Auch wer den Namen Harold Lloyd nicht kennt - diese Szene hat fast jeder schon einmal gesehen: Hoch über den Straßenschluchten New Yorks hängt ein Mann mit Hornbrille und schwarzem Anzug an den Zeigern einer Wolkenkratzer-Uhr. Lloyd, Erfinder der sogenannten Thrill-Comedys: temporeiche Filme mit spektakulären Stunts, gelingt mit dieser Szene 1923 in dem Stummfilm-Klassiker "Safety Last" sein Meisterstück.
Als Harold Lloyd am 8. März 1971 starb, galt er zwar als einer der reichsten Filmstars in Hollywood, doch war er - anders als Chaplin und Buster Keaton - schon fast vergessen. Zu Unrecht, wie der französische Stummfilmexperte Serge Bromberg meint, Besitzer einer bedeutenden Kurzfilmsammlung:
"Es ist an der Zeit, diesen Meister der Burleske zu rehabilitieren. Im Gegensatz zu Chaplin und Keaton kam Lloyd nicht vom Varieté. Er begann im Theater, mit ernsthaften Werken."
Als Harold Lloyd am 8. März 1971 starb, galt er zwar als einer der reichsten Filmstars in Hollywood, doch war er - anders als Chaplin und Buster Keaton - schon fast vergessen. Zu Unrecht, wie der französische Stummfilmexperte Serge Bromberg meint, Besitzer einer bedeutenden Kurzfilmsammlung:
"Es ist an der Zeit, diesen Meister der Burleske zu rehabilitieren. Im Gegensatz zu Chaplin und Keaton kam Lloyd nicht vom Varieté. Er begann im Theater, mit ernsthaften Werken."
Ins Film-Business hineingeschummelt
Schon mit zwölf steht der 1893 in einem kleinen Nest in Nebraska geborene Harold auf der Bühne. Da sein Vater häufiger den Job wechselt, müssen die Lloyds oft umziehen. Harold trägt als Kartenverkäufer bei Wandertheatern zum Einkommen der Familie bei und nimmt auch Schauspielunterricht. Als Zwanzigjähriger zieht er in die rasant wachsende Filmstadt Los Angeles. Doch die Studios werden belagert von Jobsuchenden. Harold gelingt der Zutritt mit einer List: Geschminkte Schauspieler passieren ohne Kontrolle - also schminkte Harold sich ebenfalls, geradewegs durchs Tor die Tür und legte los, berichtete er 1955 in der NBC-Serie "This is your Life" erzählt:
Drehbücher brauchte es nicht
Er freundet sich mit Hal Roach an, der der Regisseur seiner meisten Kurzfilme bis 1920 werden wird. Zusammen entwickeln sie die Figur des Lonesome Luke, die den schon weltweit bekannten Charlie Chaplin imitieren soll. Viele Szenen sind improvisiert, alles läuft auf einen Gag hinaus. Drehbücher gibt es nicht, sagt Serge Bromberg:
"In der Zeit der Einakter wurde jede Szene nur einmal gedreht. Als er zu den Zweiaktern überging, zögerte Lloyd nicht, eine Szene ein Dutzend Mal zu drehen, um den komischsten Effekt zu erzielen. Er drehte auch jede Szene zweimal, um zwei Negative zu haben. Eins für die USA und eins für den Export."
Die Geburt des Mannes mit Brille und Strohhut
Doch viele Filme wirken unstrukturiert und chaotisch. Als Harold Lloyd in einer Vorführung hört, wie ein Junge seiner Mutter erklärt, Lonesome Luke sei bloß der Typ, der Chaplin imitiert, beschließt er, einen eigenen Charakter zu entwerfen. 1917 verwandelt sich Harold Lloyd in den Mann mit Brille und Strohhut: einen freundlich lächelnden und hilfsbereiten Kleinstadtamerikaner, der in die Großstadt kommt und trotz größter Schwierigkeiten stets sein Ziel erreicht. Dieser Typ wird Lloyds Durchbruch, erzählte er:
"Als ich die Brille einführte, rutschte ich irgendwie in eine andere Kategorie, weil ich zu einem menschlichen Wesen wurde. Das war ein Typ, den man auf der Straße gegenüber treffen konnte. Aber zur gleichen Zeit konnte ich noch immer all die verrückten Dinge tun, die wir vorher in den Komödien gemacht hatten. Nur, dass man sie jetzt glaubte. Manchmal war der Bursche sehr mutig, manchmal eher introvertiert. Das hing immer von dem Film ab, den wir machten."
In den Zwanzigerjahren werden zahlreiche seiner Langfilm-Komödien wie "The Freshman" oder "The Kid Brother" zu Publikumsrennern und machen Harold Lloyd zum erfolgreichsten Komiker seiner Zeit. Im Gegensatz zu Chaplin und Keaton übernimmt er nie die Regie seiner Filme, entwickelt aber dennoch Handlung und Gags. Spielt Chaplin meist den Außenseiter, so gilt Lloyd als der kleine Mann, der den amerikanischen Traum verwirklicht und Karriereleitern emporsteigt, wie seine Helden die Wolkenkratzer-Fassaden, so Serge Bromberg:
"Lloyd benutzte niemals Trickaufnahmen oder einen Stuntman. Die Szenen wurden auf den Dächern wirklicher Wolkenkratzer gedreht. Die einzige Sicherung war eine kleine Plattform, außerhalb des Bildes natürlich. Die sollte ihn auffangen, falls er fiel."
"Lloyd benutzte niemals Trickaufnahmen oder einen Stuntman. Die Szenen wurden auf den Dächern wirklicher Wolkenkratzer gedreht. Die einzige Sicherung war eine kleine Plattform, außerhalb des Bildes natürlich. Die sollte ihn auffangen, falls er fiel."
Nach 1930 spielt Lloyd zwar noch in einigen Tonfilm-Produktionen halbwegs erfolgreich mit, doch der Typ des Aufsteigers verliert in der Weltwirtschaftskrise an Popularität. Erst 1962 wird Harold Lloyd auf dem Filmfestival von Cannes mit einem Kompilationsfilm, einem Zusammenschnitt seiner besten Film-Szenen, erfolgreich wiederentdeckt.