Archiv

Zukunft der Evangelischen Journalistenschule
Fortführung oder Schließung?

Die evangelische Kirche muss sparen. Und davon wird auch die Evangelische Journalistenschule EJS betroffen sein. Ob die eigens gegründete Initiative oder andere Ideen die EJS retten können, ist noch nicht ausgemacht. Zur Diskussion stehen Kooperationen oder auch eine Schließung.

Von Michael Meyer |
Studenten der ev. Journalistenschule Berlin im Tonstudio.
Studenten der EJS im Tonstudio (Ev. Journalistenschule / Mathias Marx)
Bei der Evangelischen Synode am Wochenende kam heraus, dass man mit 30 Prozent weniger Budget bis 2030 rechnet. Diese Mittelkürzung betrifft auch die Evangelische Journalistenschule, kurz EJS, in Berlin. Schon Mitte Februar war bekannt geworden, dass die 1995 gegründete EJS nach dem aktuellen 13. Ausbildungsjahrgang geschlossen werden könnte. Eine Solidaritätskampagne von ehemaligen Schülern und Schülerinnen und von Prominenten zur Rettung der Schule gründete sich unmittelbar danach. Doch wie steht es um die Zukunft der EJS nach den jetzigen Beschlüssen der evangelischen Synode?
"Die EJS muss unsere Meinung nach erhalten bleiben, weil sie eine ganz besondere Ausbildung anbietet und auch eine ganz besondere Rolle spielt zwischen Kirche und Gesellschaft", sagt Natascha Gillenberg, Journalistin, ehemalige Schülerin der Evangelischen Journalistenschule und eine der Organisatorinnen der Rettungskampagne "EJS retten".
Inititative zur Rettung der Schule
Gillenberg hat zusammen mit Kollegen einen offenen Brief verfasst, und 12 Gründe für den Erhalt der Evangelischen Journalistenschule veröffentlicht – eine Anspielung auf 12 Leitsätze zur Zukunft der Evangelischen Kirche insgesamt, über die auf der Synode am Wochenende beraten wurde.
Gillenberg meint: "Also der Kirche würde durch die EJS etwas sehr Wesentliches verloren gehen, nämlich eine Brücke in die Gesellschaft hinein über unabhängige Journalisten. Also tatsächlich auch nicht Corporate Publishing, sondern tatsächlich unabhängigen Journalismus - aber Menschen, die geprägt sind durch eine Erfahrung mit Kirche in ihrer Pluralität. Wenn ausgerechnet die protestantische Kirche ihr Engagement bei der Journalistenausbildung einstellt oder sehr verkürzt, dann wäre das auch ein Verlust aus gesellschaftlicher Sicht. Dann sind viele andere Stimmen zu hören, aber die der protestantischen Kirche nicht."
Fortführung in alter Größe nicht möglich
Die komplette Schließung der Journalistenschule ist durch die Finanzentscheidungen der Synode am Wochenende zwar noch nicht beschlossen, jedoch wird die Fortführung in bisherigem Umfang nicht mehr möglich sein, betont Jörg Bollmann, Direktor des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik, kurz GEP. In den nächsten Jahren werde das GEP knapp zwei Mio EUR weniger zur Verfügung haben. Und das sei möglicherweise nicht die letzte Sparrunde.
Der Direktor des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik, GEP, Jörg Bollmann
Das Geld wird knapper: GEP-Direktor Jörg Bollmann (imago stock&people / epd-bild / Norbert Neetz)
Bezogen auf die Evangelische Journalistenschule sei es im Moment so, sagt Bollmann, "dass die Finanzierung nicht geklärt ist, aber dass wir auch nicht einfach so aus der journalistischen Ausbildung unter dem Dach des GEP aussteigen wollen. Das jedenfalls ist der Wunsch des Rates der EKD und der Wunsch des Aufsichtsrats, die sich beide intensiv mit dieser Frage beschäftigt haben. Und das heißt, wir haben den Leiter der Evangelischen Journalistenschule gebeten, zusammen mit den Alumni und dem Freundeskreis Konzepte zu entwickeln zur Fortsetzung der journalistischen Ausbildung unter dem Dach des GEP."
Mit anderen Worten: Alle Varianten sind derzeit möglich, von Kooperationen bis hin zur Schließung.
Eine der Fragen ist auch, ob die evangelische Kirche sich in der Journalistenausbildung engagieren soll, wenn doch viele Absolventen und Absolventinnen hinterher bei nicht-konfessionellen Medien arbeiten. Die Katholische Journalistenschule ifp in München bildet sehr viel stärker nach konfessionellen Kriterien aus - was sich auch in der Struktur der Schule zeigt: Seit 2015 wurden einige konfessionslose Schüler und Schülerinnen ausgebildet, 2020 hat sich zum ersten Mal ein muslimischer Schüler beworben. Bei der EJS in Berlin gibt es diese Bandbreite schon länger. [*]
Absolventen sind gefragt
Bollmann meint, das bisherige Konzept der Schule habe sich bewährt: "Die Schule hat einen sehr guten Ruf und aus der Schule kommen Redakteure und Redakteurinnen, die vom Markt gewollt werden. Es ist übrigens so, dass einige der Absolventen und Absolventinnen sehr wohl in der konfessionellen Presse in der evangelischen Publizistik arbeiten, und auch von anderen abgeworben werden."
Bis März nächsten Jahres soll für die Schule ein endgültiges Konzept erarbeitet werden. Eine der Überlegungen dabei: Die fehlenden Mittel für die Schule sollen durch Kooperationen mit anderen Institutionen, etwa Universitäten oder Medienunternehmen, kompensiert werden. Jörg Bollmann betont aber: "Ich halte es für unmöglich, eine journalistische Ausbildung unter dem Dach des GEP fortzuführen, in Kooperation oder nicht in Kooperation, ohne dass wir unseren finanziellen Beitrag dazu leisten. Ich weiß aber nicht, zu welchem Beitrag das GEP im Jahr 2021 fortfolgende in der Lage sein wird."
Hürden für Drittmittelförderer
Diese Unsicherheit erschwere aber jegliche Suche nach neuen Partnern, kritisiert Natascha Gillenberg. Derzeit sei es so, dass es eben kein klares Bekenntnis der Kirche zur Fortführung der Schule gebe: "Die Herausforderung bei Kooperationen ist, in dem Moment, wo Sie Kooperationspartner haben wollen, oder Leute, die Drittmittel geben, oder die stiften, dass Sie natürlich ein gewisses Fundament brauchen an Finanzen. Das heißt, wir brauchen schon irgendeine Zusage von Kirche beziehungsweise GEP. Ohne Geld bekommen wir auch keine Partner und keine Drittmittelförderer, das funktioniert nicht. Mal abgesehen davon, dass Drittmittelförderer sich fragen, warum die Kirche sich nicht engagiert und stattdessen sie sich engagieren sollen für etwas, wo noch das Label 'Evangelisch' draufsteht. Das heißt, wir brauchen auf jeden Fall einen bestimmten Sockel, der von der Kirche geleistet werden muss, ansonsten können wir über eine Neugründung der Schule nachdenken in komplett anderer Trägerschaft. Das würde die Schule fundamental ändern."
Bis Frühjahr nächsten Jahres ist noch Zeit für das Konzept einer Neuausrichtung der Schule – im Moment sieht es jedoch nicht danach aus, als könnte die EJS in ihrer alten Form mit ausreichend Finanzmitteln weiterhin bestehen bleiben. Von daher ist noch alles offen.

[*] Anmerkung der Redaktion: An dieser Stelle haben wir im Onlinetext korrigiert, dass sich die Katholische Journalistenschule ifp bereits seit 2015 für nicht-katholische Bewerber geöffnet hat.