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Zum Tod von Wolf-Dieter Dubes
"Sein Masterplan Museumsinsel ist bis heute prägend"

Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, würdigt im Deutschlandfunk seinen verstorbenen Vorgänger: Wolf-Dieter Dube habe mit seiner Entscheidung für die Gemäldegalerie ein Ausrufezeichen gesetzt. Unter seiner Leitung entstandene Pläne prägten die Museumsinsel bis heute.

Michael Eissenhauer im Gespräch mit Beatrix Novy |
    Das Bodemuseum in Berlin. Es gehört um Ensemble der Museumsinsel und damit zum Weltkulturerbe der UNESCO.
    Das Bodemuseum in Berlin. Es gehört zum Ensemble der Museumsinsel und damit zum Weltkulturerbe der UNESCO. (picture alliance / dpa / Paul Zinken)
    Beatrix Novy: Heute Abend zeigt das ZDF einen Film, in dem ehemalige DDR-Grenzsoldaten zu Wort kommen und der Freund des von ihnen erschossenen 15-Jährigen, mit dem er über die Grenze wollte. Das war 1979. Besonders jungen Zuschauern wird der Film ans Herz gelegt, die schon ganz ohne das Bewusstsein von der Existenz eines Todesstreifens aufgewachsen sind. Das gab es mal.
    Die Erinnerung an dieses ganz andere Deutschland, das von vor 1989, wird auch wach bei einer traurigen Nachricht vom heutigen Tag, nämlich vom Tod des früheren Generaldirektors der Staatlichen Museen, Wolf-Dieter Dube. Im Alter von 81 Jahren ist er gestern verstorben. Er war 1983 nach Westberlin gekommen und da konnten Kulturtouristen noch lange nicht locker von der Museumsinsel in Berlin-Ost zum Kulturforum (Berlin-West) pendeln, so wie heute, und den ganzen eindrucksvollen Verbund der Berliner Museen besuchen, wie wir sie heute kennen, und da gibt es ja noch viel mehr.
    Der jetzige Generaldirektor dieses Verbundes so vieler traditionsreicher Einrichtungen ist Michael Eissenhauer. Ihn habe ich gefragt: Was verband Sie mit Wolf-Dieter Dube und wer war er, als er 1983 nach Berlin kam?
    Michael Eissenhauer: Na ja, zunächst einmal ist der Verlust von Wolf-Dieter Dube als mein Vor-Vorgänger im Amt ein großer Verlust, denn er war bis zuletzt auch immer ein guter Ratgeber und jemand, den man einfach gerne gefragt hat. Wer war er 1983? Er kam als großer Kenner des deutschen Expressionismus aus Berlin. Er hat in München die damalige Staatsgalerie für moderne Kunst geleitet und war dort in der Verantwortung gestanden. Er hat Bauverantwortung gehabt, große Bauerfahrung in München gesammelt, und vor dem Hintergrund ist er nach Berlin gekommen.
    Novy: Er hat sich dann sehr schnell für die Erweiterung des Kulturforums eingesetzt, damals wahrscheinlich schon eine Tat, sich da einen Neubau vorzustellen und die Gemäldegalerie voranzutreiben.
    Eissenhauer: Das war eine bewusste Entscheidung für das Tiergarten-Viertel, diese durch die desaströse Zerstörung des Zweiten Weltkrieges völlig, fast ortslos und geschichtslos gewordene Gegend, in der es eine lange Tradition Berliner Bürgertums und Berliner Kulturlebens gab, hier sich bewusst mit den traditionsreichen Sammlungen anzusiedeln, und das war absichtsvoll und das war gut gelungen und das war richtig.
    Novy: Aber das konnte man ja nicht ahnen, dass in die Planungszeit für die Gemäldegalerie die Wiedervereinigung platzen würde - einerseits ein Grund zur Freude, aber doch auch konfliktträchtig.
    Eissenhauer: Wolf-Dieter Dube hat immer gesagt, die Entscheidung für die Gemäldegalerie war nicht eine Entscheidung entweder Kulturforum oder Museumsinsel, sondern er hat immer betont, die Entscheidung war aus den historischen Gegebenheiten entweder die Gemäldegalerie kommt ans Kulturforum oder sie kommt nicht. Und ich glaube, wenn man die Entscheidung so zugespitzt empfindet und sieht aus der Perspektive '89, '90, '91, dann war es richtig, hier ein Ausrufezeichen zu setzen. Dass wir heute aus der Nachgeborenen-Perspektive sagen, heute würden wir die Entscheidung definitiv anders treffen, kann nichts daran verändern, dass es damals ein enormer Gewinn war und ein Durchbruch, dass man mit dieser wunderbaren Gemäldesammlung aus Dahlem in die Mitte Berlins zurückgegangen ist.
    Novy: Was die Sanierung der Museumsinsel anbetrifft, hat er wohl selbst gesagt, dass all das anders ausgesehen hätte, wenn er sich mit seiner Meinung durchgesetzt hätte. Ist das so?
    Eissenhauer: Er war verantwortlich im Amt, als die Expertenkommission 1999 den Masterplan Museumsinsel entwickelt hat, und dieser Masterplan Museumsinsel ist bis heute prägend für alles, was wir auf der Museumsinsel als Aufbauprojekte entwickeln, was unsere strategische Zukunftsentwicklung auf der Museumsinsel ist und woran wir uns gebunden fühlen. Ich sage das Stichwort die archäologische Promenade, die Verbindung aller Gebäude auf der Museumsinsel untereinander. Es war auch damals im Masterplan vorgezeichnet, dass es ein zentrales Eingangsgebäude geben soll. Es waren seine Ideen, die Architekten in dieser Findungskommission, in dieser Expertenkommission zusammenzuführen. Und was Sie speziell ansprechen, das sind, glaube ich, Schlachten, die in der Vergangenheit geschlagen wurden, die aber in der Prägung die Meinungsbildung, auch von Wolf-Dieter Dube, für uns alle den richtigen Weg weisenden Gesamtplan des Masterplans Museumsinsel geführt hat.
    Novy: Es gibt noch andere Highlights, die in seine Amtszeit fallen. Das ist einmal die Sammlung Berggruen, das ist der Hamburger Bahnhof. Alles seine individuellen Leistungen?
    Eissenhauer: Absolut! Es war sein Weg, den Hamburger Bahnhof als Ort der Gegenwartskunst, der zeitgenössischen Kunst im Kosmos der staatlichen Museen zu Berlin zu entwickeln, und es war auch seine Grundsatzrichtung, überhaupt zeitgenössische Kunst sehr viel stärker in die staatlichen Museen hineinzuführen. Er hat großartige Ankäufe für die Nationalgalerie vorangebracht wie Ernst-Ludwig Kirchners "Potsdamer Platz", eine Inkunabel für uns heute, oder auch Emil Noldes "Christus und die Sünderin". Ich glaube, ohne das Engagement Wolf-Dieter Dubes, der sich genau mit dieser Phase deutscher Kunst auch besonders gut auskannte, wären diese Werke nicht in unsere Sammlungen gekommen.
    Novy: Der Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, Michael Eissenhauer, zum Tod seines Vor-Vorgängers Wolf-Dieter Dube.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.