Schulunterricht draußen im Hof. Seit 15 Uhr brüten Steffen und sein Mathelehrer über den Büchern – Trigonometrie steht auf dem Stundenplan. Steffen, groß und schlaksig, hat seinen Lehrer früher als üblich hergebeten, denn normalerweise beginnt der Unterricht bei Freezone erst am späten Nachmittag. Doch der 22-Jährige hat ein klares Ziel vor Augen:
"Ich pauk für meinen Realschulabschluss und das einen möglichst guten!"
Irgendwie ein kleines Wunder bei Steffen, der in seiner Jugend sechsmal die Schule gewechselt hat. Weil er durch ständige Abwesenheit glänzte. Außerdem hatte er:
"Ein ziemliches Problem damit gehabt, den Lehrer gegenüber den richtigen Ton zu treffen. Ich hab durch familiär bedingte Dinge den Sinn in der Schule nicht gesehen."
Steffen lebte lange auf der Straße, in immer anderen Städten. Drei Ausbildungen hat er abgebrochen, bis er irgendwann in Mannheim strandete und zu Freezone kam. Lange Zeit eine Art Basislager für ihn, wo er seine Wäsche waschen, duschen und essen konnte, immer Ansprechpartner fand. Der so ganz andere Unterricht hier imponierte ihm.
"Da wird man einfach um einiges besser unterstützt im Gegensatz zu einer staatlichen Schule, wo man nur einer unter 30 ist und wenn man's nicht blickt, dann hat man's verkackt - zu Deutsch."
Klassischer Frontalunterricht ist bei Freezone übrigens tabu: Stattdessen setzt die Schulleitung auf individualisiertes Arbeiten. Ein bunt gemischtes Team kommt dabei zum Einsatz: Studierende, pensionierte Pädagogen sowie ehrenamtliche Kräfte. Sie stehen den Jugendlichen zur Seite und bereiten sie auf die sogenannte "Schulfremden-Prüfung" vor. Eine Einrichtung für Menschen, die im "normalen" Schulalltag gescheitert sind und nachträglich einen Abschluss machen wollen. Völlig freiwillig, ohne jeden Druck. Eine prima Sache, findet Eugen Haag. Seit einem halben Jahr ist der ehemalige Berufsschullehrer mit im Team, hat Steffen unter seine Fittiche genommen hat. Sein Job sei hier, sagt er:
"Unser staatliches System ist einfach viel stärker reglementiert und strukturiert und hier habe ich ja einen Individualunterricht, mit dem ich viel besser auf die Bedürfnisse der betroffenen Person eingehen kann."
Nicht nur fachlich versteht sich, sondern auch wenn es - wie bei Steffen Anfang des Jahres - gerade an allen Ecken und Enden "brennt":
"Ich war arbeitslos, ich war wohnungslos, ich war gerade meine Freundin los und dann kommt auch mal mein Lehrer, klopft einem auf die Schulter und sagt, hey, weißt du was, wir gehen jetzt mal da vor, trinken einen Kaffee und du erzählst mir einfach mal, was los ist bei dir gerade."
Dieses enge Vertrauensverhältnis zwischen Schüler und Lehrer sei das Besondere an ihrem Konzept, erklärt die Schul-Leiterin Ute Schnebel. Stimme die Chemie zwischen den Paaren, dann:
"Entwickeln sich da ganz schöne Tandems und das macht auch die Zugkraft aus, denn die Schüler kommen dann ja auch wegen ihrem Lehrer. Wenn sie nicht kommen, versetzen sie ihn ja auch. Und wir thematisieren das hier ja auch, und das ist auf jeden Fall ein gutes Mittel, sie immer wieder hier reinzuziehen in die Schule."
Die Schulleiterin weiß genau, wovon sie spricht. Ute Schnebel hat Straßenkinder-Pädagogik in Heidelberg studiert und mit Jugendlichen in Kolumbien gearbeitet. Ihr Ansatz: Kommen die Schüler nicht zur Schule, müsse die Schule eben zu den Schülern kommen, sie in ihrer Lebenswelt abholen. Ein Konzept, das in Mannheim aufzugehen scheint. Denn alle neun Jugendlichen, die sich in den vergangenen drei Jahren hier auf ihren Abschluss vorbereiteten, haben ihn heute in der Tasche. Mitarbeiterin Andrea Schulz:
"Da ist ein ganz besonderer Schüler dabei und da sind wir auch ganz ganz stolz drauf, er galt als "unbeschulbar" in Mannheim. Der junge Mann hat als Allererster in der Familie einen Abschluss. Und die Zeit ihnen zu geben, das ist hier das Besondere."
"Ich pauk für meinen Realschulabschluss und das einen möglichst guten!"
Irgendwie ein kleines Wunder bei Steffen, der in seiner Jugend sechsmal die Schule gewechselt hat. Weil er durch ständige Abwesenheit glänzte. Außerdem hatte er:
"Ein ziemliches Problem damit gehabt, den Lehrer gegenüber den richtigen Ton zu treffen. Ich hab durch familiär bedingte Dinge den Sinn in der Schule nicht gesehen."
Steffen lebte lange auf der Straße, in immer anderen Städten. Drei Ausbildungen hat er abgebrochen, bis er irgendwann in Mannheim strandete und zu Freezone kam. Lange Zeit eine Art Basislager für ihn, wo er seine Wäsche waschen, duschen und essen konnte, immer Ansprechpartner fand. Der so ganz andere Unterricht hier imponierte ihm.
"Da wird man einfach um einiges besser unterstützt im Gegensatz zu einer staatlichen Schule, wo man nur einer unter 30 ist und wenn man's nicht blickt, dann hat man's verkackt - zu Deutsch."
Klassischer Frontalunterricht ist bei Freezone übrigens tabu: Stattdessen setzt die Schulleitung auf individualisiertes Arbeiten. Ein bunt gemischtes Team kommt dabei zum Einsatz: Studierende, pensionierte Pädagogen sowie ehrenamtliche Kräfte. Sie stehen den Jugendlichen zur Seite und bereiten sie auf die sogenannte "Schulfremden-Prüfung" vor. Eine Einrichtung für Menschen, die im "normalen" Schulalltag gescheitert sind und nachträglich einen Abschluss machen wollen. Völlig freiwillig, ohne jeden Druck. Eine prima Sache, findet Eugen Haag. Seit einem halben Jahr ist der ehemalige Berufsschullehrer mit im Team, hat Steffen unter seine Fittiche genommen hat. Sein Job sei hier, sagt er:
"Unser staatliches System ist einfach viel stärker reglementiert und strukturiert und hier habe ich ja einen Individualunterricht, mit dem ich viel besser auf die Bedürfnisse der betroffenen Person eingehen kann."
Nicht nur fachlich versteht sich, sondern auch wenn es - wie bei Steffen Anfang des Jahres - gerade an allen Ecken und Enden "brennt":
"Ich war arbeitslos, ich war wohnungslos, ich war gerade meine Freundin los und dann kommt auch mal mein Lehrer, klopft einem auf die Schulter und sagt, hey, weißt du was, wir gehen jetzt mal da vor, trinken einen Kaffee und du erzählst mir einfach mal, was los ist bei dir gerade."
Dieses enge Vertrauensverhältnis zwischen Schüler und Lehrer sei das Besondere an ihrem Konzept, erklärt die Schul-Leiterin Ute Schnebel. Stimme die Chemie zwischen den Paaren, dann:
"Entwickeln sich da ganz schöne Tandems und das macht auch die Zugkraft aus, denn die Schüler kommen dann ja auch wegen ihrem Lehrer. Wenn sie nicht kommen, versetzen sie ihn ja auch. Und wir thematisieren das hier ja auch, und das ist auf jeden Fall ein gutes Mittel, sie immer wieder hier reinzuziehen in die Schule."
Die Schulleiterin weiß genau, wovon sie spricht. Ute Schnebel hat Straßenkinder-Pädagogik in Heidelberg studiert und mit Jugendlichen in Kolumbien gearbeitet. Ihr Ansatz: Kommen die Schüler nicht zur Schule, müsse die Schule eben zu den Schülern kommen, sie in ihrer Lebenswelt abholen. Ein Konzept, das in Mannheim aufzugehen scheint. Denn alle neun Jugendlichen, die sich in den vergangenen drei Jahren hier auf ihren Abschluss vorbereiteten, haben ihn heute in der Tasche. Mitarbeiterin Andrea Schulz:
"Da ist ein ganz besonderer Schüler dabei und da sind wir auch ganz ganz stolz drauf, er galt als "unbeschulbar" in Mannheim. Der junge Mann hat als Allererster in der Familie einen Abschluss. Und die Zeit ihnen zu geben, das ist hier das Besondere."