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Zukunft der EU
Gegen das "Augen zu und durch"

Für den Hamburger Ökonomen Stefan Collignon war der EU-Gipfel in Bratislava kein Erfolg. Im Deutschlandfunk sagte er, die Staats- und Regierungschefs betrieben "Business as usual". Die Art und Weise, wie Europa regiert werde, werde nicht angepackt. Dabei könnte eine echte europäische Regierung helfen.

Stefan Collignon im Gespräch mit Birgid Becker |
    Bundeskanzlerin Merkel und der slowakische Ministerpräsident Fico sind von Sicherheitskräften umgeben. Merkel trägt einen türkisfarbenen Blazer und winkt.
    EU-Gipfel in Bratislava: Bundeskanzlerin Merkel und der slowakische Ministerpräsident Fico nach einer Bootstour. (EPA)
    Für Stefan Collignon, der auch Vorsitzender des Wissenschaftlichen Rates am Centro Europa Ricerche (CER) in Rom ist, versucht jede Regierung in der EU "ihren eigenen kleinen Laden" so gut wie möglich zu regieren, am Ende blockierten sich die Regierungen auf EU-Ebene aber gegenseitig. Collignon schlägt vor, eine echte europäische Regierung zu schaffen, die demokratische Entscheidungen treffen kann, und damit den Staats- und Regierungschefs ihre (Blockade-)Macht zu entziehen, wie sie sich etwa in der Flüchtlingspolitik zeigt.
    Kompromisse zwischen Staatschefs gäben in dem Moment keine Antwort, wo es um eine richtige Antwort gehe. Dann werde vertagt und es würden Kompromisse gemacht, sagte Collignon. "Und das funktioniert auf Dauer nicht"
    Viele führende Politiker würden zwar – besonders durch den Brexit-Schock – sehen, dass die Leute ihnen nicht mehr so ohne weiteres folgten. Eines werde aber nicht wirklich diskutiert, so Collignon: "Wie kann man demokratisch das legitimieren, was auf europäischer Ebene für die Bürger gemacht wird oder gemacht werden muss, die von diesen Entscheidungen letztlich betroffen sind?" Der Ökonom glaubt, dass die Menschen etwa eine europäische Regierung goutieren würden, weil sie dadurch mehr Einfluss bekämen.
    "Warum funktioniert's eigentlich nicht?"
    Collignon forderte im Deutschlandfunk ein grundsätzliches Umdenken auf EU-Ebene. "Die fundamentalen Fragen müssen neu gestellt werden", sagte er. "Es geht so auf Dauer nicht weiter, wie wir das in den letzten zehn, zwanzig Jahren gemacht haben." Statt mit kleinen Schritten zu versuchen, den Leuten zu zeigen, dass etwas passiere, etwa in Sachen Jugendarbeitslosigkeit oder Migration, werde eine Frage nie gestellt: "Warum funktioniert's eigentlich nicht?"
    Der auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel beschworene "Geist von Bratislava" sei wahrscheinlich "mit das Beste, was man hat erzielen können", sagte Collignon im Deutschlandfunk. Allerdings hätten frühere Politiker wie Bundeskanzler Helmut Schmidt und Frankreichs Staatspräsident Valéry Giscard d'Estaing Courage viel weitergehende Schritte in Europa unternommen, etwa die ersten Ideen für eine gemeinsame europäische Währung ausgearbeitet oder sich für eine Direktwahl des Europäischen Parlaments eingesetzt. Vielleicht gebe es auch nach der Bundestagswahl jemanden in Deutschland, der so vorangehe.
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