Asta von Oppen blickt hinüber zum Förderturm hinter Mauer und Stacheldraht. Seit mehr als 30 Jahren übt sich die Vorsitzende der Rechtshilfe Gruppe Gorleben im Widerstand. Doch vor dem Bergwerk wurde zuletzt nur noch selten protestiert. Seit einem Jahr dürfen die Bergleute den Salzstock nicht weiter erkunden: "Wir sagen: zuschütten! Die Mängel sind zu eklatant, als dass man sich weiter noch leisten kann, das Bergwerk offen zu halten. Und wenn das jetzt politisch nicht durchsetzbar ist, einfach eine Kette davor, und alle vier Wochen jemand da runter fahren lassen, um zu gucken, dass das Salz nicht von der Decke fällt. Aber mehr sollte hier nicht geschehen!"
Auch Martin Donath fordert, den sogenannten Erkundungsbereich I, eine weitgehend fertiggestellte Sohle in 840 Metern Tiefe, wieder zu verfüllen. Dafür gibt es gute Gründe, sagt der Vorsitzende der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg: "Man kann nicht eine weiße Landkarte und eine Gleichwertigkeit aller Erkundungsräume behaupten und ein fertig ausgebautes Endlager vorhalten! Wir wissen, dass es natürlich Augenwischerei bleibt, weil 37 Jahre Endlagerforschung immer nur an einem Standort stattgefunden hat, alle Kriterien nur auf diesen Standort zugeschnitten hat."
Den versprochenen Neustart bei der Endlagersuche kann auch Peter Ward beim besten Willen nicht erkennen. Der gebürtige Brite ist Betriebsratschef in Gorleben.
Den versprochenen Neustart bei der Endlagersuche kann auch Peter Ward beim besten Willen nicht erkennen. Der gebürtige Brite ist Betriebsratschef in Gorleben.
Enttäuschte Kumpel
Doch dem Vertrauensmann bleibt nur, von der Enttäuschung der 140 verblieben Kumpel zu sprechen. Ward beklagt, dass Bund und Land hinter verschlossenen Türen über die Zukunft des Bergwerks verhandeln. Dessen vorläufiges Ende sei bereits beschlossen, ohne die Ergebnisse der Erkundung überhaupt abzuwarten. Der Mittfünfziger sieht die alten Fehler der Politik neu am Werk. "Für uns ist eine ganz schwere Zeit jetzt! Wir haben schon wahrgenommen, dass es zu einer massiven Reduzierung der Arbeit kommen wird in Gorleben. Und da werden viele Kollegen ihren Arbeitsplatz verlieren. Das hat mit der Eignung des Standorts überhaupt nichts zu tun. Die Belegschaft, wir werden nicht informiert, wir werden nicht beteiligt. Der Verlust unserer Arbeitsplätze ist das Signal, das an den Gorleben-Gegner gesendet werden muss. Und das ist schäbig!"
Seit 1992 arbeitet Ward in Gorleben. Er betont: Ein Kriterium dessentwegen der Salzstock im Wendland aus dem Pool denkbarer Standorte hätte ausscheiden müssen, wurde im Laufe der bisherigen Erkundung nicht gefunden. Auf einem Gesprächsforum gestern Abend in Hannover halten die Gorleben-Kritiker dagegen: Vom fehlenden Deckgebirge ist die Rede und den gefährlichen Gasen, die im Bergwerk austreten. Vor allem aber von der Unmöglichkeit, Vertrauen zu schaffen, solange Gorleben als Standort im Rennen bleibt.
Der Entscheidung über die weiteren Aktivitäten im Bergwerk will Stefan Wenzel nicht vorgreifen. Doch Niedersachsens grüner Umweltminister lässt wenig Zweifel daran, dass er einen möglichst umfassenden Rückbau anstrebt: "Gorleben ist ein Dreh- und Angelpunkt dieser Debatte. Und von daher wird auch für die Zukunft von großer Bedeutung sein, ob es gelingt, vertrauensbildende Signale zu setzen. Was wir hier in Gorleben gemacht haben, ist einmalig in dieser Welt!"
Sagt Peter Ward zum Abschied. Wenn er ausländische Experten durch das Bergwerk führt, können die nicht verstehen, warum die Deutschen entschieden haben, dort nicht mehr weiterzuforschen. Mit den Kumpel sieht Ward auch das in Jahren gesammelte Knowhow verschwinden. Fraglich auch, ob es künftig noch Besucher geben wird: "Was wollen sie dem Bürger da enthalten? Wieso dürfen die Leute Gorleben nicht mehr sehen?"