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Zum Tode von Kardinal Joachim Meisner
Bedingungsloser Hüter der reinen katholischen Lehre

Kardinal Joachim Meisner bezeichnete sich selbst einst als "Widerstandskämpfer Gottes" und als "Wachhund der Kirche". Seinen streng konservativen Positionen blieb er bis zum Schluss treu. Damit eckte er immer wieder an.

Von Birgit Becker |
    Der emeritierte Erzbischof von Köln und Kardinal Joachim Meisner in einem Studio des Deutschlandfunks
    Der emeritierte Erzbischof von Köln und Kardinal Joachim Meisner 2015 in einem Studio des Deutschlandfunks (Deutschlandradio/Chaled Nahar)
    Kardinal Joachim Meisner hat sich Zeit seines Lebens als bedingungsloser Hüter der reinen katholischen Lehre verstanden. Er hat streng konservative Positionen vertreten, die er auch als Erzbischof im Ruhestand weiter verteidigt hat.
    Im Frühjahr 1989 hat Kardinal Joachim Meisner als Erzbischof in Köln sein letztes KirchenAmt angetreten. Vorangegangen war ein monatelanger Machtkampf zwischen dem Kölner Domkapitel und Papst Johannes Paul II. Das Kölner Domkapitel wollte Meisner nicht als Erzbischof haben. Nach monatelangem Tauziehen sprach der Papst schließlich ein Machtwort und setzte seinen Kandidaten durch. Zum Amtsantritt räumte Kardinal Meisner ein, nicht ganz freiwillig in eine der größten und reichsten Diözesen der katholischen Kirche gekommen zu sein.
    "Ich habe mich um dieses Hirtenamt wahrlich nicht beworben. Ich komme mir so heute ein wenig vor wie ein Bräutigam, der seine Braut heiratet in Ferntrauung. Sie haben als Domkapitular mich nicht haben wollen und ich habe Köln nicht haben wollen. Wir haben also beide eine gemeinsame Basis und ich verspreche Ihnen heute, ich will alles tun, dass aus dieser Mussehe eine Liebesehe wird."
    Später sagte Meisner, er habe sich in Köln schnell eingelebt. Preußisch geprägt aber blieb er, auch in der Stadt, in der es so wichtig ist, nah am kölschen Lebensgefühl zu sein. Bis zu seinem Lebensende blieb er wenig erfolgreich beim Versuch, Kölsch zu sprechen. Bemüht hat er sich aber: Zum 750. Geburtstag des Kölner Doms hat er den Text eines kölschen Karnevalsliedes zitiert:
    "Wenn ich so an ming Heimat denk, un sinn der Dom so vor mir ston (Gelächter) möchte ich direkt op Heimat schwenke, ich muss zu foß nach Kölle jonn."
    Hartnäckig kirchliche Positionen gegenüber der DDR-Regierung vertreten
    Meisner kam am 25. Dezember 1933 in der Nähe von Breslau zur Welt. Sein Vater fiel im Krieg, die Mutter zog mit ihren vier Söhnen nach Thüringen. Dort machte Joachim Meisner eine Ausbildung zum Bankkaufmann und trat als 18-Jähriger in ein Spätberufenen-Seminar ein, holte das Abitur nach und studierte katholische Theologie in Erfurt. 1975 wurde Meisner Weihbischof in Erfurt und begegnete zum ersten Mal dem damaligen Krakauer Kardinal Karol Wojtyla, dem späteren Papst Johannes Paul dem II. Der war beeindruckt von Meisners Predigten - und blieb fortan sein Mentor. Als Papst berief er Meisner erst auf den Berliner Bischofsstuhl und machte ihn dort Anfang der Achtzigerjahre zum Kardinal im damals wohl schwierigsten Bistum der katholischen Weltkirche, das geografisch größtenteils auf dem Gebiet der damaligen DDR lag, aber auch West-Berlin umfasste.
    "Ich bin unter der Nazi-Diktatur aufgewachsen und habe einen großen Teil meines Lebens unter kommunistischer Diktatur leben müssen. Die erste kostete mich den Vater, die zweite kostete mich die Freiheit uns versuchte mich mit allen Mitteln von meiner Grundüberzeugung abzubringen."
    An der Nahstelle des Kalten Krieges musste sich Meisner als Bischof bewähren. Er vertrat hartnäckig kirchliche Positionen gegenüber der DDR-Regierung und weigerte sich, den DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker zu treffen.
    Auch später, als Erzbischof von Köln, wich Meisner keinem Streit aus:
    Er bezeichnete sich selbst als "Widerstandskämpfer Gottes" und als "Wachhund der Kirche". Er wetterte gegen Sex vor der Ehe oder gegen Verhütung und sorgte für Schlagzeilen, als er eine Abtreibungspille als Tötungsinstrument bezeichnete. Er fühlte sich missverstanden und stellte klar:
    "In einer demagogischen Weise ist mir unterstellt worden, ich würde eine abtreibende Frau vergleichen mit einem Nazischergen. Als Kirche und gerade als katholische Kirche engagieren wir uns gerade, Frauen in Notsituationen zu helfen und nicht nur vor einer Abtreibung, auch wenn es leider geschehen ist auch danach, aber wir müssen uns verweigern, zu einer Abtreibung zu verhelfen."
    Umstrittene Äußerungen
    Immer wieder eckte Meisner mit Äußerungen an. So soll er gesagt haben, das Richter-Fenster im Kölner Dom mit kleinen bunten Glasquadraten, entworfen vom weltberühmten Maler Gerhard Richter, passe besser in eine Moschee.
    Für empörte Reaktionen sorgte auch dieser Ausspruch:
    "Eine Familie von Euch ersetzt mir drei muslimische Familien."
    Meisner sagte später, seine Wortwahl sei in diesem Fall vielleicht unglücklich gewesen.
    Zu seinem 75. Geburtstag bot er Papst Benedikt XVI. seinen Rücktritt an - Benedikt lehnte das ab.
    "Ich habe den Eindruck, der Papst gibt mir eine Retourkutsche. Der ist immerhin, als er Papst wurde, drei Jahre älter gewesen als ich und jetzt gibt er mir den Rat zurück: mach noch ein bisschen weiter."
    Meisner und der emeritierte Papst Benedikt XVI. blieben zeitlebens eng verbunden.
    Im Frühjahr 2014 entließ Papst Franziskus den 80-jährigen Meisner nach 25 Jahren als Kölner Erzbischof in den Ruhestand.
    Seinen streng konservativen Überzeugungen blieb Meisner treu: Auch als er längst Erzbischof im Ruhestand war, beteiligte er sich an einem Aufstand gegen Papst Franziskus. Der hatte katholischen Geistlichen mehr seelsorgerische Freiheit im Umgang mit geschiedenen wiederverheirateten Gläubigen eingeräumt, die etwa zur Kommunion gehen wollen.
    Kardinal Meisner blieb nach seinem Abschied als Kölner Erzbischof ganz in der Nähe seiner letzte Wirkungsstätte: Er zog in eine Wohnung mit Dom-Blick.
    "Ich bleibe hier bis zum letzten Atemzug. Ich hoffe, dass ich dann noch ein paar Jährchen hab, wo ich herumgehen kann, spazierengehen kann et cetera, et cetera."
    Dieser Wunsch wurde ihm erfüllt: noch bis ins hohe Alter spazierte der Kölner Erzbischof im Ruhestand täglich mit Walkingstöcken durch den Garten des bischöflichen Palais.