"So gibt's viel gute Menschen, aber grundschlechte Leut, so gibt's viel gute Menschen, aber grundschlechte Leut..."
Ob er Nestroy spielte oder Horvath, Schnitzler, Hofmannsthal oder den Frosch in der "Fledermaus": Helmuth Lohner war die Inkarnation des Wienerischen Schauspielers - ein grüblerischer Melancholiker, der auch der klamaukigsten Boulevardrolle noch so etwas wie abgründige Tiefe abgewinnen konnte.
"Ein Boulevardstück muss so ernsthaft gespielt werden wie Tschechow. Nur dann wird es glaubhaft. Man darf die Leute auch im Boulevard nicht für dumm verkaufen."
Lohner: "Gestern habe ich meine letzte Habe verkauft. Meinen Papagei. Drei Schilling hab ich dafür bekommen."
Otto Schenk: "Das ist nicht viel. Konnte er nicht sprechen?"
Lohner: "Doch, doch."
Otto Schenk: "Und da haben Sie nur drei Schilling dafür bekommen?"
Lohner: "Er hat gelispelt."
Otto Schenk: "Das ist nicht viel. Konnte er nicht sprechen?"
Lohner: "Doch, doch."
Otto Schenk: "Und da haben Sie nur drei Schilling dafür bekommen?"
Lohner: "Er hat gelispelt."
War's Komödie, war's Tragödie: Helmuth Lohner brillierte in allen Gattungen und Genres, vom boulevardhaften Sketch bis zum shakespearschen Königsdrama. Der Schlossersohn aus dem Wiener Arbeiterbezirk Ottakring vermochte Hofmannsthals Aristokraten ebenso vielschichtig und facettenreich auf die Bühne zu bringen, wie viele große Rollen der Weltliteratur - von Richard III. über den Faust bis hin zum Hamlet. Dabei hat sich Lohner auf der Bühne stets ein Quäntchen Distanz zu sich bewahrt - eine Doppelbödigkeit, die seinen Figuren eine faszinierende Gebrochenheit verlieh.
Helmuth Lohners Wandlungsfähigkeit und die unerhörte Intensität seines Spiels verzauberten nicht nur das Publikum des Burgtheaters und seiner Lebensbühne, des "Theaters in der Josefstadt", sondern auch Theaterfans in München, Hamburg, Zürich und Berlin, wo Lohner in jüngeren Jahren unter Vertrag stand. Zwischen 1990 und 1994 begeisterte der Schauspieler auch als "Jedermann" in Salzburg:
"Gott straft schrecklich. Schlug den Pharao, schlug Sodom und Gomorrha. Schlug, schlug, schlug."
Frau: "Nein, gab hin den eigenen Sohn!"
"Ich habe so viel gespielt in meinem Leben. Es fehlt eigentlich nichts"
Helmut Lohner, privat ein nachdenklicher, leiser, zurückhaltender Mensch, war auch ein gefragter Film- und Fernsehschauspieler. Eine seiner Glanzrollen in den Sechzigern: der Leutnant von Trotta in Michael Kehlmanns TV-Verfilmung von Joseph Roths "Radetzkymarsch":
"Mein Großvater hat dem Kaiser das Leben gerettet. Ich bin sein Enkel, und ich werde nicht zulassen, dass das Haus unseres allerhöchsten Kriegsherren beschimpft wird. Diese Herren betragen sich skandalös."
Neun Jahre lang, zwischen 1997 und 2006, amtierte Helmuth Lohner als Direktor des "Theaters in der Josefstadt", sicher die anstrengendsten und aufreibendsten Jahre seines Lebens. Die ständigen Finanznöte seines Hauses glich der Direktor durch eine aufopferungsvolle Besetzungspolitik aus: Um sparsam zu wirtschaften, stand er selbst praktisch en suite auf der Bühne.
"Ich habe so viel gespielt in meinem Leben. Es fehlt eigentlich nichts. Es ist keine Saison vergangen, ohne dass ich 150, 160 Vorstellungen gespielt habe."
In der Wiener Gesellschaft war Helmuth Lohner, der Vielbeschäftigte, wohlgelitten. Seit 2011 war er in vierter Ehe mit der Inhaberin des Hotels Sacher, Elisabeth Gürtler, verheiratet.
Das offizielle Österreich reagiert auf den Tod des Schauspielers mit Bestürzung. Bundespräsident Heinz Fischer würdigt Lohner als "hinreißenden Künstler und liebenswürdigen Menschen", Otto Schenk, ein enger Freund des Verstorbenen, rühmt Lohners schauspielerisches "Genie und Urtalent". Keine Frage: Helmuth Lohner hat als Schauspieler und Regisseur alles erreicht, was man in der Welt des Theaters erreichen kann:
"Sich so zu verstellen, ja, da g'hört was dazu, sich so zu verstellen, ja, da g'hört was dazu!"