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Zufluchtsort für Flüchtlinge
Ägyptischer Milliardär will griechische Insel kaufen

Eine Insel als Flüchtlingsrefugium, das ist die Idee des ägyptischen Milliardärs Naguib Sawiris. Die Insel soll ein Reiseziel für Touristen werden und für Flüchtlinge ein Zufluchtsort. Doch eine offizielle Zustimmung hat Sawiris bislang nicht erhalten.

Von Björn Blaschke |
    Der Milliardär Naguib Sawiris
    Der Milliardär Naguib Sawiris ist einer der reichsten Männer der Welt. Für seinen geplante Flüchtlingsinsel will er 100 Millionen Dollar als Anschub-Finanzierung bereitstellen. (AFP )
    Naguib Sawiris - einst Schüler der deutschen Schule in Kairo - ist heute ein bekannter ägyptischer Geschäftsmann; einer, dem man glaubt, wenn er sagt:
    "Ich habe noch nie was gesagt, was ich nicht auch erreicht hab!"
    Der Erfolg gibt ihm recht: Naguib Sawiris ist unter anderem Chef eines weitverzweigten Telekommunikationsimperiums, mehrfacher Milliardär und als solcher einer der reichsten Männer der Welt. Alles, was er anfasst, wird zu Gold. Normalerweise. Daher war die Idee, die er vor einigen Wochen äußerte, ernst zu nehmen: Sawiris erklärte in Griechenland oder in Italien eine Insel kaufen zu wollen - eine Insel, auf der er Flüchtlinge unterbringen will.
    "Das aller Beste in meiner Initiative ist, ich bringe die Leute auf die Insel, sie nehmen niemandem den Job weg, weil die Insel hat überhaupt nichts, sie nehmen niemandem Platz in einem Spital, die nehmen niemandem Platz in einer Schule, weil wir bauen ein neues Spital, wir bauen eine neue Schule, wir beschaffen Arbeit für diese Leute, in dem sie ihr neues Land bauen."
    Sawiris selbst betonte mehrfach, er werde 100 Millionen Dollar - also rund 89 Millionen Euro - als Anschub-Finanzierung bereitstellen. Spender - so der Wirtschaftsmann - wollen seine Idee unterstützen; Spender, die nach seiner Vorstellung, Teilhaber einer "gemeinnützigen Firma" werden sollten, die das Flüchtlingsrefugium betreibt.
    "Wir machen auch eine Investition in Hotels und so weiter, damit wir Arbeitsplätze beschaffen und wenn das ganze fertig ist, dann ist diese Insel eine neue Destination ist für Tourismus."
    Ein Reiseziel für die Touristen?
    Die Insel als neue Destination, als Reiseziel für: Touristen. Eine Insel des Glücks: für Flüchtlinge. Und zugleich: eine Insel, von der zum Beispiel auch die arg gebeutelte Wirtschaft Griechenlands profitieren könnte:
    "Das Ganze ist gut für Griechenland, weil wer würde uns helfen beim Bau? - Griechische Bauunternehmer; wer würde uns die Sachen liefern, die wir brauchen? Stühle oder Möbel oder Medizin? – Griechenland!"
    Sawiris wäre nicht Sawiris, wenn er sich nicht bald, nachdem ihm vor ein paar Wochen die Idee gekommen war, an ihre Verwirklichung gemacht hätte. In Italien hat er zwar einsame, leere Inseln gefunden, aber die gehören dem italienischen Staat; sie sind unverkäuflich. In Griechenland hingegen gibt es private Eigentümer von leeren Inseln, die ihren - vom Meer umschlossenen Grund und Boden - auch verkaufen dürfen.
    "Ich habe 23 Inseln gefunden. Ich bin mit dem Preis okay. Wir können morgen 23 Inseln kaufen. Griechische Inseln - das sind private Leute, die diese Inseln gehören. Und die können wir kaufen. Aber wir können die Leute, die Migrantinnen und Migranten, nicht dort hinschicken, ohne Bewilligung der griechischen Regierung. Und trotz meines Briefes an die Prime-Minister; trotz einer Nachfrage bei den Botschaftern hier in Kairo - 'Bitte helft uns, dass wir eine Antwort kriegen' haben wir bis zu diesem Moment null Antwort. Null Antwort!"
    Keine Kommentar von der griechischen Botschaft
    Die griechische Botschaft in Kairo erklärt auf Nachfrage: "Kein Kommentar." Eine erstaunliche Reaktion angesichts der Flüchtlingszahlen in Griechenland und in Europa überhaupt. Ein paar Zehntausend Syrer, die von einem Geschäftsmann auf einer griechischen Insel in Lohn und Brot genommen werden könnten - und die die europäischen Steuerzahler nichts kosten würden. Das wäre doch was!?
    "Ich brauche bloß, dass der Prime-Minister mir schreibt und mir sagt 'Okay, Du kannst 20.000 Leute auf diese Insel für drei Jahre bringen. Wir werden Dich dann die Zollbehörde und die Einwanderungsbehörde vorstellen, an diese Insel, damit sie alle Leute empfangen und sie kriegen einen Aufenthalt von drei Jahren, bis ihr Land wieder in Ruhe kommt und wenn ihr Land zur Ruhe kommt, müssen sie wieder zurück.' Irgendwie so eine Abmachung, verstehen Sie?! Ich bin so gar nicht gewohnt, dass ich Briefe an Prime-Minister schreibe, die nicht beantwortet werden. Sagen wir es so: Das ist mir zum ersten Mal passiert."
    Dabei hält er nicht an der Idee von einer Insel fest, sagt Sawiris. Genauso könne er auch ein Bauprojekt in Italien übernehmen, eines der Bauprojekte, die halb fertig sind, weil sich ihre Eigner beispielsweise verspekuliert haben.
    "Im Moment gibt es in Italien zehn, zwanzig Real-Estate-Projekte, die stehen so leer. Da kann die Regierung auch kommen und sagen: 'Komm hier her, investier, dass Du das fertigmachst. Du hast drei Jahre, in denen Du die Leute hier beschäftigen kannst.' Es muss keine Insel sein."
    Die italienische Botschaft in Kairo erklärt, dass sie einen Brief von Naguib Sawiris erhalten hat. Punkt. Aus diplomatischen Kreisen ist indes zu hören, dass Italien seine Energie darauf konzentriere, die Flüchtlingskrise auf EU-Ebene in Brüssel zu regeln.
    "Es ist eigentlich töricht. Weil: Die Immigranten kommen an erster Stelle nach Griechenland. Oder kommen auch nach Italien. Sie sind dort! Also jetzt kommt jemand und sagt, ich nehme Euch das Problem weg!"
    "Machen tut niemand was"
    Die Flüchtlinge - da hat Sawiris Recht - sind ohnehin da. Also sollten sie so untergebracht werden, dass es ihnen und denen, die sie aufnehmen, gut damit geht. Sawiris will, dass kreative Ideen in der Flüchtlingskrise ernst genommen werden. Ob er sich für seine Idee von deutschen Politikern Unterstützung erhofft?
    "Ich hoffe, deshalb mach ich jetzt auch ein Interview. Ich habe auch die EU angesprochen. Aber ich habe bei niemand gesehen, dass er merkt, wie gut diese Idee ist. Das ist immer so mit Bürokraten, wenn sie mit einem Entrepreneur zu tun haben. 'Ah, schöne Idee, ja, das finde ich gut. Aber machen tut niemand was."
    Was umso erstaunlicher ist angesichts der Tatsache, dass die Flüchtlingszahlen weiter steigen werden, sobald die Situation beispielsweise in Syrien eskaliert. Das hat sich gerade erst wieder gezeigt, als Russland begann, aufseiten von Präsident Bashar al-Assad in Syrien zu bombardieren.
    "Im Moment, wo die Russen jetzt reinkamen, ist das so schlimm geworden, dass die Leute jetzt im Moment nicht wissen, wo sie jetzt gehen. Die Übrigen, die dort geblieben sind. Das heißt, das Problem wird größer."