstattet Dr. Mohamed El Baradei der UN-Generalversammlung in New York Bericht. Es ist sein letzter Auftritt als Generaldirektor der internationalen Atomenergiebehörde IAEA - ein Job, den El Baradei zwölf Jahre lang gemacht hat. In seiner Abschiedsrede wiederholt der Ägypter, was er zuvor schon öfter gesagt hat: Die Gefahr eines Terroranschlags mit radioaktivem Material sei derzeit die größte Sicherheitsbedrohung weltweit.
"The number of incidents of illicit trafficking and other unauthorised activities reported to our Illicit Trafficking Database – over 200 last year – remains a cause of grave concern and might well be only the tip of the iceberg."
Über 200 Fälle von vagabundierendem strahlendem Material wurden der internationalen Atomenergiebehörde in Wien allein 2007 gemeldet. Und das sei vermutlich nur die Spitze des Eisbergs, warnt Mohamed El Baradei: Der Schutz vor Anschlägen mit Atombomben oder radioaktiven Sprengsätzen sei ein Wettlauf gegen die Zeit.
Ob und wie er zu gewinnen ist? Neben dem Atomstreit mit dem Iran wird das eines der zentralen Themen des Gipfeltreffens zur Nuklearsicherheit sein, zu dem US-Präsident Barack Obama jetzt nach Washington geladen hat. Drei Bedrohungsszenarien sind es, die den Experten am meisten Kopfzerbrechen bereiten.
Szenario Nummer 1: Nuklearterroristen gelangen in den Besitz einer Atombombe aus Militärbeständen und bringen sie zur Detonation. Weil Armeestützpunkte meist gut bewacht sind, gilt diese Option als eher unwahrscheinlich. Es sei denn, die Terroristen könnten auf staatliche Unterstützung zählen, etwa aus Nordkorea oder Pakistan.
Szenario Nummer 2: Nuklearterroristen mit ausreichend Wissen und Ressourcen bekommen über dunkle Kanäle genügend waffenfähiges Uran oder Plutonium in die Finger, um selbst eine einfache Atombombe zu konstruieren. 8 Kilogramm Plutonium oder 20 Kilogramm hoch angereichertes Uran genügen. Baupläne für solche "improvisierten Kernwaffen" finden sich im Internet. Welche Zerstörung sie anrichten, hängt von der Expertise ihrer Konstrukteure ab. Ohne cleveren Zündmechanismus verpufft ein Großteil des Kernsprengstoffs - ohne dass es zur nuklearen Kettenreaktion kommt. Der Schaden bliebe dann viel geringer als bei einer richtigen Atombombe.
Szenario Nummer 3: Nuklearterroristen beschaffen sich Material für den Bau einer schmutzigen Bombe. Also einer Mischung aus gewöhnlichem Sprengstoff und radioaktiven Substanzen, die bei der Explosion verteilt werden und Menschen und Umgebung verstrahlen. Diese Option käme mit relativ wenig radioaktivem Material aus, das zudem viel leichter verfügbar ist als waffenfähiges Uran oder Plutonium aus gesicherten Atomanlagen. Deshalb gilt sie als die wahrscheinlichste.
Sind schmutzige Bomben also ein Synonym für die Büchse der Pandora? Was die Zahl der Opfer angeht, wohl eher nicht. Denn die wäre ziemlich begrenzt und viel geringer als bei einer Atombombe, sagt Dr. Klaus Lützenkirchen, der Leiter der Abteilung für Nukleare Sicherheit am europäischen Forschungsinstitut für Transurane in Karlsruhe.
"Was die Schädigung von Personen angeht, halte ich eine schmutzige Bombe nicht für gefährlicher als das konventionelle Material selbst, den konventionellen Sprengstoff, auf den sich dann natürlich eine radioaktive Kontamination drauf addieren würde. Wobei es so aussieht, dass radioaktive Kontamination weniger ein faktisches Problem darstellt, weil die Kontamination sich dermaßen weit ausbreiten würde, dass die Schädigung von Einzelpersonen entweder nicht vorhanden oder ganz gering wäre."
Aus diesem Grund klassifizieren Fachleute schmutzige Bomben nicht als Massenvernichtungswaffen, sondern als weapons of mass disruption: Als Waffen also, die das öffentliche Leben zum Erliegen bringen, erklärt Dr. Wolfgang Rosenstock. Er leitet die Abteilung Nukleare und Elektromagnetische Effekte beim Fraunhofer-Institut für naturwissenschaftlich-technische Trendanalysen in Euskirchen.
"Wenn ich jetzt denke, ich mache das in einem großen Wirtschaftszentrum, zum Beispiel im Frankfurter Bankenviertel, und lege dann die deutsche Strahlenschutzverordnung zugrunde, dann kann ich schnell das komplette Bankenviertel so kontaminieren, dass man es erst einmal nicht betreten darf. Und das hat natürlich wirtschaftliche Konsequenzen."
Schäden in Milliardenhöhe wären die Folge. Und eine tief greifende Verunsicherung, die Wirtschaft und Gesellschaft zu paralysieren droht. Um das Risiko eines nuklearen Terroranschlags zu minimieren, gibt es seit Mitte der 1990er Jahre zahlreiche internationale Initiativen. Im Gefolge der New Yorker Anschläge vom 11. September 2001 wurden weitere UN-Konventionen verabschiedet und bilaterale Abkommen geschlossen. Das oberste Ziel: Verhindern, dass radioaktives und spaltbares Material in falsche Hände gerät. Eine Herkulesaufgabe.
Die strahlenden Substanzen, die es zu kontrollieren gilt, befinden sich nicht nur in gut bewachten Brennelementefabriken, Wiederaufarbeitungsanlagen und Raketensilos. Stoff für eine schmutzige Bombe findet sich auch in Materialprüflabors, auf Baustellen, in Arztpraxen und Krankenhäusern, wo weltweit zigtausende Strahlenquellen im Einsatz sind.
Laut offizieller Statistik der internationalen Atomenergiebehörde verschwindet jeden zweiten Tag irgendwo etwas davon. Und längst nicht immer taucht das Vermisste wieder auf. Wenn doch, dann landen Funde aus Europa früher oder später in Karlsruhe, im Labor von Dr. Klaus Mayer, einem der führenden Experten für nukleare Forensik.
"Das Material selber enthält soviel Information, die es erlaubt zurück zu verfolgen, wo es herkam, wo es eventuell gestohlen oder abgezweigt wurde. In vielen Fällen konnten wir die Probe zurück verfolgen bis zum Herstellungsort und auch das Herstellungsdatum sehr genau eingrenzen."
Der Nuklear-Detektiv Klaus Mayer ermittelt im Auftrag der EU-Kommission. Wer ihm bei der Arbeit zusehen will, muss Zeit mitbringen. Zwei hohe Zäune, Überwachungskameras und Bewegungsmelder schotten das Areal in Leopoldshafen ab. Besucher dürfen erst nach eingehendem Sicherheitscheck aufs Gelände des Instituts für Transurane - Kameras und Mobiltelefone gar nicht. Für den Zugang zum Labortrakt braucht man Chipkarte, Dosimeter, einen weißen Mantel und Überschuhe. Erst dann gelangt man durch eine zweite Sicherheitsschleuse nach innen. Klaus Mayer:
"Das ist die Massenspektrometrie für Uran und Plutonium. Das ist die Massenspektrometrie für die anderen Elemente. Dafür haben wir ein eigenes Gerät. Die anderen Handschuhkästen sind für die Probenvorbereitung beziehungsweise die Gerätewartung."
Zwei metergroße Messgeräte füllen den Raum, dazwischen eine Handvoll geräumiger Plexiglasboxen. In ihrem Inneren reihen sich Reagenzgläser mit stark verdünnten Lösungen radioaktiver Substanzen aneinander. Weil die Proben nur Milligramm radioaktiven Materials enthalten, strahlen sie nur schwach. Gefährlich würde es jedoch, wenn Partikel über Mund oder Nase in den Körper gelangen. Mayer:
"Deshalb handhaben wir das Material in diesen Handschuhkästen. Das sind hermetisch abgeschlossene Boxen mit Plexiglasscheiben, die unter Unterdruck stehen. Sodass wir das Material von uns fernhalten und auch das Risiko einer Inkorporation, einer Aufnahme in den Körper, dadurch auf ein Mindestmaß reduzieren. Dadurch, dass diese Handschuhkästen unter Unterdruck stehen, ist der Luftstrom immer zum Material hin. Selbst bei einem kleinen Loch in einem Handschuh besteht für uns dann kein Risiko."
In der Box links vom Eingang liegt ein rötlicher Brocken Uranerz, daneben ein Behälter mit Yellow Cake, einem gelben Pulver aus verschiedenen Uranverbindungen. Um daraus Kernbrennstoff herzustellen, muss der Anteil des spaltbaren Uran-Isotops 235 auf rund 3,5 Prozent erhöht werden. Das Ergebnis der Prozedur liegt ebenfalls im Kasten: Eine fingerkuppengroße schwarze Brennstofftablette. Normalerweise hätte sie in einem Reaktor landen müssen, doch sie geriet auf Abwege und tauchte erst vor drei Jahren wieder auf.
"2007 wurden in einem Garten in einem Anwesen in Norddeutschland 14 Uran-Brennstofftabletten aufgefunden. Die niedersächsischen Behörden haben uns um Amtshilfe gebeten. Und wir haben dann diese 14 Pellets untersucht, um festzustellen, woher sie möglicherweise gekommen sind."
Es war eine von rund einem Dutzend Proben vagabundierenden Nuklearmaterials, die Klaus Mayer jährlich zur Analyse bekommt. Über aktuelle Fälle darf er nicht reden. Um die Herkunft der 14 Brennstofftabletten zu klären, zogen die Experten alle Register. Per Isotopenanalyse bestimmten sie die genaue Zusammensetzung des angereicherten Urans und seine Verunreinigungen; mit dem Elektronenmikroskop analysierten sie verräterische Kratzer auf seiner Oberfläche. Am Ende ließen die Indizien nur einen Schluss zu: Die Uran-Pellets stammten aus der ehemaligen Siemens-Brennelemente-Fabrik in Hanau. Mayer:
"Und die Frage, die dann noch blieb, war, wie alt ist das Material, wann wurde es abgezweigt? Auch da konnten wir mit unseren nuklearforensischen Methoden ein Herstellungsdatum von November 1990 ermitteln. Und da diese Pellets alle einen kleinen mechanischen Defekt aufgewiesen haben, gehen wir davon aus, dass die Pellets an einem bestimmten Punkt innerhalb der Anlage aussortiert und von dort auch entwendet wurden. Die Information haben wir den niedersächsischen Landesbehörden weitergegeben, für deren weitere Ermittlungen."
Der Mann, der die Pellets vergraben hatte, will sie 1991 von einem Bekannten erworben haben - um publik zu machen, wie leicht es ist, an spaltbares Material zu kommen. Zur 1996 still gelegten Brennstoff-Fabrik in Hanau hatte der geistig Verwirrte nachweislich nie Zugang. Den Namen seines Lieferanten hat er nicht verraten.
Den Ausgang des Labortrakts am Instituts für Transurane versperrt eine spezielle Strahlenschleuse inklusive Ganzkörperscan. Wer absichtlich oder aus Versehen radioaktives Material mit sich herumträgt, wird nicht durchgelassen.
Die Botschaft der Karlsruher Nuklear-Detektive ist klar. Wem es gelingt, irgendwo unbemerkt strahlendes Material abzuzweigen, der muss damit rechnen, dass man ihm irgendwann auf die Schliche kommt. Klaus Mayer:
"Wenn wir betrachten, wie sich das illicit trafficking, also das Nuklearmaterial außerhalb gesetzlicher Kontrolle, entwickelt hat, dann hatten wir Anfang der 1990er Jahre viele Fälle des bewussten oder beabsichtigten Schmuggels. Münchner Plutonium und viele andere Fälle, die wir in den 90er Jahren hatten. Dieses Phänomen ist zumindest aus Mitteleuropa weitgehend verschwunden. Ich denke, das liegt daran, dass wir in vielen Fällen sagen konnten, wo das Material herkam und die Anlagen dort diese Hinweise aufgenommen haben und ihre Sicherheitseinrichtungen deutlich verstärkt haben."
"Ab hier ist Ausländern die Weiterfahrt verboten" – ein Warnschild auf einer der einsamen Waldstraßen im Süd-Ural. Ein paar Kilometer weiter endet die Straße vor einem Hochsicherheitszaun mit patrouillierendem Sicherheitspersonal. Dahinter liegt Majak, eine der weltweit größten Atomfabriken. Der Blick von der Gebirgsstraße, die das riesige Areal umrundet, zeigt nichts außer Gewerbehallen und Schornsteinen. Dass die Sowjets hier einst das Plutonium für ihre Atombomben produzierten, muss man wissen. Heute ist Majak ein nukleares Industriegebiet mit 14.000 Beschäftigten, einer Wiederaufarbeitungsanlage, Atommüll-Lagern und zwei Reaktoren. Traurige Berühmtheit erlangte der Ort 1957, als hier wegen Schlamperei ein Fass mit Atommüll explodierte und das Umland verseuchte.
Haarsträubende Sicherheitszustände herrschten in Majak auch während der postsowjetischen Wirren der 1990er Jahre. Die Beschäftigten reden darüber bis heute nicht gern - es sei denn, in einem abhörsicheren Auto und ohne Nennung von Namen.
"Die Mitarbeiter verdienten damals umgerechnet zehn Dollar im Monat – zu wenig, um eine Familie zu ernähren. Also haben die Leute die Rohre der Reaktoranlage abgeschraubt und den Stahl verscherbelt. Wenn man sich unsere Datschensiedlungen anschaut, dann staunt man, wie viele Zäune mit Material aus der Plutoniumfabrik gebaut sind – weil das so eine originelle grünliche Farbe hat. Die Leute haben geklaut, was sie nur wegtragen konnten. Und wenn sie irgendwie an das Uran herangekommen wären, dann hätten sie auch das mitgehen lassen. Das besserte sich erst 1996, als aus den USA die ersten Gelder flossen, um die Sicherheitstechnik zu modernisieren. Zu jener Zeit wurden auch die Gehälter erhöht. Damit kehrte die Disziplin schlagartig zurück."
Heute ist Majak ein internationales Vorzeigeprojekt. Hilfsprogramme, finanziert mit Geldern der G8-Staaten, sollen für Reaktorsicherheit und geregeltes Abfallmanagement sorgen. Auch Deutschland ist beteiligt. Und so gehört Axel Hagemann zu den wenigen Ausländern, die das Betriebsgelände betreten dürfen. Hagemann arbeitet für die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit in Köln und leitet in Majak den Bau einer sieben Kilometer langen Zaunanlage. Mit Bewegungsmeldern und Videokameras soll sie das waffenfähige Spaltmaterial in Wiederaufarbeitungsanlage vor Dieben schützen.
"Da kann man platt sagen: 'Ihr beschäftigt euch mit Zäunen?' Ganz so simpel ist das nicht. Wir schauen uns an, ob die Anlage zielwertig ist, ob sich das überhaupt lohnt. Was haben wir dort für ein Gefährdungspotenzial, wie wichtig ist die Anlage in Zusammenhang mit G8? Und dann geht es darum, die entsprechenden Dinge anzuschaffen und dort zu installieren."
Erste Teile des Zauns sollen dieses Jahr in Betrieb gehen. Egal, ob die Mitarbeiter dann per Zug, Lkw, oder zu Fuß aufs Gelände wollen: Sie werden immer mehrstufige Kontrollen passieren müssen. Hagemann:
"Durch unsere finanzielle Hilfeleistung haben wir die Möglichkeit, mitzubestimmen. Ohne das hätten wir überhaupt keinen Einfluss darauf zu sagen, wann und wie diese Anlagen mal modernisiert werden. Aus unserer Sicht ist die Modernisierung notwendig, und dadurch, dass dieser G8-Beschluss existiert, gab es auch die Mittel dafür. Ich glaube, wir bewegen was."
Um es Terroristen möglichst schwer zu machen, an spaltbares Material zu kommen, wurden in den vergangenen Jahren Dutzende ähnliche Projekte voran getrieben. Hunderte Tonnen Waffenuran aus Militärbeständen wurden verdünnt und zu Brennelementen verarbeitet. Die zivile Nutzung von hoch angereichertem Uran wurde zurückgefahren, seine Produktion außer in Indien, Pakistan und dem Iran überall gestoppt und Forschungsreaktoren weltweit auf harmloseren Brennstoff umgerüstet. Hat all das etwas gebracht? Sind illegale Machenschaften mit strahlendem Stoff weniger geworden?
Nach Informationen der internationalen Atomenergiebehörde nicht. Die Zahl der offiziell bekannten kriminellen Aktivitäten liegt seit Jahren weltweit konstant bei etwa 19 Fällen pro Jahr. Ihr geographischer Schwerpunkt hat sich von Osteuropa nach Süden verschoben, in Richtung der Grenzen von Türkei und Iran. Illicit nuclear trafficking database, so heißt die IAEA-Datenbank für nuklearen Zündstoff auf Abwegen. Sie basiert auf freiwilligen Meldungen der Mitgliedsstaaten. Von 1995 bis Ende 2008 wurden insgesamt 1562 Fälle verzeichnet. Um waffentaugliches Uran oder Plutonium, das für den Bau einer Atombombe taugt, ging es nur bei rund 15 davon, sagt der Kernphysiker Dr. George Moore von der IAEA.
"Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion gelangten beträchtliche Mengen hoch angereichertes Uran auf den Schwarzmarkt. Beim größten Fund in Tschechien waren das seinerzeit drei Kilogramm. Auch geringe Mengen Plutonium tauchten ein paar Mal auf. In den vergangenen Jahren wurden die sichergestellten Mengen aber immer kleiner. Einer der letzten größeren Funde stammt aus Georgien, wo 2006 rund 170 Gramm hoch angereichertes Uran entdeckt wurden. Was der Rückgang der sichergestellten Mengen zu bedeuten hat, wissen wir nicht. Es wäre denkbar, dass die illegalen Besitzer dazu gelernt haben und das Material heute einfach besser verstecken. Es könnte aber auch sein, dass das Angebot tatsächlich abgenommen hat."
Und die Motive der Diebe und Zwischenhändler? Den meisten ging es schlicht ums Geld. Sie hofften, den Stoff gewinnbringend verkaufen zu können und gingen dabei verdeckten Ermittlern ins Netz. Laut IAEA gab es aber auch schon Täter mit anderen Absichten. Und das ist nicht alles, was dem Nuklearschmuggel-Experten George Moore Sorgen bereitet.
"Sichergestelltes Material war nur in den seltensten Fällen als gestohlen gemeldet. Das bedeutet, dass die Überwachung von Kernbrennstoffen und radioaktivem Material immer noch nicht so lückenlos ist, dass wir merken, wenn irgendwo etwas verschwindet."
Bei der IAEA müht man sich nach Kräften, das zu ändern. Tag für Tag inspizieren die Inspektoren der Megabehörde zivile Atomanlagen, um sicherzustellen, dass der Verbleib von Kernbrennstoffen dokumentiert und strahlendes Material wirksam vor unbefugtem Zugriff geschützt wird. Immer wieder stoßen sie dabei auf haarsträubende Sicherheitslücken. Dass weltweit zigtausend Tonnen radioaktiver Substanzen im Umlauf sind, macht die globale Nuklear-Inventur zur Sisyphusarbeit. Selbst bei den brisantesten Stoffen fällt es mitunter schwer, den Überblick zu behalten. Erklärt Dr. Matthias Englert vom Zentrum für internationale Sicherheit und Zusammenarbeit der Universität Stanford.
"Plutonium gibt es derzeitig in separierter Form etwa 500 Tonnen. Etwa 250 in militärischen Beständen, etwa 250 in zivilen Beständen, die abgetrennt wurden, in La Hague oder Sellafield. An hoch angereichertem Uran gibt es über 1000 Tonnen in militärischen Beständen. Im zivilen Bereich wesentlich weniger. In Nicht-Kernwaffen-Staaten gibt es ungefähr zehn Tonnen des Materials, es wird hauptsächlich noch benutzt in Forschungsreaktoren zur Isotopenproduktion für medizinische Zwecke und in Schiffsreaktoren, zum Antrieb."
Das Problem mit Plutonium und hoch angereichertem Uran: In Brennelementefabriken und Wiederaufarbeitungsanlagen werden jährlich Hunderte Tonnen davon verarbeitet. Die paar Kilogramm, die für eine Atombombe abgezweigt werden müssten, fallen da kaum ins Gewicht. Englert:
"Man braucht ja für eine Waffe etwa nur acht Kilogramm Plutonium oder 25 Kilogramm hoch angereichertes Uran - je nachdem, wie gut man in Waffentechniken ist, reicht auch schon wesentlich weniger. Und wenn ich jetzt natürlich tonnenweise Material in solchen Anlagen umschlage, dann ist es schwierig, so genau zu bilanzieren, dass ich wirklich auf wenige Kilogramm genau immer mitkriege, wo das Material ist. So sind in einigen Anlagen auch schon mehrere Kilo Material verschwunden, in Anführungsstrichen. Die sind vielleicht gar nicht verschwunden, die Messgenauigkeit ist nur einfach nicht groß genug."
Dass immer wieder irgendwo auf der Welt strahlender Stoff in dunklen Kanälen versickert, wird deshalb kaum zu verhindern sein. Zumal immer mehr Länder auf die zivile Nutzung der Kernenergie setzen, bei der stets auch Plutonium und andere hoch radioaktive Zerfallsprodukte entstehen. Umso wichtiger wird daher die zweite Verteidigungslinie, die "second line of defense". Die Idee dahinter ist simpel: Attentäter, die sich ausreichend Stoff für den Bau einer improvisierten Kernwaffe oder einer schmutzigen Bombe verschaffen konnten, müssen ihn irgendwohin transportieren - und zwar in aller Regel über Ländergrenzen, per LKW, Schiff oder im Handgepäck.
Der Physiker Dr. Wolfgang Rosenstock ist Experte fürs Aufspüren von Nuklearschmugglern. In einem EU-Projekt arbeitet der Fraunhofer-Forscher aus Euskirchen daran, Europas Grenzen zur Ukraine dicht zu machen. Kürzlich hat er ein Gerät auf Herz und Nieren getestet: Eine mannshohe Bake mit Natrium-Iodid-Kristallen darin, die leuchten, sobald radioaktive Fracht vorbeirollt.
"Sobald ich in einem gewissen Abstand mit radioaktivem Material hier vorbei komme, wird die Strahlung da registriert, gemessen, die kann per Funk übertragen werden. Typische Reichweite der Funkübertragung ist je nach Gelände zwischen 300 und 1000 Metern. Das heißt, ich kann das Ganze verdeckt messen. Und das kann ich verstecken hinter einer Werbetafel oder anderen Dingen, die ganz natürlich vorkommen. Das heißt, ich kann hier etwas messen, ohne dass derjenige es merkt."
Solche Portalscanner stehen mittlerweile an vielen Grenzübergängen, Container-Terminals und Flughäfen. Weil auch Bananen, Kunstdünger und Keramikprodukte Gammastrahlen aussenden, schlagen die Scanner viel zu oft Alarm. Dann sind weitere Kontrollen fällig, die geschultes Personal, Zeit und Geld kosten. Neuere Geräte unterdrücken solche Fehlalarme teilweise. Wirklich brisante Fracht wie ein paar Kilo hoch angereichertes Uran würden sie allerdings kaum entdecken. Rosenstock:
"Jedes spaltbare Material emittiert sowohl Gammas wie auch Neutronen. Jetzt ist die Frage, ist die Intensität hoch genug? Da gibt es spezifische Unterschiede. Beim Uran ist die typische Strahlungsintensität nicht sehr hoch. Das heißt, auf einen etwas größeren Abstand unterscheidet sich das Signal nicht mehr vom natürlichen Untergrund, während das bei Plutonium durchaus anders aussieht. Beim Uran kommt noch erschwerend hinzu: Wenn ich an das hoch angereicherte Uran denke, was für Kernwaffen von Bedeutung ist, das U-235, das hat nur sehr niederenergetische Gammastrahlung. Das kann ich mit vier Millimetern Blei so gut abschirmen, dass ich außen nichts mehr messe."
Clevere Abschirmungen dürften selbst noch den Nachfolgern der heutigen Geräte zu schaffen machen. Dank halbleiterbasierter Strahlungsmesser mit höherer Energieauflösung sollen sie gefährliche Stoffe automatisch klassifizieren und erstmals zuverlässig von harmloser Fracht unterscheiden können. Für die Kontrolle des Containerhandels wäre das ein Quantensprung. Aber noch halten die Geräte nicht, was die Hersteller versprechen. Rosenstock:
"Gucken Sie mal wie groß so ein typischer 20-Fuß-Container ist und vergleichen sie das mit der Größe von typischen radioaktiven Stoffen. Wenn ich an Spaltmaterial denke: 20 Kilogramm Uran haben ungefähr ein Volumen von einem Liter. Wenn ich das in der Mitte vom Container unterbringe und außen alles Mögliche unterbringe, werde ich es nach wie vor nicht entdecken."
Es ist die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Die USA wollen es trotzdem versuchen. Im Rahmen der ambitionierten Megaports-Initiative wollen sie bis 2015 100 wichtige Seehäfen weltweit mit Strahlungsmessern ausrüsten - mit dem Ziel, die Hälfte des globalen Containerverkehrs zu scannen.
Klaus Mayer:
"Nuklearterrorismus ist eine der Gefahren, die mit sehr großer Besorgnis in letzter Zeit betrachtet werden."
Klaus Lützenkirchen:
"Radioaktives Material, was Terroristen am wenigsten in die Hände bekommen sollten, ist ganz sicher spaltbares Material."
Wolfgang Rosenstock:
"Es wird immer behauptet, dass verschieden Terrororganisationen sich das überlegen, auch schon Vorbereitungen getroffen haben."
Der Kampf gegen den Nuklearschmuggel wird an vielen Fronten geführt, von Wissenschaftlern und Diplomaten gleichermaßen. Bislang wurde kein Fall publik, wo atomarer Zündstoff auf Abwegen tatsächlich zum Einsatz kam. Noch waren Geheimdienste und Fahnder stets rechtzeitig zur Stelle. Diesen Erfolg für mehr als einen Etappensieg zu halten, wäre naiv. Im Vorfeld der Olympiade in Peking bestätigte die IAEA 2008 Geheimdienstinformationen, wonach Terroristen versuchten an atomares Material zu gelangen. In einem offiziellen Bericht schrieb die Behörde im selben Jahr:
Dilettantismus und schlechte Organisation waren kennzeichnend für viele Fälle des unkontrollierten Verkehrs von strahlendem Material. Gut organisierte, professionelle und von Nachfrage getriebene illegale Machenschaften wären sehr viel schwieriger aufzudecken.
Ein Befund, an dem sich bis heute nichts geändert hat. Heißt das, die Menschheit hatte bisher einfach nur Glück? Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis irgendein Schurke ernst macht? Der deutsche Nuklearsicherheitsexperte Klaus Lützenkirchen antwortet ausweichend.
"Angst sollte man damit sicherlich nicht schüren. Der Hauptpunkt ist sicher der, dass die zuständigen Behörden auf solche Fälle vorbereitet sind und auch Schutzmaßnahmen sehr schnell zum Einsatz bringen können."
Deutschlands Katastrophenschützer proben bereits den Ernstfall. Eine schmutzige Bombe, gezündet am Flughafen Köln-Bonn – das war das Szenario einer groß angelegten Zivilschutzübung Ende Januar.