Pressekonferenz am Donnerstagmorgen in Hamburg. Stefan Ermisch, der Vorstandsvorsitzende der HSH Nordbank, musste wie schon in letzten Jahren, die durchwachsene Jahresbilanz der Bank vorstellen, die noch in diesem Jahr verkauft werden soll:
"Wir glauben, dass die tragende Rolle der HSH-Nordbank nach vorne natürlich die Kernbank ist und nur sein kann. Diese hat sich sehr gut etabliert im Markt, hat sehr gute Kennziffern gebracht und ich glaube, sie bietet jedem neuen Eigentümer erhebliches Wachstumspotential auf einer sehr gut restrukturierten Basis."
Die Kennziffern der Abbaubank, der "Bad-Bank" unter Dach der HSH, konnten sich dagegen auch im letzten Jahr nicht wesentlich verbessern. Die Abbaubank machte ein Minus von 300 Millionen Euro.
Seit zwei Jahren leitet Stefan Ermisch die Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein und schon heute steht fest, dass das Haus in seiner jetzigen Form und Eigentümerstruktur schon bald Geschichte sein wird. Als die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein 2013 ihren zweiten Rettungsversuch starteten, genehmigte die Bankenaufsicht der EU die Stützung nur unter einer Bedingung: bis 2018 muss die HSH Nordbank verkauft werden. Klappt das nicht, wird die Landesbank abgewickelt. Am 31. März endet die Frist für Kaufinteressenten der Bank. Aber wer die Interessenten für die Kern- und die Abbaubank sind, verriet Stefan Ermisch nicht:
"Das ist berechtigt, dass die Neugierde geäußert wird. Aber ich werde dazu überhaupt nichts sagen können. Außer dem, was ich bereits gesagt habe: die Anzahl ist größer als es ursprünglich mal genannt worden war. Zweitens ist die Qualität derer, die Interesse bekundet hatten, absolut im grünen Bereich. Und das bezieht sich auf Strategen und Finanzinvestoren."
Die Geschäfte florierten, das Geldhaus lief
Vor 14 Jahren wurde die HSH Nordbank gegründet. Die Schleswig-Holsteinische mit der Hamburgischen Landesbank zusammenzulegen, galt als cleverer Schachzug der beiden Länder. Dass die Zwei-Länder-Bank innerhalb weniger Jahre zum Milliardenrisiko mutieren würde, ahnte damals niemand. Wolfgang Peiner war als Hamburger Finanzsenator maßgeblich an der Zusammenlegung der Landesbanken Hamburgs und Schleswig-Holsteins beteiligt gewesen.
"Wer sich die Aktenlage von 2003 anguckt, der wird feststellen: damals sind beide Länder bewundert worden für das, was wir damals getan haben, weil wir die ersten waren, die das klassische Denkmodell Landesbank verlassen haben und eine Geschäftsbank gegründet haben, die dann ja auch privatisiert werden sollte. Das Ziel war nicht, dass die Länder die Mehrheit halten sollten. Sondern das Ziel war, dass beide Länder ihre Anteile reduzieren und private Investoren gesucht werden sollten."
"Wer sich die Aktenlage von 2003 anguckt, der wird feststellen: damals sind beide Länder bewundert worden für das, was wir damals getan haben, weil wir die ersten waren, die das klassische Denkmodell Landesbank verlassen haben und eine Geschäftsbank gegründet haben, die dann ja auch privatisiert werden sollte. Das Ziel war nicht, dass die Länder die Mehrheit halten sollten. Sondern das Ziel war, dass beide Länder ihre Anteile reduzieren und private Investoren gesucht werden sollten."
Das Konzept ging auf, die Geschäfte florierten, das Geldhaus lief. Mit gut neun Prozent stieg der US-amerikanische Investor J.C. Flowers mit ein. Ebenso der Sparkassen und Giroverein Schleswig-Holstein, der auch heute noch 5,3 Prozent hält. In den ersten Jahren pumpten die Bankvorstände viel Kapital in die Bank. Denn bis 2005 gab es noch die Gewährträgerhaftung durch die Bundesländer in Höhe von immerhin 60 Milliarden Euro. Mit diesen Ländergarantien im Rücken konnte sich die HSH Nordbank am Kapitalmarkt perfekt refinanzieren. Die Bilanzsumme der Bank wuchs entsprechend rasant an. Dass fast händeringend nach Anlagemöglichkeiten für das viele Geld gesucht wurde, erklärt Norbert Dieckmann, Professor für Internationales Management, Banken und Finanzwesen an der privaten Hamburger EBC-Hochschule:
"Bei der HSH Nordbank ist das wirklich auch so gewesen, dass - ich möchte das mal vorsichtig formulieren - dass man unter einem gewissen Anlagezwang war. Man hatte dann die Mittel und dann bot es sich an, in einen Bereich zu investieren, den wir Banker "Kreditersatzgeschäft" nennen. Wo sie nicht mehr diese originären klassischen Kreditbeziehungen zwischen Gläubiger und Schuldner haben. Und das war natürlich teilweise auch ein Geschäft, das später zu größeren Verlusten geführt hat."
"Bei der HSH Nordbank ist das wirklich auch so gewesen, dass - ich möchte das mal vorsichtig formulieren - dass man unter einem gewissen Anlagezwang war. Man hatte dann die Mittel und dann bot es sich an, in einen Bereich zu investieren, den wir Banker "Kreditersatzgeschäft" nennen. Wo sie nicht mehr diese originären klassischen Kreditbeziehungen zwischen Gläubiger und Schuldner haben. Und das war natürlich teilweise auch ein Geschäft, das später zu größeren Verlusten geführt hat."
Mehrere hundert Millionen Euro investierten die Banker in den US-amerikanischen Subprime-Markt. In riskante Immobilienkredite also, die paketweise gehandelt wurden und bei denen oft nicht überprüft wurde, welche Risiken sie enthielten. Wolfgang Peiner war damals als Hamburger Finanzsenator Mitglied im Aufsichtsrat der HSH Nordbank:
"Hier muss man wirklich sagen, hier haben die Vorstände schlicht Fehler gemacht. Indem sie nicht vor Ort gewesen sind, indem sie sich die Situation nicht vor Ort angeschaut haben. Sie sind hier - und das haben ja auch die nachfolgenden Prozesse gezeigt - von den amerikanischen Investmentbanken über den Tisch gezogen worden, zum Teil echt betrogen worden. Es ist ihnen aber damals nicht aufgefallen. Das ist ein wirklicher Fehler der Bankenvorstände gewesen."
"Hier muss man wirklich sagen, hier haben die Vorstände schlicht Fehler gemacht. Indem sie nicht vor Ort gewesen sind, indem sie sich die Situation nicht vor Ort angeschaut haben. Sie sind hier - und das haben ja auch die nachfolgenden Prozesse gezeigt - von den amerikanischen Investmentbanken über den Tisch gezogen worden, zum Teil echt betrogen worden. Es ist ihnen aber damals nicht aufgefallen. Das ist ein wirklicher Fehler der Bankenvorstände gewesen."
Risikomanagment nicht gleichzeitig mit aktivem Geschäft gewachsen
Und sicher keiner der Aufsichtsräte, sagt Wolfgang Peiner. Dazu kamen noch die Fehleinschätzungen der Banker im Geschäft mit Schiffsfinanzierungen.
"Der Vorstand hat, was die Schifffahrtskredite betrifft, doppelt versagt. Einmal bei dem Volumen der gegebenen Kredite und bei der Qualität der vergebenen Kredite. Und ein besonderes Problem sind heute die sogenannten "Panamaxe", die in gewaltiger Größenordnung von der HSH Nordbank beliehen wurden. Schiffe, deren Name daher kommt, dass die maximale Größenordnung die ist, die noch durch den Panamakanal fährt. Und offenbar haben die größten Schifffahrtsexperten der Welt nicht berücksichtigt, dass der Panamakanal erweitert wird, größere Schleusen bekommt und damit diese so genannte "Panamax-Klasse" wirtschaftlich veraltet ist, nicht technisch, sondern wirtschaftlich veraltet ist!"
1.600 Container- und Massengutfrachter finanzierte die HSH Nordbank, 2008 war die Bilanzsumme des Hauses auf 208 Milliarden Euro angewachsen. Versäumt wurde aber, in gleichem Maße das Risiko-Management der Bank zu stärken, so Norbert Dieckmann:
"Da sind bei der HSH wohl Fehler passiert. Die Untersuchungsausschüsse haben beide, in Kiel als auch in Hamburg herausgefunden, dass das Risikomanagement, dass das Back-Office, die so genannte "Marktfolge" nicht gleichzeitig gewachsen ist mit dem aktiven Geschäft. Das ist im Nachhinein mit Sicherheit ein sehr, sehr kritischer Punkt, dass man irgendwann nicht mehr genau wusste, welche Risiken in welcher Höhe man eigentlich zu bewerkstelligen hat."
"Da sind bei der HSH wohl Fehler passiert. Die Untersuchungsausschüsse haben beide, in Kiel als auch in Hamburg herausgefunden, dass das Risikomanagement, dass das Back-Office, die so genannte "Marktfolge" nicht gleichzeitig gewachsen ist mit dem aktiven Geschäft. Das ist im Nachhinein mit Sicherheit ein sehr, sehr kritischer Punkt, dass man irgendwann nicht mehr genau wusste, welche Risiken in welcher Höhe man eigentlich zu bewerkstelligen hat."
Auf die Finanzkrise 2008, ausgelöst durch die Pleite der Lehman Bank in New York, folgte eine Wirtschaftskrise, die auch deutsche Unternehmen empfindlich traf.
"Die Zeiten, in denen die deutschen Waren die Containerhäfen gar nicht schnell genug verlassen konnten, sind längst vorbei. Doch die deutsche Exportwirtschaft muss sich für 2009 wohl auf noch weniger Aufträge aus dem Ausland einstellen. Unterm Strich wird damit der Export erstmals seit 1993 schrumpfen. Wichtige Handelspartner wie die USA und Großbritannien sind besonders von der weltweiten Rezession betroffen. Die Konsequenz: im letzten Jahr führten sie weniger deutsche Waren ein. Schon zum Jahresende sanken die Ausfuhren deutlich und verbuchten das größte Minus seit der Wiedervereinigung."
"Die Zeiten, in denen die deutschen Waren die Containerhäfen gar nicht schnell genug verlassen konnten, sind längst vorbei. Doch die deutsche Exportwirtschaft muss sich für 2009 wohl auf noch weniger Aufträge aus dem Ausland einstellen. Unterm Strich wird damit der Export erstmals seit 1993 schrumpfen. Wichtige Handelspartner wie die USA und Großbritannien sind besonders von der weltweiten Rezession betroffen. Die Konsequenz: im letzten Jahr führten sie weniger deutsche Waren ein. Schon zum Jahresende sanken die Ausfuhren deutlich und verbuchten das größte Minus seit der Wiedervereinigung."
Die Exportrückgänge machten nicht nur dem produzierenden Gewerbe zu schaffen, sondern auch den Reedereien. Im Hamburger Hafen lagen Containerfrachter wochenlang auf Reede, weil Ladung ausblieb. Und die Frachtraten, also die Preise pro transportiertem Container, brachen um bis zu 70 Prozent ein. Das wiederum traf vor allem kleine Reedereien schwer, die ihre Kredite bei der HSH Nordbank nicht mehr bedienen konnten.
Petra Heinrich betreibt zusammen mit ihrem Mann so eine kleine Reederei. Schon vor Jahren taten sich die beiden mit zwei anderen Reedern zusammen, konnten so Geld sparen beim Einkauf von Material und Treibstoff. Die "Este-Ship-Management" hat ihren Sitz in einem schlichten Bürogebäude im Alten Land, im Süden Hamburgs. Vor Petra Heinrich steht das Modell eines Frachtschiffs, mit dem ihre Firma ihr Geld verdient:
"Das ist ein Container-Feeder-Schiff von der Sietas-Werft. Das kann 822 Container mitnehmen. In einer wunderschönen blauen Farbe. Das ist als "Helga" gekauft worden und heißt jetzt "Page Akia" und wird von uns bereedert."
"Das ist ein Container-Feeder-Schiff von der Sietas-Werft. Das kann 822 Container mitnehmen. In einer wunderschönen blauen Farbe. Das ist als "Helga" gekauft worden und heißt jetzt "Page Akia" und wird von uns bereedert."
Die einstige "Helga" wird von Familie Heinrich also nur noch betreut, sie ist nicht mehr in ihrem Besitz. Dabei hatten Petra Heinrich und ihr Mann mit viel Eigenkapital, anders als andere Reeder, den Frachter finanziert, ihn in Schuss gehalten und die monatlichen Darlehensraten waren bezahlbar. Bis in der Wirtschafts- und Finanzkrise die ersten Aufträge wegbrachen und die Frachtraten absackten:
"Zum einen muss man natürlich sagen, dass die HSH sehr lange stillgehalten hat. Normalerweise, wenn man sein Darlehen nicht bedienen kann, dann wird das Darlehen gekündigt und damit ist die Sache erledigt. Da hat auch die HSH Nordbank gesehen, dass das überhaupt nichts bringt in diesem Fall, weil man die Schiffe auch nicht verkaufen konnte zu einem einigermaßen vernünftigen Preis. Bis man irgendwann offensichtlich, aus mir völlig unbekannten Gründen meinte: "Jetzt müssen wir sie doch abstoßen und müssen da ein anderes Paket draus machen!" Ich sag mal: jeder, der auch Bargeld mitgebracht hat, viel Bargeld mitgebracht hat, der hatte auch eine Chance, Schiffe zu bekommen. Nur wir hatten kein Bargeld mehr, weil wir unser Geld schon in die Schiffe reingesteckt hatten."
"Zum einen muss man natürlich sagen, dass die HSH sehr lange stillgehalten hat. Normalerweise, wenn man sein Darlehen nicht bedienen kann, dann wird das Darlehen gekündigt und damit ist die Sache erledigt. Da hat auch die HSH Nordbank gesehen, dass das überhaupt nichts bringt in diesem Fall, weil man die Schiffe auch nicht verkaufen konnte zu einem einigermaßen vernünftigen Preis. Bis man irgendwann offensichtlich, aus mir völlig unbekannten Gründen meinte: "Jetzt müssen wir sie doch abstoßen und müssen da ein anderes Paket draus machen!" Ich sag mal: jeder, der auch Bargeld mitgebracht hat, viel Bargeld mitgebracht hat, der hatte auch eine Chance, Schiffe zu bekommen. Nur wir hatten kein Bargeld mehr, weil wir unser Geld schon in die Schiffe reingesteckt hatten."
Reedereien, die Bank und Anleger gerieten unter Druck
Die "Helga" heißt jetzt "Page Akia". Und sie gehört nicht mehr Petra Heinrich und ihrem Mann, sondern wird von den beiden nur noch bereedert. Anders als das Ehepaar Heinrich hatten viele Groß-Reedereien ihre Schiffe im so genannten KG-Modell finanziert. Oft mit kaum mehr als fünf Prozent Eigenkapital, über die HSH Nordbank. Mit im Boot waren dabei auch Schiffsfonds, die zweistellige Renditen versprachen und bei privaten Anlegern Geld einsammelten.
Am Ende gerieten die Reedereien, die Bank und die Anleger unter Druck. Viele von ihnen verdienten nicht mehr an ihrer Schiffsbeteiligung, sondern zahlten sogar drauf: mussten frisches Geld in die Fonds nachschießen, um damit das endgültige Aus ihres Investments noch ein paar Monate hinauszuzögern.
Durch die Krise des einst weltgrößten Schiffsfinanzierers, der HSH Nordbank, gab es unter den Reedereien zwar keine Insolvenzen. Doch als Folge der Krise setzte im deutschen Reedereigeschäft ein tiefgreifender Strukturwandel ein, sagt Max Johns, Professor an der Hamburg School of Business Administration und zugleich Geschäftsführer des Verbands Deutscher Reeder.
"Der Prozess ist viel schleichender. Und deswegen auch viel schmerzhafter. Die HSH Nordbank musste natürlich sehr viele Kredite nachbessern, überarbeiten, gemeinsam mit den Reedereien. Es sind sehr viele Reedereien massiv unter Druck geraten und natürlich sind dann auch viele Schiffe in die Insolvenz gegangen oder die Kredite sind weiter verkauft worden. Oder die Schiffe sind weiter verkauft worden. Und das übt immensen Druck auf die Reedereien aus. Aber das beobachten wir fast immer nur am Einzelobjekt, am einzelnen Schiff. Deswegen ist nicht plötzlich eine Reederei gekippt, weil ja die Kreditvergabe immer nur auf das einzelne Schiff bezogen war, nicht auf das Unternehmen. Das heißt: als Unternehmen sind sie noch da, aber es arbeiten nicht mehr 50 Menschen in dieser Reederei, sondern vielleicht noch zwei oder drei. Damit ist das Unternehmen zwar noch vorhanden, aber es sieht vollkommen anders aus. Das haben wir oft beobachtet."
"Der Prozess ist viel schleichender. Und deswegen auch viel schmerzhafter. Die HSH Nordbank musste natürlich sehr viele Kredite nachbessern, überarbeiten, gemeinsam mit den Reedereien. Es sind sehr viele Reedereien massiv unter Druck geraten und natürlich sind dann auch viele Schiffe in die Insolvenz gegangen oder die Kredite sind weiter verkauft worden. Oder die Schiffe sind weiter verkauft worden. Und das übt immensen Druck auf die Reedereien aus. Aber das beobachten wir fast immer nur am Einzelobjekt, am einzelnen Schiff. Deswegen ist nicht plötzlich eine Reederei gekippt, weil ja die Kreditvergabe immer nur auf das einzelne Schiff bezogen war, nicht auf das Unternehmen. Das heißt: als Unternehmen sind sie noch da, aber es arbeiten nicht mehr 50 Menschen in dieser Reederei, sondern vielleicht noch zwei oder drei. Damit ist das Unternehmen zwar noch vorhanden, aber es sieht vollkommen anders aus. Das haben wir oft beobachtet."
Ob und wann bei der Rettung der HSH Nordbank Fehler gemacht wurden, darüber gehen die Meinungen auseinander. Das erste Rettungspaket, 2009 geschnürt, umfasste eine Finanzspritze von drei Milliarden Euro und zehn Milliarden Euro aus der so genannten Zweitverlustgarantie. Im dafür nötigen EU-Beihilfeverfahren forderten die Aufsichtsbehörden einen Rückzug der HSH Nordbank aus dem Geschäft mit Schiffs- und Flugzeugfinanzierungen.
Aus dem Umfeld der HSH-Banker heißt es: die Bank hätte eher doppelt so viel frisches Geld gebraucht um aus der Krise herauszukommen. Schließlich musste die Bank den Ländern pro Jahr allein rund 400 Millionen an Kreditgebühren zahlen und hätte sich auch deshalb nicht erholen können. Einigkeit herrscht darüber, dass die Bank ohne das erste Hilfspaket überhaupt nicht überlebt hätte und die Eigentümer, allen voran die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein, zahlungsunfähig gewesen wären. Angesichts einer Gewährträgerhaftung von damals rund 30 Milliarden Euro.
2013 wurde klar: der erste Rettungsschirm würde den Absturz der Bank nicht stoppen. Die Schifffahrtskrise andauern an. Die von der HSH-Nordbank massenhaft finanzierten Frachter wurden im Markt einfach nicht mehr gebraucht. Ihr Wert sank fast täglich. Bis heute sind zu viele Frachtschiffe auf den Weltmeeren unterwegs und die Frachtraten im Keller.
Verkauf der Bank - sonst droht die Abwicklung
Vor drei Jahren, im zweiten Beihilfeverfahren der EU, wurde der Verkauf der HSH Nordbank vereinbart. Bis 2018 muss sich ein Käufer für die HSH Nordbank gefunden haben. Sonst droht die Abwicklung, die in jedem Fall noch mehr Milliarden kosten würde als ein einigermaßen glücklicher Verkauf der Bank. Bevor am Freitag die Frist für potentielle Kaufinteressenten abläuft, ist Hamburgs Finanzsenator Peter Tschentscher optimistisch:
"Wir haben Ende März dann den ersten Punkt, an dem die potentiellen Käufer ein so genanntes "indikatives", ein erstes unverbindliches Angebot abgeben müssen. Und die Länder werden dann entscheiden, wer von diesen Interessenten in die zweite Phase übernommen wird, in der es dann tatsächlich um’s Eingemachte geht. Denn am Ende wollen und müssen wir die Bank verkaufen für einen positiven Preis. Und das ist nicht so leicht, weil wir ja diese alten Kredite, die großen Altlasten in dem Institut haben. Aber wir haben auch eine sehr attraktive, eine gut funktionierende "Kernbank", wie wir das nennen, die ein sehr solides Bankgeschäft macht und die attraktiv sein könnte für strategische Investoren."
"Wir haben Ende März dann den ersten Punkt, an dem die potentiellen Käufer ein so genanntes "indikatives", ein erstes unverbindliches Angebot abgeben müssen. Und die Länder werden dann entscheiden, wer von diesen Interessenten in die zweite Phase übernommen wird, in der es dann tatsächlich um’s Eingemachte geht. Denn am Ende wollen und müssen wir die Bank verkaufen für einen positiven Preis. Und das ist nicht so leicht, weil wir ja diese alten Kredite, die großen Altlasten in dem Institut haben. Aber wir haben auch eine sehr attraktive, eine gut funktionierende "Kernbank", wie wir das nennen, die ein sehr solides Bankgeschäft macht und die attraktiv sein könnte für strategische Investoren."
Was dran ist an den Gerüchten, dass auch eine chinesische Bank zu den Bietern zählt oder die Nord LB für eine freundliche Rettung der HSH bereit steht, ist schwer überprüfbar.
Klar ist jedoch schon heute, dass Hamburg und Schleswig-Holstein wohl in voller Höhe ihre Garantien für die Bank leisten müssen, also zehn Milliarden Euro. Professor Peter Nippel vom Kieler Lehrstuhl für Finanzwirtschaft geht in seiner Berechnung sogar von rund 17 Milliarden Euro aus, die die Länder dafür aufbringen müssen, ihre einstige Vorzeige-Bank wieder loszuwerden.
In die Aufregung um diese Milliardenverluste mischt sich auch der Ärger über einen sehr großzügigen Schuldenerlass der Bank gegenüber Hamburger Reedern, vor allem gegenüber Bernd Kortüm, dem Chef der Reederei Schuldt. 547 Millionen Euro seines Darlehens wurden ihm erlassen. Michael Kruse von der FDP in der Hamburgischen Bürgerschaft findet das skandalös:
"Warum sollte jetzt der Bäcker, der 50, 60 Stunden die Woche rödelt, warum soll der jetzt eigentlich mit die Schulden derjenigen bezahlen, die über Jahre ja auch viel Geld mit Schifffahrt verdient haben. Warum soll der da eigentlich mitbezahlen. Das leuchtet uns überhaupt nicht ein. Das ist nicht die Aufgabe des Steuerzahlers, in die Schieflage geratene Unternehmen zu retten."
"Warum sollte jetzt der Bäcker, der 50, 60 Stunden die Woche rödelt, warum soll der jetzt eigentlich mit die Schulden derjenigen bezahlen, die über Jahre ja auch viel Geld mit Schifffahrt verdient haben. Warum soll der da eigentlich mitbezahlen. Das leuchtet uns überhaupt nicht ein. Das ist nicht die Aufgabe des Steuerzahlers, in die Schieflage geratene Unternehmen zu retten."
Länder kauften Bank faule Schiffskredite ab
Besonders pikant an diesem Schuldenerlass: Bernd Kortüm saß bis Mitte 2015 im Beirat der HSH Nordbank. Und zeitgleich zum Schuldenschnitt legte sich der Privatmann Kortüm eine rund neun Millionen Euro teure Yacht zu. Norbert Hackbusch, der für die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft sitzt, fragt sich, wie einzelne Unternehmer ohne entsprechende Sicherheiten überhaupt Kreditrahmen in Milliardenhöhe bekommen konnten:
"Die einzigen Sicherheiten werden gegeben von den Hamburger Steuerzahlern oder den schleswig-holsteinischen. Das ist ein Unding! Und darüber muss man informiert werden. Wenn es eine öffentliche Bank ist, die das machen kann, muss das aufbereitet werden von der Staatsanwaltschaft, von einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss oder weiß ich was."
Genauso fragwürdig sei es gewesen, dass die Länder der Bank im letzten Jahr für 2,4 Milliarden Euro faule Schiffskredite abgekauft haben. Darin sind sich der Linke Norbert Hackbusch und Michael Kruse von der FDP einig. Norbert Dieckmann, Professor an der Hamburger EBC-Hochschule geht davon aus, dass der Schuldenerlass für die Reedereien in Höhe von insgesamt 800 Millionen Euro einem klaren Ziel folgt:
"Ich denke, es geht im Moment darum, die Verluste der Bank zu minimieren in diesem Bereich. Oder besser gesagt: aus diesem Portfolio – das Kerngeschäft ist ja profitabel – und jetzt auf den letzten Drücker noch ein bisschen nachzubessern, das möglichst die Bank noch attraktiver für ausländische Investoren ist. Das denke ich!"
"Ich denke, es geht im Moment darum, die Verluste der Bank zu minimieren in diesem Bereich. Oder besser gesagt: aus diesem Portfolio – das Kerngeschäft ist ja profitabel – und jetzt auf den letzten Drücker noch ein bisschen nachzubessern, das möglichst die Bank noch attraktiver für ausländische Investoren ist. Das denke ich!"
Erst am Dienstag meldete das Statistische Bundesamt, dass die Schulden im Kieler und Hamburger Haushalt wegen der Übernahme von Schrottpapieren der HSH Nordbank steigen. Allein die Freie und Hansestadt Hamburg macht wegen der HSH-Hilfen in diesem Jahr 2,1 Milliarden Euro mehr Schulden. Davon, heißt es nun in Hamburg, ließen sich gleich drei völlig überteuerte Elbphilharmonien bauen.