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Zukunft des Dieselmotors
"Das ist wie ein Blick in die Glaskugel"

In der Diskussion über Dieselfahrzeuge und eventuelle Fahrverbote in Städten gebe es noch keine konkreten Details, sagte ADAC-Sprecher Johannes Boos im DLF. Eine seriöse Aussage zu einem möglichen Wertverlust von Dieselfahrzeugen könne es deshalb nicht geben. Wenn es um die Luftbelastung gehe, könne ein Diesel sogar besser sein als ein Benziner.

Johannes Boos im Gespräch mit Georg Ehring |
    Schild mit der Aufschrift "Schmutzige Diesel raus!" neben einem "Verbotsschild für Dieselfahrzeuge", das von Greenpeace für die Aktion aufgestellt wurde.
    Unter anderem Greenpeace fordert schon seit Längerem Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in bestimmten Bereichen von Innenstädten. (dpa/picture alliance/Lino Marcel Mirgeler)
    Georg Ehring: Die Diskussion um den Diesel wirkt sich auf den Automarkt aus. Bei neu zugelassenen PKW ging der Dieselanteil im Februar um mehr als zehn Prozent zurück. Das teilte das Kraftfahrtbundesamt in der vergangenen Woche mit. Analysten rechnen damit, dass dieser Trend anhält, und die Verlierer könnten Autofahrer sein, die bereits einen Dieselwagen haben. Der Wiederverkaufswert könnte deutlich sinken, vor allem auch unter dem Eindruck der Diskussion um Fahrverbote in Städten wie Stuttgart, aber auch München und Berlin.
    Darüber habe ich vor dieser Sendung mit dem ADAC-Sprecher Johannes Boos gesprochen und meine erste Frage war, ob er sich heute noch einen Diesel kaufen würde.
    Johannes Boos: Da sind wir gleich bei der interessanten Frage. Es kommt ja immer ein bisschen auf Ihr Mobilitätsbedürfnis, auf Ihr persönliches Fahrprofil an. Und ich muss ganz ehrlich sagen: Längere Strecken lege ich eigentlich sehr gerne mit dem Zug zurück. Für mich ist das Auto in erster Linie für kürzere Strecken gedacht. Da habe ich gar nicht das Fahrprofil, dass ein Diesel für mich in Frage kommt. In diesem Fall nein, hat aber in dem Fall nichts mit der Dieseltechnologie zu tun, sondern mit meinem ganz persönlichen Fahrbedürfnis.
    "Wertverlust ist noch nicht sichtbar"
    Ehring: Wir reden ja über den Wertverlust, dem sich Besitzer von Dieseln heute gegenübersehen könnten. Gibt es dazu schon harte Fakten oder Tendenzen?
    Boos: Sie haben eingangs gesagt, es könnte einen Wertverlust geben. Aktuell ist der tatsächlich noch nicht sichtbar. Es gibt keine deutlichen Veränderungen, was die Restwerte gebrauchter Dieselfahrzeuge angeht. Ob sich da Veränderungen in Zukunft ergeben, das wird man in den nächsten Wochen und Monaten tatsächlich sehen müssen. Vor allen Dingen, wenn es weitere Entscheidungen zu Ungunsten des Diesels geben sollte. Gerade diejenigen Autofahrer, die regelmäßig in die besonders belasteten Städte fahren, Stuttgart, München, Berlin, die werden da vielleicht Abstand halten vom Kauf eines gebrauchten Dieselautos. Aber eine seriöse Aussage zu einem Wertverlust kann man noch nicht machen. Sie müssen sich vorstellen, es gibt ja noch gar keine konkreten Details zu den geplanten Fahrverboten in den Städten. Da ist völlig unklar, betrifft das einzelne Stadtgebiete, Straßen oder sogar "nur" Abschnitte einzelner Straßen, wie lange dauern diese Sperrungen. Das lässt sich aus heutiger Sicht nicht seriös vorhersagen. Das ist so ein bisschen wie der Blick in die Glaskugel.
    "Es gibt grundsätzlich keinen Grund, auf den Diesel zu verzichten"
    Ehring: Aber Grund zu Befürchtungen haben die Dieselfahrer schon?
    Boos: Das kann man im Augenblick noch nicht absehen. Aber es ist natürlich klar, wenn Sie ein Fahrprofil haben, wo Sie regelmäßig nach Stuttgart in die Innenstadt fahren, dass Sie sich dann vielleicht andere Gedanken machen, als wenn Sie ein Fahrprofil haben, das von Buxtehude Richtung Hannover beispielsweise geht.
    Ehring: Kann ich denn als Autofahrer und Besitzer eines Diesels jetzt irgendwie sinnvoll reagieren, zum Beispiel das Auto schnell verkaufen?
    Boos: Nein, da besteht kein Grund zur Sorge im Augenblick. Es gibt auch grundsätzlich keinen Grund, auf den Diesel zu verzichten. Wie gesagt: Ob der Diesel für Sie als Technologie geeignet ist, das ist immer abhängig von Ihrem Fahrprofil, von Ihrem Mobilitätsbedürfnis. Da müssen Sie einfach vorab prüfen, ob sich der Diesel für Sie überhaupt rechnet, ist das überhaupt eine Technologie, die für Sie in Frage kommt. Das können Sie zum Beispiel tun anhand unseres Kostenrechners vom ADAC, den wir haben. Da ist es tatsächlich so, dass, was Verbrauch, was die Kosten angeht, viele Fahrzeugmodelle mittlerweile in den Benzinervarianten gar nicht so schlecht sind und auch eine gute Alternative sind.
    Ehring: Gibt es denn für den Fall, dass tatsächlich ein stärkerer Wertverlust eintritt, eine Möglichkeit, Hersteller oder Händler in irgendeiner Weise haftbar zu machen?
    "Der Diesel hat tatsächlich eine saubere Zukunft"
    Boos: Nein, das sehen wir im Augenblick nicht.
    Ehring: Die Empfehlung wäre dann, wenn es zum Wertverlust kommt, möglichst lange selbst damit fahren?
    Boos: Wenn Sie das Auto bereits gekauft haben und Sie ein Fahrprofil haben, das nicht zwingend von den Fahrverboten betroffen ist, besteht kein Grund, auf die Dieseltechnologie zu verzichten.
    Ehring: Neue Diesel sollen ja sauberer sein als die alten Diesel. Sind sie es tatsächlich und ist man damit auf der sicheren Seite, was die Fahrverbote angeht?
    Boos: Der Diesel hat tatsächlich eine saubere Zukunft. Ja, das sehen wir schon. Wenn wir zum Beispiel in unseren aktuellen ADAC-Ecotest gucken, in dem wir ja deutlich schärfer messen als der Gesetzgeber, dann sehen wir auf der einen Seite, dass zwar die meisten Dieselmodelle unabhängig von der Abgasreinigungstechnik, die sie verwenden, unter realitätsnahen Bedingungen tatsächlich zu viele Emissionen ausstoßen. Aber wir sehen auch, wenn wir sortieren nach der Liste der umweltfreundlichsten Fahrzeuge, dann liegen auf den Plätzen sieben und neun, also innerhalb der Top Ten, auch zwei Dieselmodelle, und zwar von Mercedes beziehungsweise BMW. Ein sauberer Diesel, das ist kein Ding der Unmöglichkeit, und da sind einfach auch die Hersteller gefordert, Abgasreinigungstechniken so einzusetzen, dass sie das Fahrzeug über alle Betriebszustände hinweg sauber machen, dass da die Emissionen wirksam verringert werden.
    Ehring: Aber Image-Nachteile sind trotzdem zu befürchten.
    "Beim CO2 ist der Diesel durchaus nicht schlecht"
    Boos: Das ist tatsächlich richtig. Wir haben ja auch im Zuge des VW-Skandals gesehen, dass da die Image-Werte für den Dieselmotor in den Keller gegangen sind. Aber da besteht in vielen Fällen kein Grund. Man muss sich immer gut überlegen, passt der Diesel zu mir, passt er zu meinem Fahrprofil, passt er möglicherweise zu den Routen, die ich meistens fahre, und dann ist der Diesel durchaus weiterhin eine Alternative. Wir müssen ja auch sehen: Beim CO2 – das ist ja der eine Punkt, das Stickoxid; darum geht es ja in der Diskussion um die aktuellen Fahrverbote – schneidet der Diesel ja seit jeher gut ab und besser ab als die Benziner. Da ist der Diesel, gerade was die CO2-Vorgaben angeht, durchaus nicht schlecht.
    Ehring: Glauben Sie denn, dass die Hersteller weiter auf den Diesel setzen und neue Modelle mit vielleicht sauberer Technik entwickeln?
    Boos: Da müssen Sie die Hersteller fragen. Aber das wäre natürlich unser Wunsch, dass da die Hersteller jetzt gefordert sind und auch in die Puschen kommen, die Abgasreinigungstechniken so einzusetzen, dass Dieselfahrzeuge sauber sind. Und wie gesagt: Dass das theoretisch möglich ist, das zeigen die Ergebnisse im Ecotest, wo wir zwei Modelle unter den Top Ten haben. Im Übrigen: Neben Erdgasfahrzeugen, neben Elektro/Hybridfahrzeugen, die, die naturgemäß besonders sauber sind, sind auch zwei Dieselfahrzeuge. Das heißt, es funktioniert. Der Diesel ist sauber tatsächlich möglich.
    Ehring: Soweit Johannes Boos vom ADAC. Das Interview haben wir kurz vor dieser Sendung aufgezeichnet.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.