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Zukunft des Saarländischen Rundfunks
Neuer SR-Intendant will mehr reine Online-Inhalte

Martin Grasmück, seit Anfang Mai Intendant des Saarländischen Rundfunks, sieht das Internet als Chance, um auch ohne teures Equipment erfolgreiche Inhalte zu veröffentlichen. Trotzdem wolle er am linearem Radio mit seiner "wahnsinnig hohen Reichweite" festhalten, sagte er im Dlf.

Martin Grasmück im Gespräch mit Christoph Sterz |
Martin Grasmück, der seit dem 1. Mai neuer Intendant des Saarländischen Rundfunks (SR) ist, steht in dem Rundfunkgebäude des SR.
Seit dem 1. Mai ist der neue SR-Intendant Martin Grasmück im Amt (Picture Alliance/dpa/Oliver Dietze)
In der Diskussion um die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geht es vor allem für die kleineren ARD-Anstalten um alles, nämlich um ihre Existenz. Das gilt nicht nur für Radio Bremen, sondern auch für den Saarländischen Rundfunk (SR). Dessen Existenzsicherung sei in seiner Position Daueraufgabe, sagte der neue SR-Intendant Martin Grasmück im Interview mit dem Dlf. Er hat sein Amt vor wenigen Tagen, am 1. Mai, angetreten.

Miteinander von großen und kleinen ARD-Anstalten als Vorteil

Für Grasmück hat das Miteinander von großen, mittleren und kleinen Anstalten in der ARD viele Vorteile. Gerade in Sozialen Medien sei der- oder diejenige mit dem meisten Geld nicht unbedingt am erfolgreichsten, betonte er. Der Intendant glaubt zwar an lineares Radio, das eine "wahnsinnig hohe Reichweite" erziele, aber einzelne Marken der Sender funktionieren seiner Ansicht nach auch gut im Netz, beispielsweise das junge Programm "Unserding". "Unter diesem Label kann ich mir vorstellen, dass wir in Zukunft noch viel mehr Online-only-Inhalte publizieren", kündigte er an.
"Es geht um die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks", betonte Grasmück. "Ob wir relevant bleiben oder ob wir irgendwann vielleicht dann in der Versenkung zu verschwinden drohen - dann, wenn wir eben das Publikum nicht mehr in der ganzen Breite der Gesellschaft erreichen."
Das Funkhaus des Saarländischen Rundfunks (SR) auf dem Halberg in Saarbrücken
Saarland lehnt Fusion von SR mit SWR ab
Nach dem vorläufigen Aus für eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags müssen die Öffentlich-Rechtlichen sparen. Der SWR hat deshalb eine Art von Fusion mit dem Saarländischen Rundfunk (SR) ins Spiel gebracht. Der SR selbst lehnt das ab.
Das Interview zum Nachlesen in voller Länge:
Sterz: Mediasres ist hier im Deutschlandfunk. Und da haben Sie in den letzten Monaten immer wieder mal was gehört von genau 86 Cent. Weil viel gestritten wurde, ob der Rundfunkbeitrag erhöht werden soll um 86 Cent, auf 18,36 Euro pro Monat und Haushalt. Der Landtag in Sachsen-Anhalt hat diese Erhöhung erstmal gestoppt für ARD, ZDF und für das Deutschlandradio – und alle Beteiligten warten gespannt auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Aber es wird nicht nur gewartet. Es wird sich auch Sorgen gemacht, ob die fehlende Beitragserhöhung nicht ganze Sendeanstalten in Schieflage bringt. Vor allem bei den kleinsten ARD-Sendern ist das so, zum Beispiel beim Saarländischen Rundfunk. Und deswegen sieht es der gerade ins Amt gekommene SR-Intendant Martin Grasmück auch als wichtige Aufgabe an, den Laden überhaupt erstmal eigenständig am Laufen zu halten, hat er mir vor der Sendung gesagt.
Grasmück: Existenzsicherung des Saarländischen Rundfunks ist für einen Intendanten, eine Intendantin bei uns Daueraufgabe. Das gehört immer dazu, da müssen wir immer kämpfen. Das zeichnet diesen Platz aus, auf dem man sitzt. Das weiß man auch, wenn man sich bewirbt. Aber ich habe natürlich einen anderen Anspruch darüber hinausgehend. Ich komme aus dem Programm. Ich bin ein Hausgewächs des Saarländischen Rundfunks, und ich habe mich gerade auch in den letzten Jahren ganz stark mit dem digitalen Wandel in der Medienwelt beschäftigt, auch als Programmmacher. Und das möchte ich einbringen. Und hier müssen wir Akzente setzen. Denn es geht um die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks - ob wir relevant bleiben oder ob wir irgendwann vielleicht dann in der Versenkung zu verschwinden drohen - dann, wenn wir eben das Publikum nicht mehr in der ganzen Breite der Gesellschaft erreichen.

"Ich glaube auch weiterhin an lineares Radio"

Sterz: Nun sprechen sie über das Digitale. Das machen auch die Kolleginnen und Kollegen beim RBB zum Beispiel, die in die Diskussion eingebracht haben, dass manche Radiosender vielleicht gar nicht mehr Radiosender sein müssen, sondern nur noch im Internet digital empfangbar sein könnten. Sind das auch Überlegungen, die Sie anstellen werden in den nächsten Wochen und Monaten?
Grasmück: Also wir haben als Saarländischer Rundfunk schon ein sehr zusammengeschrumpftes Programm-Portfolio, will ich fast sagen. Wir sind auf ein Mindestmaß rückgeführt, einfach durch die Sparanstrengungen der vergangenen Jahrzehnte. Und ich glaube auch weiterhin an lineares Radio. Wir haben eine wahnsinnig hohe Reichweite über lineares Radio - auch momentan noch über den Weg zum Beispiel UKW. Und das dürfen wir nicht leichtfertig über Bord werfen. Gleichzeitig sind aber auch diese Marken, zum Beispiel Hörfunkprogramme - nicht sehr wenige sind geeignet zum Beispiel auch als crossmediale Marken im Netz dann zu funktionieren. Und da kommen wir dann auch am Ende wieder zusammen, dass wir sagen, wir können unter bestimmten Marken - bei mir ist das zum Beispiel "Unserding", unsere junge Welle, die funktioniert crossmedial jetzt schon nachweislich sehr gut. Und unter diesem Label kann ich mir vorstellen, dass wir in Zukunft noch viel mehr Online-only-Inhalte dann publizieren.
Sterz: Warum wäre das eigentlich so schlimm, wenn der SR nicht mehr eigenständig wäre, sondern zum SWR gehören würde?
Grasmück: Ich glaube wirklich ganz fest an einen föderalen, öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wie er in der ARD organisiert ist. Und das hat gute, auch historische Gründe. Und dieses Miteinander von großen, mittleren und kleinen Anstalten hat auch viele Vorteile. Wir können hier beim Saarländischen Rundfunk zum Beispiel auch Dinge für die ARD viel schneller ausprobieren. Ich nehme nur mal das Beispiel Newsroom. Dort waren wir 2006 die ersten, die einen crossmedialen Newsroom etabliert haben. Alle anderen kamen zu uns, haben sich das angeschaut. Inzwischen werden sie überall entsprechend umgesetzt. Das ist nicht der Hauptgrund. Der Hauptgrund ist aber auch ein programmlicher. Wenn Sie momentan noch Osteuropa blicken: Die Regierenden dort versuchen in einzelnen Ländern den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ich will nicht unbedingt sagen, gleichzuschalten, aber doch in ihrem Sinne entsprechend zu besetzen und stark zu beeinflussen. Das geht ganz flott, wenn es nur einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit nationalem Anspruch dann am Ende gibt. Aber ich glaube einfach, und das müssen Sie mir nachsehen als Intendant des Saarländischen Rundfunks, dass der Saarländische Rundfunk seinen Teil auch in der ARD beisteuert und eine ganz, ganz wichtige Funktion eben auch für die Identität des Saarlandes hat.

"Nicht diejenige mit dem meisten Geld ist auf sozialen Netzwerken die erfolgreichste"

Sterz: Aber trotzdem ist es ja so, dass die Medienpolitik jetzt nicht in Gänze, aber doch an vielen Stellen darauf drängt, dass vor allem die ARD noch weiter spart. Wo würden Sie denn persönlich sparen, jetzt da Sie Intendant sind?
Grasmück: Also wir versuchen auch hier beim SR natürlich auch noch einmal zu sehen: Wo haben wir Möglichkeiten? Ich glaube, die Digitalisierung insgesamt bietet uns auch Möglichkeiten, denn nicht derjenige oder diejenige mit dem meisten Geld ist auf sozialen Netzwerken unbedingt die erfolgreichste. Dort kann man mit guten Ideen, mit viel Kreativität und auch mit nicht mal ein teurem Equipment hervorragende Beiträge machen, hervorragende Erfolge erzielen beim Publikum. Und ich glaube, das ist eine gewisse Chance, auch günstiger künftig zu produzieren.
Sterz: Das heißt, dass die ARD an der Stelle auch vom SR lernen könnte und alles noch ein bisschen günstiger machen könnte.
Grasmück: Ich selbst war jetzt in den vergangenen Jahren zuständig für die Netzwerkstatt. Die hat für unser funk-Format produziert, das heißt "Offen un' ehrlich". Das hat jetzt eine Grimme-Preis-Nominierung bekommen, da sind wir sehr stolz darauf. Und ich habe dort selbst in der Praxis dann eben auch gesehen, welche Möglichkeiten die neue Technik bietet. Und ich kann mir auch vorstellen, dadurch dass Consumer-Produkte immer besser werden, dass wir auch davon noch mal lernen können und auch lernen können, durchaus auch im Fernsehen mit weniger Aufwand am Ende zu produzieren und damit kostengünstiger
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.