Wie könnte die Welt des Sports in Zukunft aussehen? Das ist einer der Forschungsschwerpunkte von Prof. Sascha Schmidt, Leiter des Center for Sports and Management an der WHU in Düsseldorf. Im Dlf-Sportgespräch sprach der Wirtschaftswissenschaftler, der auch mit der Universität Harvard kooperiert, über Doping per Nanobots, Bioprinting und über fallende Grenzen zwischen Virtualität und Realität.
Drei Szenarien für den Sport
Schmidt sieht für die Zukunft des Sports hinsichtlich der Technisierung drei Szenarien: 1. Mensch gegen Mensch, die klassische Variante wie bei Olympischen Spielen. 2. Mensch gegen Maschine, wie einst beim Schachmeister Garri Kasparow gegen den Computer Deep Blue. Und 3. Maschine gegen Maschine.
Die menschliche Leistung werde in Zukunft mutmaßlich ergänzt durch verschiedene Hilfsmittel wie zum Beispiel Exoskelette - Anzüge, die ein Athlet anlegt und "dadurch ganz andere Leistungsmöglichkeiten hat". Diese Exoskelette kommen aus der Medizin und helfen beispielsweise Gelähmten dabei, wieder zu gehen. Es gebe sie bereits, die entscheidende Frage sei jedoch, was im Sport zugelassen werde. Das sind Fragen, die sich Sportverbände stellen müssten, sagte Schmidt.
Der Wissenschaftler glaubt, dass in Zukunft auch Nanobots im Sport zum Einsatz kommen könnten. Dabei handelt es sich um Mikroroboter im Stoffwechsel, mit deren Hilfe man Energie zuführen oder Muskeln stimulieren kann. Auch wenn dies wohl erst in 20 bis 50 Jahren denkbar sei, sei es sinnvoll, sich schon jetzt damit auseinanderzusetzen. Auch diese Forschung komme aus der Medizin und sei keine Erfindung des Sports, aber dieselben Mechanismen könnten auch unerkannt zur Leistungssteigerung von Athleten eingesetzt werden, meinte Schmidt.
Die Methode Bioprinting wiederum könnte Heilungsprozesse verändern. Dabei wird organisches Gewebe wie mit einem 3D-Drucker erzeugt. Damit könnten beispielweise Kreuzbandrisse viel schneller geheilt werden. Schmidt: "Das hätte massiven Einfluss auf den Profisport."
Große Herausforderung für den Sport
Sportorganisationen sollten frühzeitig mit den "Ungewissheiten und Ambiguitäten umgehen", die durch die technischen Neuerungen auf den Sport zukommen, mahnte Schmidt: "Wir sind mitten in der Digitalisierung unserer Gesellschaft. Der Sport wird nicht umhin kommen, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen."
Bei Para-Athleten und Sportlern ohne Beeinträchtigungen beispielsweise könnten Unterschiede mit Hilfe technischer Hilfsmittel wie Exoskeletten verschwinden, ebenso zwischen den Geschlechtern und zwischen Alt und Jung. Die Frage sei dann, wie ein fairer Wettbewerb hergestellt werden könne. Denn ein "technisches Wettrüsten könnte wirtschaftsstarke Nationen bevorteilen, die Geld in die Entwicklung stecken".
Schmidt räumt dem Konsumenten, dem Zuschauer, eine wichtige Rolle ein. Dort erkenne er zwei Lager: Die "Puristen, die den ursprünglichen Wettbewerb, wie wir ihn aus Olympischen Spielen kennen, favorisieren" sowie die Technik-Enthusiasten, für die das Spektakel und der Entertainment-Faktor eine größere Rolle spielten als die Identifikation mit dem Athleten oder einem Verein. Die Frage, wie der Sport reguliert werden könne, werde aber komplexer, je mehr technische Hilfsmittel man zulasse, gab Schmidt zu bedenken.
Neue Perspektiven für Zuschauer und Sportler
Zu den Möglichkeiten, wie der Sport in der näheren Zukunft durch Technik verändert werden könnte, gehört laut Schmidt auch Augmented Reality. Dabei wird die sichtbare Realität durch Daten ergänzt, die in eine Brille oder Kontaktlinse eingespielt werden, beispielsweise die Laufleistung oder Herzfrequenz des Sportlers. Für Zuschauer bedeute dies zusätzliche Informationen, die aber auch die Sportler selbst nutzen könnten: "Wenn man Informationen über den Gegner hat, hat es Auswirkungen auf den Wettkampf", sagte Schmidt.
Wenn beispielsweise beim Tennis der Gegner Daten zum Fitnessgrad des Gegners hätte, könnte das Auswirkungen auf die Spielstrategie haben. Auch könnten die Zuschauer, die "Crowd", entscheiden, ob ein Spieler zusätzliche Energie, einen "Energieboost", erhält. Ob die Sportverbände, Clubs, Ligen, Vereine und Sportler eine solche Entwicklung wollten, sei jedoch dahingestellt.
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