Die Musik geht ins Blut. Die tonale Musiksprache nimmt Strömungen vorweg wie die von John Adams "Nixon in China". Es gibt einen Orchesterpuls, der ständig läuft, darauf gesungene oder auch gesprochene Passagen. Das wirkt in der Mischung durchaus experimentell, ist ingesamt aber sehr zugänglich.
Jazzelemente und der sehr schwere Stoff von Kafka
Es gibt auch Jazzelemente, der Komponist steht für musikalische Polystilistik. Die Musik geht heute eher leicht ins Ohr, was die Frage aufwirft, wie der tragisch-groteske und sehr schwere Stoff von Kafka zusammen mit der eingängigen Musik beim Publikum bei der Uraufführung 1953 in Salzburg wohl angekommen ist, vielleicht wirkte sie damals noch eher verstörend.
HK Gruber dirigierte das ORF Radio-Symphonieorchester Wien feinnervig und präzise, und mit wunderbarer Besetzung: Michael Laurenz als Josef K. und Lars Woldt, unter anderem in der Rolle des Richters, sind zwei tolle Stimmen in einem sehr starken Ensemble. HK Gruber, ein Schüler Gottfried von Einems, küsste am Ende sogar die Partitur! Das Publikum hat die Aufführung enthusiastisch gefeiert.
Einsatz für Brecht führte zur Entlassung
Salzburg und Gottfried von Einem - das ist eine vertrackte Geschichte. Der Komponist war gleich zweimal in die künstlerische Leitung der Festspiele eingebunden. Weil er Bertolt Brecht einen Auftrag geben wollte, was die Einbürgerung des damals Staatenlosen erleichtert hätte, warf man ihn raus. Später holte man ihn zurück.
Weltweite Adaption von "Der Prozess"
Da er seine Idee, jedes Jahr eine Uraufführung zu machen, aber nicht durchsetzen konnte, warf er das Handtuch. "Der Prozess" nach Franz Kafka wurde dennoch 1953 in Salzburg uraufgeführt und bald weltweit nachgespielt.