Abreu sei "ein faszinierender Mensch" gewesen, der eine unglaubliche Ruhe und zugleich eine große Energie ausgestrahlt habe, sagte Michael Kaufmann im Dlf. Der Kulturmanager ist Intendant der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz in Ludwigshafen und war Co-Autor des Buchs "Das Wunder von Caracas". Darin wird die Geschichte des Musikausbildungsprogramm für die sozial Schwachen Venezuelas erzählt. In diesem Zusammenhang hat er mit José Antonio Abreu gesprochen und seine Arbeit miterlebt.
El Sistema und Nachahmer-Projekte
"Der wusste genau, was er wollte, sonst hätte er das auch nicht erreicht", so Kaufmann. Die Übertragung des Projekts zum Beispiel nach Deutschland habe nicht so gut funktioniert, auch weil "eine plurale heterogene Gesellschaft" andere Zugänge benötige. Denn bei Nachahmer-Projekten habe man sich nicht auf die Gegebenheiten eingelassen, die vor Ort geherrscht hätten, so Kaufmann. Aber: "Die unglaubliche Ausstrahlung, die Abreu hatte, die hat überall gewirkt", betonte er.
"Wir in Deutschland oder in Europa haben gar keine Vorstellung von der Situation in Venezuela", erklärte er. "Abreu hat uns damals, als wir drüben waren, gesagt: 'Ich musste mittlerweile bei El Sistema mit acht verschiedenen Präsidenten zusammenarbeiten. Ich kann nicht danach fragen, wer gerade der Präsident ist, wenn ich für die Kinder etwas erreichen will.'" Natürlich gebe es dort Abhängigkeiten vom Regime. "Es ist schwierig. Man muss diese Aspekte bedenken, aber es verbietet sich eigentlich eine Bewertung." Wenn er mit den Herrschenden in Venezuela nicht kooperiert hätte, dann hätte er El Sistema nicht aufbauen können, so Kaufmann.