Manfred Stolpe war Zeit seines Lebens ein Kümmerer, das war auch in den letzten Jahren als Rentner nicht anders. Zuletzt hatten Ingrid und Manfred Stolpe ihr Haus mit Garten aufgegeben und waren in Potsdam in ein Seniorenheim der Johanniter an der Havel umgezogen, in eine kleine Zwei-Zimmer-Wohnung.
Hier wurde Manfred Stolpe öfter von anderen Heimbewohnern um Rat gefragt. Als die Stimme noch einigermaßen mitmachte, empfing Manfred Stolpe gerne Besucher. Im Leseraum des Heimes, sehr schick im Anzug mit Einstecktuch. Geschwächt vom Alter und seinem Jahre langen Kampf gegen den Krebs, aber auskunftsfreudig.
Bewegtes Leben mit großen Umbrüchen
"Ich habe die Gabe, dass ich gut zuhören kann und auch immer überlege, was den anderen bewegt. Das ist Erbmasse und ein Stück Erfahrung dabei. Ich gehöre zu den etwas zurückhaltenderen Typen, und es kam hinzu, dass ich eine sehr fromme Mutter hatte, die mich geprägt hat und die mich automatisch zum Glauben und zur Kirche gebracht hat. Das schafft dann so ein bisschen Abstand von den Aufgeregtheiten des Tages."
Dabei hat Manfred Stolpe ein bewegtes Leben gehabt, mit mehreren großen Umbrüchen. Geboren wurde er am 16. Mai 1936 im heute polnischen Stettin. Wegen der heftigen Bombenangriffe auf die Stadt verbrachte Manfred Stolpe als Kind viel Zeit auf dem Land, er wollte Förster werden. "Das war eigentlich die schönste Zeit", so beschrieb Stolpe es in seiner Lebenserzählung "Von Pommern nach Potsdam". Damals sei er ein ideenreicher Anstifter der drei Köpfe größeren Dorfkinder gewesen, aber nicht der Anführer in der ersten Reihe.
Schon früh Probleme mit der SED
Die Nachkriegsjahre verbrachte Manfred Stolpe in Greifswald, wo er 1955 Abitur machte. In die FDJ trat er noch ein, den kommunistischen Jugendverband der DDR.
Es sei ihm immer wichtig gewesen, kein Außenseiter zu sein, sagte Stolpe, um mitbestimmen zu können. Außenseiter war er dann aber doch: Er engagierte sich in der Jungen Gemeinde und weigerte sich, SED-Parteimitglied zu werden. Nach dem Jura-Studium in Jena bekam Stolpe deswegen keine Arbeitsstelle zugewiesen. Seine Mutter bat daraufhin Kirchenkreise in Greifswald um Hilfe, und die heuerten ihn als Juristen an. Startpunkt einer Karriere als später wichtigster Vermittler zwischen Kirche und Staat in der DDR.
Zehn Jahre lang, von 1959 bis 1969, arbeitete Stolpe bei der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg. Als 1961 die Mauer gebaut wurde, wäre seine Frau Ingrid gerne in den Westen gegangen, doch Manfred Stolpe entschied zu bleiben.
"Ich bin da, glaube ich, auch ein bisschen geprägt von dem, was ich von meiner Mutter mitbekommen habe. Bist du an einen Platz gestellt, dann läuft man nicht weg. Insofern ist mir der Gedanke, nach dem Westen zu gehen, nie gekommen."
Chefjurist der Kirche in der DDR
Stattdessen leitete er das Sekretariat des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR. Von 1982 bis 1990 war er dessen stellvertretender Vorsitzender und Konsistorialpräsident der Ostregion der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg. Schon in den 60er-Jahren führte er als Chefjurist der Kirche erste Gespräche mit dem Ministerium für Staatsicherheit. An die mächtige Stasi habe er sich in schwierigen Fällen wenden müssen, sagte Stolpe später dazu. Die Vorwürfe von ehemaligen Bürgerrechtlern, dass er als "IM Sekretär" Spitzeldienste geleistet, Kircheninterna verraten und Informationen aus der DDR-Opposition geliefert habe - die hat Stolpe stets vehement bestritten.
"Denn jeder, der die Verhältnisse kannte, musste eigentlich wissen: Wenn man etwas erreichen wollte, Leute aus dem Gefängnis holen wollte oder Menschen die Ausreise vermitteln, dann musste man auch mit denen reden, die den Schlüssel hatten für den Grenzzaun. Das ist dann am Ende vom Bundesverfassungsgericht bestätigt worden und sehr frühzeitig schon von den leitenden Bischöfen der evangelischen Kirche bestätigt worden: ‚Er ist interessante und nicht immer nachvollziehbare Wege gegangen, aber er ist stets ein Mann der Kirche geblieben‘."
Brandenburgs SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke spricht denn auch von einem Jahrzehnte langen Grundvertrauen zu Stolpe. Woidke kannte Stolpe seit den 80er-Jahren.
"Aus der evangelischen Studentengemeinde in Berlin, in der ich damals als Student unterwegs war. Und er war für uns damals schon jemand, der immens wichtig war, auch für die Oppositionellen in der DDR, weil viele von uns auch seine Telefonnummer damals schon hatten, falls irgendwas passiert, falls irgendwie die Polizei, Stasi zuschlägt, dass wir wissen, welchen Anwalt wir anrufen können."
Nach dem Fall der Mauer ging das mit der Wiedervereinigung dem besonnenen Manfred Stolpe zu schnell. Er habe sich damals Sorgen gemacht, dass im Einheits- und Westwarenrausch zu wenig an drohende Arbeitslosigkeit und steigende Mieten gedacht wurde. Der Osten stand vor riesigen Herausforderungen, und viele liefen Gefahr, auf der Strecke zu bleiben - das war Stolpe früh klar.
"Diese Wiedervereinigung ist ein totaler Umbruch in der Wirtschaft, in der Politik, aber auch für die Menschen. Die Menschen müssen alles neu lernen, und man muss darauf achten, dass sie sich da nicht als Verlierer fühlen, dass sie nicht den Eindruck haben, sie sind jetzt sozusagen der letzte Dreck im wiedervereinten Deutschland."
Auf Ausgleich bedachter Ministerpräsident
In diesen bewegten Zeiten habe der unaufgeregte und auf Ausgleich bedachte Manfred Stolpe wie ein Rettungsanker gewirkt, erinnert sich Matthias Platzeck, der 2002 dessen Nachfolger im Amt des Brandenburger Ministerpräsidenten wurde:
"Die erste persönliche Begegnung war in den Wendemonaten 1989/90, wo Manfred Stolpe auf mich schon bei der ersten Begegnung den Eindruck gemacht hatte, dass er das Gegenteil von all dem war, was da rings herum stattfand - so atemlos, manchmal auch ein bisschen ratlos. Und er – das war ein Zusammenspiel von in-sich-ruhen, dann die Stimmlage. Er hatte etwas ausgesprochen Einnehmendes, Beruhigendes und ein bisschen so was wie ein Fels. Alles zitterte - und er überhaupt nicht."
Alle Parteien umwerben damals den landesweit bekannten Krisenmanager, auch die CDU fragt an. Seine spätere Sozialministerin Regine Hildebrandt aber rät ihm, in die SPD einzutreten, um sozial etwas bewirken zu können. Ihr Appell trifft bei dem Kirchenjuristen auf offene Ohren:
"Ich habe Politik immer als eine Möglichkeit verstanden, Freiräume zu schaffen, Lebensbedingungen zu verbessern. Wir haben ja selbst in der DDR erfahren können, dass über die Jahre einiges leichter wurde, dass der Druck gemindert wurde."
1990 tritt Stolpe in die SPD ein, von 1991 bis 2002 war er auch Mitglied im Bundesvorstand der Partei. Kaum Sozialdemokrat geworden, findet Manfred Stolpe sich im ungewohnten Wahlkampf wieder: Als Spitzenkandidat für das Ministerpräsidentenamt im gerade neu geschaffenen Bundesland Brandenburg. Die SPD holt 38 Prozent, Stolpe gewinnt zu seiner eigenen Überraschung gegen den Kandidaten der CDU und wird der einzige sozialdemokratische Ministerpräsident im Osten. Weil er nach eigener Aussage die Gestalter des Umbruchs und den damit verbundenen frischen Wind mit dabei haben will, gründet er eine Ampelkoalition mit Bündnis 90/Den Grünen und der FDP.
"Für uns Sozialdemokraten ist wichtig, dass unsere Hauptprogrammpunkte umgesetzt werden, nämlich eine offensive Arbeitsmarktpolitik, eine Politik im Blick auf die Bauern, wobei sie frei entscheiden können, ob sie gemeinsam arbeiten wollen oder nicht, eine Politik, die dem Mittelstand gerecht wird, eine Politik, die an die Rentner denkt und die die Frauen nicht vergisst."
Die nächsten zwölf Jahre sollte Stolpe mit Geduld und Moderationsgeschick das aus den drei konkurrierenden DDR-Bezirken Cottbus, Frankfurt/Oder und Potsdam gebildete Land Brandenburg sehr prägen und ihm erst eine gemeinsame Identität verleihen.
"Brandenburg war ein totgeschwiegenes Land. Da stand im Hintergrund immer Preußen dabei, und das war von der Regierung der DDR nicht so sehr geschätzt. Das heißt, meine Sorge war, als wir wieder ein Land waren: Wird es gelingen, die Menschen aus diesen drei Bezirken zusammen zu führen und ihnen die Identität als Brandenburger zu vermitteln."
Grundstein für positive Zukunftsaussichten
"Diese Kabinettssitzungen der ersten Jahre gingen manchmal fünf, sechs, sieben, acht, neun Stunden. Er hat das so moderiert, dass am Ende gar keiner dachte, auch wenn er nicht gewonnen hat, dass jetzt Macht ausgeübt wurde, sondern irgendwie das Gefühl des Aufgehobenseins hatte, obwohl man mit seinen ursprünglichen Vorstellungen verloren hatte. Das ist schon eine ganz besondere Eigenschaft, die Manfred Stolpe immer ausgezeichnet hat."
Stolpe habe den Menschen in dem strukturschwachen Land Mut gemacht, ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen, und sie zusammen gehalten, lobt Matthias Platzeck.
"Und heute ist es ein Land, wo Institute wie Prognos sagen: Es hat im Osten mit die besten Zukunftsaussichten und Perspektiven, und dafür hat Manfred Stolpe das Fundament gelegt."
"Im Rückblick wird vieles verstellt durch die Auseinandersetzung darüber, ob er IM gewesen ist, was man in der politischen Auseinandersetzung nicht behaupten darf, nach einem Verfassungsgerichtsurteil, das er erwirkt hatte."
Axel Vogel, in Bochum geboren und Gründungsmitglied der Grünen, ist heute Umweltminister in Potsdam. Vogel kam 1991 auf Initiative des damaligen Umweltministers Matthias Platzeck nach Brandenburg, um die Ausweisung von Naturschutzflächen zu organisieren. Manfred Stolpe sei eine interessante und auch witzige Persönlichkeit gewesen, sagt Vogel.
"Er hat auch an vielen Ecken und Enden in seinem Leben Mut bewiesen. Mit Mut meine ich insbesondere, dass er es tatsächlich gewagt hat, 1990 nach der ersten Landtagswahl in Brandenburg nicht den einfachen Weg einer SPD-CDU-Regierung zu gehen, sondern sich in das Wagnis einer Ampelkoalition von SPD, FDP und Bündnis 90 zu stürzen. Es war wirklich eine Gründungsphase, wo sich Leute getroffen haben, die dieses Land gemeinsam nach vorne bringen wollten, und Stolpe stand an der Spitze. Das, muss ich sagen, ist wirklich ein historisches Verdienst von ihm."
Denn die "blühenden Landschaften" lassen auf sich warten. Stattdessen gehen Anfang der 90er-Jahre zehntausende Industrie-Arbeitsplätze verloren: in der Lausitzer Braunkohle, im Walzwerk in Brandenburg an der Havel, in der Öl- und Chemieindustrie in Schwedt. Als Ministerpräsident sucht Stolpe händeringend Partner, um zumindest in den industriellen Kernen zu retten, was möglich ist. Derweil organisiert seine Sozialministerin Regine Hildebrandt mit Feuereifer Umschulungs- und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen.
"Er und Regine Hildebrand - das war schon ein Dreamteam auch für die Brandenburger SPD."
Erinnert sich Brandenburgs heutiger Ministerpräsident und SPD-Landeschef Dietmar Woidke.
"Das hat wunderbar funktioniert, aber vor allen Dingen war es für die Menschen gerade Anfang der 90er-Jahre wichtig, wo viele nicht nur den Optimismus verloren hatten, sondern auch den Glauben daran verloren hatten, dass es besser werden kann, dass man dann gesagt hat: Wir haben Vertrauen zu ihm, er ist jemand, der dieses Vertrauen verdient. Und er hat dieses Vertrauen gerechtfertigt, indem er den Leuten Orientierung gegeben hat. Er hat ihnen Halt gegeben und hat ihnen auch das Gefühl gegeben, hier in diesem Land zu Hause zu sein."
Engagement gegen fremdenfeindliche Angriffe
Ein damals arg marodes Zuhause: Die Straßen voller Schlaglöcher, die Innenstädte grau und öd, in den unsanierten Plattenbauten viel Leerstand. Stolpe initiiert ein Stadtumbauprogramm: Schrumpfende Kommunen können ganze Areale abreißen, um der Slumbildung vorzubeugen. Ähnliches initiiert er zehn Jahre später als Bundesminister für Verkehr und Städtebau auch im Westen der Republik.
Als sich Ende der 90er-Jahre fremdenfeindliche Angriffe von Neonazis häufen, reagiert Brandenburg schneller als andere Landesregierungen im Osten: Auch auf Anregung des damaligen Ministerpräsidenten Stolpe entsteht "Tolerantes Brandenburg": ein Beratungsnetzwerk als Strategie gegen Rechtsextremismus.
"Da hat es Manfred Stolpe geschafft, die Zivilgesellschaft Brandenburgs zu einen und zu sagen: Wir stehen gemeinsam gegen Rechtsextremismus, gegen Ausländerfeindlichkeit und gegen Intoleranz. Davon profitieren wir heute noch in diesem Land. Für mich ist er nach wie vor ein riesengroßes Vorbild."
Doch die 90er-Jahre sind auch geprägt von massiven Auseinandersetzungen um die Person des Ministerpräsidenten: Im Februar 1992 nimmt ein Untersuchungsausschuss des Landtages Stolpes Beziehungen zum Ministerium für Staatsicherheit unter die Lupe. Es wird bekannt, dass die Stasi ihn als inoffizieller Mitarbeiter mit dem Decknamen "IM Sekretär" geführt hat. Stolpe sprach damals von einer "Hexenjagd" in den Medien.
"Es hat mich, ich sage mal so, die Dummheit und die Bosheit geärgert, in der das aufgegriffen wurde, auch aus politischem Interesse nun endlich den einzigen roten Ministerpräsidenten im Osten zu Fall zu bringen."
Untersuchungsausschuss untersuchte Treffen mit der Stasi
Gut zwei Jahre später kommt der Untersuchungsausschuss in seinem Abschlussbericht mehrheitlich zu dem Schluss, dass Stolpe bei seinen konspirativen Treffen mit der Staatssicherheit keine Schuld auf sich geladen habe. Stolpe sei kein Spitzel gewesen, er habe weder Menschen noch der Kirche geschadet. Bündnis 90 sieht dennoch das Vertrauen in den Regierungschef zerstört und lässt darum die Ampelkoalition mit SPD und FDP platzen - kurz vor der Wahl 1994.
Der ehemalige DDR-Bürgerrechtler und spätere Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung Günter Nooke ist damals Fraktionschef von Bündnis 90.
"Die Zusammenarbeit Manfred Stolpes mit dem Staatsicherheitsdienst war so eng, und das wurde gegen die Opposition in der DDR, gegen Regimegegner, gegen unliebsame Personen eingesetzt. Und insofern hat Manfred Stolpe - staatlichen Erwartungshaltungen oder auch seinen eigenen Überzeugungen entsprechend - mit diesem Dienst zusammen gearbeitet. Und als Oppositionelle in der DDR hätten wir gesagt, das war die klassische Spitzeltätigkeit."
Die heftige Debatte um seine Stasi-Kontakte minderte Stolpes Popularität als Landesvater damals nicht, im Gegenteil: Mit ihm als Spitzenkandidat erringt die SPD die absolute Mehrheit. Doch die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit kostet Zustimmung, bei der Wahl 1999 bleibt Stolpe zwar Ministerpräsident, muss aber eine Große Koalition mit der CDU unter Jörg Schönbohm eingehen.
Stolpe lässt entgegen Versprechungen für die Braunkohle Dörfer in der Lausitz abbaggern. Drei Großprojekte, die eigentlich Leuchttürme werden sollten, setzt die Landesregierung spektakulär in den märkischen Sand: Der Luftschiffbauer Cargolifter hebt nicht ab, die Autotest- und -rennstrecke Lausitzring meldet Insolvenz an, und auch die geplante Chipfabrik in Frankfurt/Oder scheitert. Insgesamt sind 240 Millionen Euro Steuergelder vernichtet. Dennoch kommt es für viele überraschend, als Manfred Stolpe im Sommer 2002 sein Amt als Ministerpräsident an seinen Nachfolger Matthias Platzeck abgibt.
"Ich hätte misstrauischer sein müssen, auch bei Gesprächen in DDR-Zeiten, auch bei Gesprächen mit Wirtschaftsvertretern nach 1990. Ich habe erst lernen müssen, dass man nicht jedes freundliche Lächeln und jedes Versprechen glauben muss. Also es tut mir leid, aber ich hätte wirklich misstrauischer, man kann auch sagen sorgfältiger sein müssen."
Stolpe bleibt nicht lange ohne Amt: Nach der Bundestagswahl 2002 wurde er, damals 66 Jahre alt, Minister im Kabinett des SPD-Bundeskanzlers Gerhard Schröder.
"Da wurde um sechs Uhr morgens schon berichtet, dass die neue Regierung vorgestellt wird und Stolpe da das Ministerium Bauen, Wohnen, Verkehr übernimmt. Meine Frau sagt dann: Unverbesserlich".
Die letzten Jahre widmete sich Stolpe der Familie
Nach der Bundestagswahl 2005 und dem anschließenden Regierungswechsel zu einer Großen Koalition schied Stolpe auch aus seinem letzten politischen Amt aus. Er war danach noch im Deutsch-Russischen Forum aktiv und in einer Stiftung gegen Rassismus. Außerdem amtierte er als Vorsitzender des Landesdenkmalbeirates und engagierte sich für den umstrittenen Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche. Kurz vor seinem 80. Geburtstag im Mai 2016 wirkte Manfred Stolpe mit sich im Reinen.
"Ich habe auch, glaube ich, keinen reingelegt. Keiner könnte sich beklagen, dass er da irgendwie von mir gelinkt worden wäre."
In den letzten Jahren widmete Manfred Stolpe sich mehr der Familie, die er Jahrzehnte lang vernachlässigt hatte, wie er selber sagte. Nun war Zeit für die Enkelkinder. Seinen politischen Einfluss in der Brandenburger SPD machte er zuletzt 2018 geltend: Als es dem SPD-Ministerpräsidenten Dietmar Woidke nicht gelang, sein wichtigstes Reformprojekt, eine Kreisgebietsreform, den Kommunalpolitkern und Bürgern zu erklären und der Streit darüber das Land zu spalten drohte, da zog Woidke auch auf den Rat des Gründungsvaters hin die Notbremse. Die Kreisgebietsreform wurde abgesagt.
Manfred Stolpe schrieb zusammen mit seiner Frau Ingrid, mit der er seit 1961 verheiratet war, ein Buch über beider schwere Krebserkrankungen. Ingrid Stolpe hat Brustkrebs überlebt. Bei ihm entdeckten die Mediziner 2004 Darmkrebs. Die Ärzte gaben Manfred Stolpe 2004 noch drei Jahre Lebenszeit, doch er hat gekämpft und sehr viel länger durchgehalten.