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Zum Tod von Joseph Vilsmaier
"Poesie der Bodenständigkeit"

"Er war ein Urbayer", sagt Filmkritikerin Katja Nicodemus über den Regisseur Joseph Vilsmaier. Das Thema Heimat sei für ihn zentral gewesen. In "Herbstmilch" und "Rama dama" zeichnete er das Leben von Bäuerinnen und Trümmerfrauen. Im Spätwerk sei er an ästhetische Grenzen gekommen.

Katja Nicodemus im Gespräch mit Doris Schäfer-Noske |
Porträt des Filmemachers Joseph Vilsmaier aus 2012
Filmemacher Joseph Vilsmaier ist im Alter von 81 Jahren gestorben (Picture Alliance / dpa / Tobias Hase)
"Ich bin der Sepp", so stellt er sich gern vor. Bayerisch, bodenständig, gradeheraus und voller Energie – so kannte man den Filmemacher Joseph Vilsmaier. Zu seinen bekanntesten Filmen zählen "Herbstmilch", "Comedian Harmonists", "Marlene" oder "Schlafes Bruder". Die bayerische Kultfigur des "Brandner Kaspar", der den Tod beim Kartenspielen übers Ohr haut und sich so den Traum vom ewigen Leben erfüllt, hat Joseph Vilsmaier besonders geliebt. Der Regisseur ist im Alter von 81 Jahren gestorben.
Ursprünglich wollte er gar nicht ins Filmgeschäft, sondern Musik machen. Aufgewachsen ist er in Pfarrkirchen in Niederbayern. Zunächst hat er am Münchner Konservatorium Musik studiert – mit Schwerpunkt Klavier. Nebenbei spielte er in einer Jazz-Band. Dann hat er eine Ausbildung zum Kameramann gemacht. Und als solcher ist er in den 1960er Jahren auch ins Film- und Fernsehgeschäft eingestiegen. Als Filmregisseur hat er erst spät debütiert, und zwar mit dem Film "Herbstmilch", da war er schon 50. Seine Ehefrau Dana Vávrová spielte die Hauptrolle. "Es gibt in der Filmbranche niemanden, der etwas Schlechtes über Joseph Vilsmaier sagen würde", bemerkt Filmkritikerin Katja Nicodemus. Er sei ein "absolut liebenswürdiger Mensch gewesen, beim Drehen und im Leben".
Porträtist des ländlichen Lebens
Das Thema Heimat sei "ganz zentral" für ihn gewesen, führt die Filmkritikerin aus. Das konnte man schon in seinem ersten Film "Herbstmilch" von 1989 sehen. Der Film ist nach der Autobiographie von Anna Wimschneider, Lebenserinnerungen einer Bäuerin, entstanden. Die Geschichte einer Frau, die im Zweiten Weltkrieg allein mit ihren Kindern zurecht kommen muss - diese Geschichte erzähle Vilsmeier mit "großer Empathie". Der Film sei das Generationenporträt einer ländlichen Existenzweise. Auch sein Film "Rama dama" über Trümmerfrauen im zerstörten München habe diese Qualität, eine "Poesie der Bodenständigkeit". Vilsmaier hatte den Mut den Film auf Bayerisch zu drehen. "Ich hatte das Gefühl, dass er sich mit den bayerischen Figuren in diesem empfindsamen Heimatfilm am wohlsten und sichersten gefühlt hat", sagt Katja Nicodemus.
Ästhetische Grenzen
Beim Publikum erfolgreich, bei den Kritikern weniger: Mit "Stalingrad" und "Comedian Harmonists" sei er von den Heimatfilmen zu den großen deutschen Mythen gewechselt. Da könne man "die Kamera nicht einfach hinstellen". Es fehlte ihm an "künstlerischer Haltung und analytischem Zugriff", meint Filmkritikerin Nicodemus. "Stalingrad, erzählt aus der Perspektive deutscher Wehrmachtssoldaten, bekommt dann die Anmutung eines Opferdiskurses", kritisiert die Filmexpertin. Damit sei der "Bauchmensch" Vilsmaier durchaus an seine ästhetischen Grenzen gekommen.
Er wird in Erinnerung bleiben als Regisseur, der historische Stoffe angepackt hat. Katja Nicodemus: "Kein anderer hat sich das so getraut."