Artur Brauner: "Man muss Film lieben, also richtig lieben, um Filme zu produzieren, die von innen kommen, weil die unverfälscht sind."
Ohne genau diesen Film, der von innen kommt, der eine Herzensangelegenheit ist und gleichzeitig ein tiefes Bedürfnis, hätte es wahrscheinlich nie einen Filmproduzenten Artur Brauner gegeben. Und so wurde seine Idee, mit "Morituri" den Millionen jüdischen Opfern der Naziherrschaft ein filmisches Denkmal zu setzen, zum Motor seines Schaffens. Ein Motor, der – so kurz nach dem Zweiten Weltkrieg – alles andere als geölt lief. Zum einen musste Artur Brauner zunächst überhaupt von den Alliierten eine Lizenz für seine Filmgesellschaft CCC in Berlin bekommen. Zum anderen versuchte der damals 28-Jährige, die Finanzierung des Projekts auf die Beine zu stellen. Selbst der Pelzmantel der Mutter wurde zu diesem Zweck versilbert.
"Nur ´Morituri´ wollte ich abdrehen und habe nicht weitergedacht an weitere Produktionen."
Sein Thema war der Holocaust
Artur Brauner, der 1918 im polnischen Łódź geboren wurde und der nur durch die Flucht in die Sowjetunion der Verfolgung durch die Nazis entgangen war, Brauner selbst hatte die Idee zur Geschichte von "Morituri" beigesteuert. Der Film erzählt von einem polnischen Arzt in einem Konzentrationslager, wo er Häftlingen zur Flucht verhilft.
Trotz guter Kritiken, die den Film als herausragende deutsche Produktion der ersten Nachkriegsjahre bezeichneten, kam die Aufarbeitung der Gräueltaten der Nationalsozialisten für das Publikum offensichtlich zu früh. Kaum ein Kino zeigte "Morituri" – oder aber der Film wurde nach den ersten Vorstellungen, in denen Teile des Publikums randalierten, abgesetzt.
Gerade wegen der Erfahrungen mit "Morituri" wollte Artur Brauner weitere Filme produzieren, die den Holocaust zum Thema haben sollten. Selbst wenn auch die nachfolgenden Genrationen nur wenig Interesse an solchen Stoffen zeigten.
"Diese Mentalität des Publikums hat sich nicht verändert. Das deutsche Publikum meidet die Filme über die Holocaust-Opfer. Nur Filme wie ´Schindlers Liste´, wo ein Guter Deutscher ist, gehen. Aber sonst hat kein Film eine Chance, wenn ein Deutscher nicht zumindest positiv dargestellt wird."
Der Film "Hitlerjunge Salomon" über einen jüdischen Jungen, der als Mitglied der Hitlerjugend den Holocaust überlebt, erzählte so eine Geschichte auch nicht. Trotz bester Chancen auf den Oscar als bester fremdsprachiger Film 1992 wurde "Hitlerjunge Salomon" nicht von der deutschen Jury als Oscar-Kandidat vorgeschlagen.
"Die wollten nicht, dass ich einen Oscar bekomme."
Leichte Unterhaltung für die Masse
Doch der Mann, der so viele Filme gegen das Vergessen auf den Weg gebracht hat, zeichnete für noch mehr Filme verantwortlich, mit deren Hilfe das Publikum in den 1950er-Jahren gerade vergessen sollte: nicht nur die unrühmliche deutsche Geschichte, sondern vor allem auch seine Alltagssorgen. Dass der Name Artur Brauner ebenso für Filme wie "Das alte Försterhaus", "Der Czardas-König" oder "Frauenarzt Dr. Sibelius" steht, lag nicht zuletzt am Misserfolg von "Morituri".
"Ich bin an diesem Film praktisch finanziell zugrunde gegangen und musste anfangen, die Schulden zurückzuzahlen."
Und so produzierte er das, was das Publikum sehen wollte: Musical- und Liebesfilme. Bis zu zehn Streifen kamen pro Jahr aus den CCC-Studios. Brauner drehte mit allen Stars des Nachkriegskinos – von Caterina Valente bis O.W. Fischer, von Sonja Ziemann bis Peter Alexander.
Alles auf Anfang
Leichte Unterhaltung, die Millionen Menschen in die Kinos lockte und Artur Brauner zum Multimillionär machte – und zum einzigen deutschen Filmmogul. Bis in die späten 60er-Jahre sollte ihm der Erfolg treu bleiben mit großen Unterhaltungsfilmen wie "Der Tiger von Eschnapur", "Das indische Grabmal" und den Neustart der "Dr. Mabuse"-Reihe. Für alle drei holte er Fritz Lang aus Hollywood zurück.
Immer wieder aber widmete sich Brauner auch anspruchsvolleren Stoffen – so in "Die Halbstarken", "Es geschah am helllichten Tag" oder "Die Ratten" mit Maria Schell und Curd Jürgens. 1970 musste Artur Brauner seine Filmstudios schließen.
Erst Anfang der 1980er-Jahre – Brauner ist schon über 60 – machte er wieder Filme, die sich mit dem NS-Regime und der Judenverfolgung beschäftigten, darunter "Die weiße Rose" und "Eine Liebe in Deutschland". Seit 2009 werden Brauners 21 Produktionen, die einen Bezug zur Schoah haben, in der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem gezeigt. Für den bedeutendsten deutschen Filmproduzenten sollte es die wichtigste Auszeichnung in seinem über 100-jährigen Leben sein.