Ida beugt sich in den Kofferraum ihres weißen Hyundai Ioniq. Heraus holt sie ein blaues Ladekabel. Sie öffnet den Tankdeckel, steckt das eine Ende des Kabels ins Auto und das andere in sie silberfarbene Ladestation unter einem Baum. Ein blaues Licht leuchtet auf. Es lädt. Eine Stunde noch, dann kann sie etwa 20 Kilometer damit fahren.
Mit ihren beiden Söhnen steht Ida auf dem Parkplatz des Frognerbadet in der norwegischen Hauptstadt Oslo. Während die Drei im Freibad schwimmen, lädt ihr Elektroauto.
"Es ist billiger die Straßen zu benutzen und zu parken und das Aufladen ist auch kostenlos."
Jedes zweite neu zugelassene Auto in Norwegen ist mittlerweile ein Elektro- oder Hybrid-Fahrzeug. Am beliebtesten ist aktuell der E-Golf von VW. Ab dem Jahr 2025 sind neue Autos mit Verbrennungsmotoren tabu. Dafür verantwortlich ist Vidar Helgesen.
"Ziele sind wichtig. Sie schärfen das Bewusstsein. Und es ist auch ein klares Zeichen an die Industrie. Sie reagiert schneller als gedacht. Die Technik entwickelt sich auch viel schneller."
Kaum Steuern und finanzielle Anreize
Helgesen ist Norwegens Klimaminister. Der konservative Politiker hat die Ärmel seines hellblauen Hemdes hochgekrempelt. Er sitzt im Garten seines Ferienhauses und erklärt, warum Käufer von E-Autos kaum Steuern zahlen und die Regierung viel Geld für Ladesäulen ausgibt.
"Die Steuererleichterungen helfen, damit Menschen E-Autos kaufen. Aber wir brauchen auch die Infrastruktur zum Laden. Deshalb haben wir eine Agentur, die Behörden und Wirtschaft unterstützt Ladesäulen aufzustellen. Bis Ende des Jahres haben wir eine ziemlich gute Abdeckung entlang der Schnellstraßen."
Helgesen schätzt, dass die Förderung in ungefähr fünf Jahren zurückgefahren werden kann.
Weltweiter Vorreiter
Die großzügigen Zuschüsse haben Norwegen zum weltweiten Vorreiter der Elektromobilität gemacht. Das Land mit seinen gut fünf Millionen Einwohnern tut sich leicht. Öl- und Gasexporte spülen Milliarden in die Kasse. Das Geld für eine klima-freundliche Elektro-Auto-Offensive ist da. Der Strom auch – dank Wasserkraft.
Thina Margrethe Saltvedt reicht das aber nicht.
"Wir haben diese grüne Basis, die könnten wir viel stärker nutzen. Für die Produktion von Aluminium zum Beispiel, die ist sehr energie-intensiv oder für die Produktion von E-Autobatterien. Wir sollten uns auf diese Bereiche konzentrieren, in denen wir unsere natürlichen, grünen Ressourcen nutzen können."
Saltvedt ist Chefanalystin bei der Bank Nordea. Sie sieht die norwegische Klimastrategie kritisch. Denn das Land sei viel zu abhängig vom Öl. Was bei den Autos schon funktioniert, sei in anderen Bereichen noch ausbaufähig.
"Elektrische Fähren, elektrische Schiffe, Gas-angetriebene Schiffe, autonom-fahrende Schiffe – da können wir voran gehen. Wir können das schaffen. Aber die Politiker sollten viel klarer machen, in welche Richtung sie gehen."
Für Klimaminister Helgesen ist die Richtung eindeutig: Auf Norwegen Straßen sollen mehr elektrische Fahrzeuge fahren – nicht nur Autos.
"Die größere Herausforderung ist jetzt, wie wir bei Lastwagen auf Elektro oder Wasserstoff umstellen – aber ich denke, wir werden kontinuierliche Fortschritte sehen."
Durchatmen in Oslo
Inzwischen fahren erste Müllwagen mit E-Antrieb. Im nächsten Jahr sollen in Oslo autonom-fahrende, abgasfreie Kleinbusse getestet werden. – Das alles lässt die Norweger durchatmen.
"In den letzten zehn Jahren ist die Luft in den größeren Städten deutlich besser geworden. Aber an manchen Wintertagen erleben wir starke Luftverschmutzungen. Die E-Auto-Strategie hilft uns dabei sicher, das zu verringern."
Für Ida ist das Fahren eines Elektroauto beides: wirtschaftlich clever und gut für die Umwelt.