Jürgen Manthey prägte die Literatur und den Literaturbetrieb in zahlreichen Funktionen. Er arbeitete als Kritiker und leitete die Literaturredaktion des Hessischen Rundfunks. Manthey war Cheflektor beim Rowohlt Verlag und Professor für Literaturwissenschaft an der Universität Essen. Heute ist er im Alter von 86 Jahren gestorben.
Im Gespräch erinnert sich der Autor und ehemaligen Hanser-Verleger Michael Krüger an Manthey als "außerordentlich klugen, belesenen und denkenden Publizisten" und "Universalhistoriker". Mit dem Rowohlt Literaturmagazin und der Reihe "das neue buch" betreute er ab 1973 zwei der bedeutendsten Schriftreihen der Literatur seiner Zeit. "Das Rowohlt Literaturmagazin war das Sprachrohr meiner Generation für die deutsche Literatur", so Krüger. Regelmäßig meldeten sich hier Autoren zu politischen und gesellschaftlich relevanten Fragen zu Wort.
Seit 1970 in der Funktion als Cheflektor förderte Manthey außerdem im besonderen Maße die Poesie und die amerikanische Literatur. Er betreute etwa das Werk von Peter Rühmkorf und machte Thomas Pynchon, unter anderem in der Übertragung von Elfriede Jelinek, in Deutschland bekannt. "Er war für die deutsche Literatur dieser Zeit, für die damalige Avantgarde zuständig", resümiert Krüger.
Als Professor für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, 1986 bis 1998 an der Universität Essen lehrend, bemühte er sich für die Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis. Immer wieder lud Manthey Schriftsteller und Literaturkritiker für ein Semester an die Universität ein. Seit 1976 betreute er das bis heute an fortgeführte poet in residence-Programm.
Eine wichtige literaturwissenschaftliche Studie Mantheys "Wenn Blicke zeugen könnten" von 1983 beschäftigt sich mit dem Sehen in der Literatur. Sein Hauptwerk "Königsberg. Geschichte einer Weltbürgerrepublik" wurde zum Bestseller. Zum ersten Mal beschrieb Manthey die Stadt nicht nur als Geburtsort Immanuel Kants, sondern als Zentrum des deutschen Geistes.
In den letzten zehn Jahren seines Lebens arbeitete Jürgen Manthey an einem Buch über die Ostsee. "Von diesem Buch gibt es 2000 Seiten Handschrift, aber es ist leider nicht vollendet worden", so Krüger.
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