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Zukunft der SPD
Liebäugeln mit der Linken

Ein Weiter-so oder ein Neuanfang jenseits der Großen Koalition? Die Zukunft der SPD ist zur Zeit völlig offen, die Kandidatenliste für den Vorsitz wird immer länger. Dabei gehen die Bewerber-Duos in unterschiedliche Richtungen - und schließen ein Bündnis mit der Linken nicht aus.

Von Mathias von Lieben |
Drei SPD-Logos sind im Hintergrund eines Rednerpultes zu sehen.
Einige Bewerber-Duos vertreten linke Programmatik (picture alliance/Wolfgang Kumm/dpa)
Scholz, Pistorius, Köpping. Gestern Vormittag kam plötzlich Schwung in das Rennen um den SPD-Parteivorsitz. Erst wurde die Kandidatur von Boris Bistorius und Petra Köpping durchgestochen. Er niedersächsischer Innenminister, sie sächsische Integrationsministerin. Und nur zwei Stunden später vermeldete der Spiegel, dass mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz auch das erste echte politische Schwergewicht in das Rennen um den Parteivorsitz einsteigt.
Eine faustdicke Überraschung, hatte Scholz eine Kandidatur doch vor wenigen Wochen auf dem Sofa von Anne Will noch ausgeschlossen: "Es wäre völlig unangemessen, wenn ich das als Vizekanzler und Bundesminister der Finanzen machen würde. Zeitlich geht das gar nicht."
Nun kommt alles anders. Das bringt uns wieder nach vorn, so der erste euphorische Kommentar von Niels Annen, Staatsminister im Auswärtigen Amt. "Olaf Scholz übernimmt Verantwortung und gibt der SPD eine klare Perspektive", schrieb Annen auf Twitter. Doch ob der als bürokratisch und wenig emotional geltende Scholz tatsächlich eine Perspektive für die zuletzt gescholtene sozialdemokratische Seele bietet? Fraglich. Auch das Duo aus Boris Pistorius und Petra Köpping steht eher für ein Weiter-so – zumindest was den Erhalt der großen Koalition angeht.
Einige Bewerber-Duos vertreten linke Programmatik
In eine ganz andere Richtung würde das Duo aus Gesine Schwan, Vorsitzende der Grundwerte-Kommission, und Ralf Stegner, SPD-Vize, die Sozialdemokraten führen. Sie stehen für ein dezidiert linksliberales Projekt, das sie mit SPD-Kernthemen verbinden: soziale Gerechtigkeit, gesellschaftlicher Zusammenhalt, Frieden und eine sozial-ökologische Wende, die ihren Namen verdient. Diese linke Programmatik vertreten einige der bisherigen Bewerber-Duos aus der zweiten Reihe. Auch die beiden Bundestagsabgeordneten Nina Scheer und Karl Lauterbach, die klar gegen die große Koalition sind und die SPD auf Bundesebene nicht nur für Bündnisse mit Grünen, sondern auch, ja mit der Linken öffnen wollen. Hier Karl Lauterbach am Donnerstagmorgen im Deutschlandfunk:
"Wenn man einen wirklichen Politikwechsel in der Sozialpolitik und insbesondere auch in der Umweltpolitik wünscht, dann sind solche Bündnisse in meiner persönlichen Einschätzung mit der Union nicht zu machen, weil dort der Aspekt der Wirtschaftspartei zu stark im Vordergrund steht."
Zur Freude von führenden Linken-Politikerin wie der Ko-Parteichefin Katja Kipping hatte auch die kommissarische Parteichefin Malu Dreyer eine Koalition mit Grünen und Linken kürzlich ins Spiel gebracht, wenig später zeigten auch erst SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil und dann Umweltministerin Svenja Schulze ihre Sympathien.
"Verhandlungen können durchaus geführt werden"
Doch so viele Gemeinsamkeiten es auch bei Sozial- und Klimapolitik mit der Linken geben mag - was ist mit der Außenpolitik? Viele Linke lehnen die NATO genauso ab wie Bundeswehreinsätze im Ausland. Unter diesen Voraussetzungen eine Regierungs-Koalition aus SPD und Linken? Kein Problem, sagt Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach:
"In der Linkspartei ist eine Bewegung auch unterwegs in Richtung mehr Pragmatismus, dass Verhandlungen durchaus geführt werden können."
Ob sich die SPD-Basis nach den 23 anstehenden Regionalkonferenzen für ein Weiter-So entscheidet, für Beständigkeit, wie sie Olaf Scholz bietet, oder etwas Neues wagt - die Linke wird sicherlich ganz genau hinschauen.